Pulverholz und Futterquelle
Serie (34) Der Faulbaum fristet heutzutage ein wenig beachtetes Dasein. Früher wurde aus seinem Holz Schießpulver gemacht. Und die Raupen des Zitronenfalters lieben ihn
Über 1000 botanische Arten gibt es in Landsberg und Umgebung. Seltene, aber auch solche, die nur hier vorkommen. Der Landsberger Botaniker Dr. Andreas Fleischmann kennt sie alle. In einer Serie in unserer Zeitung stellt er einige in loser Reihenfolge vor. Heute geht es um den Faulbaum.
Landkreis Der Faulbaum (Frangula alnus, Familie Kreuzdorngewächse) heißt nicht etwa so, weil er vielleicht besonders faul in der Landschaft herumstehen würde. Im Gegenteil: Dieser oft kaum bekannte und beachtete Strauch ist eine sehr interessante Pflanze, auf der es von verschiedensten Tieren nur so wimmelt. Der Name Faulbaum stammt vom sehr weichen, brüchigen Holz der Zweige, die Rinde riecht zudem etwas faulig: Das Holz wirkt daher als wäre es verfault. Der Faulbaum ist leicht an seinen rundlichen, dunkelgrünen, stark glänzenden Blättern zu erkennen sowie an den roten und schwarzen kugeligen Früchten an den Zweigen.
Die kleinen grünlich-weißen Blüten des Faulbaumes sind dagegen nicht sehr auffällig und eher unspektakulär. Sie produzieren aber eine große Menge an süßem Nektar und werden daher gerne von vielen Insekten besucht. Allen voran Wespen, und zwar die verschiedensten
Der süße Nektar lockt Insekten an
Arten in großer Zahl, von der Gemeinen Wespe („Zwetschgendatschi-Wespe“) bis hin zu seltenen Grab- und Einsiedlerwespen. Der Faulbaum gehört zu den wenigen Pflanzen bei uns, die hauptsächlich von Wespen bestäubt werden (Braunwurz und Sommerwurz sind auch solche wespenbestäubte Pflanzen). Aber auch Bienen, Schmetterlinge und Schwebfliegen finden sich an den kleinen Blüten ein.
Im Gegensatz zu allen anderen heimischen Bäumen und Sträuchern hat der Faulbaum keine festgelegte Blüte- und Fruchtzeit. Während bei Äpfeln, Kirschen, Zwetschgen, etc. die Blüten im Frühjahr erscheinen, und die Früchte dann im Sommer oder Herbst reif werden, blüht und fruchtet der Faulbaum durchgehend etwa von Mai bis Anfang Oktober. Dabei finden sich an ein- und denselben Zweigen oft gleichzeitig frische Blüten, unreife rote Früchte und die reifen, tiefschwarzen Steinfrüchte.
Die glänzend schwarzen Früchte sind allerdings für den Menschen nicht essbar, sie rufen starkes Erbrechen und Durchfall hervor und wurden daher früher, wie vor allem auch die Rinde des Faulbaums, als starkes und zuverlässiges Abführmittel genutzt. Für Vögel sind die Früchte allerdings ein Leckerbissen. Und noch für ein anderes Tier ist der Faulbaum überlebenswichtig: für den Zitronenfalter. Dieser hübsche Schmetterling legt im Frühjahr seine Eier an Faulbaum-Sträucher, denn die Raupe ernährt sich ausschließlich von den Blättern dieser Pflanze (selten frisst sie auch am nahe verwandten Kreuzdorn). Die Zitronenfalter, die im zeitigen Frühling durch unsere Gärten fliegen, sind dort nur auf der Durchreise.
Sie stammen aus den Lechauen und Mooren im Landkreis, wo der Faulbaum wächst. Denn dieser Strauch bevorzugt nasse Böden, die möglichst wenig Kalk enthalten sollten. Deswegen ist er im südlichen Landkreis auch viel häufiger als auf den Kalkschotter-Böden im Norden. Auf nährstoffarmen, feuchten Böden ist dieser Strauch sehr wüchsig, und daher manchmal auf Naturschutzflächen, zum Beispiel in renaturierten Mooren, etwas lästig und muss regelmäßig zurückgeschnitten werden.
Früher war der Faulbaum für die Menschen sehr wichtig – nicht nur als Heilpflanze bei Vergiftungen oder Darmproblemen. Denn das weiche Holz wurde zur Herstellung von Holzkohlepuder für Schwarzpulver verwendet. Es glimmt viel besser als das Holz anderer Bäume und Sträucher. Daher hat dieser Strauch auch den alten Namen „Pulverholz“.