FCA empfängt Hannover
Interview Vor der Partie in Augsburg spricht Hannovers Manager Horst Heldt über den Gegner, seine Ex-Vereine, den Videobeweis und was man unbedingt daran ändern sollte
Der FC Augsburg hält sich im oberen Drittel. Mit einem Sieg gegen Hannover könnte er den erfolgreichen Saisonstart veredeln.
In Fußball-Deutschland wird derzeit fast Woche für Woche über den Videobeweis diskutiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Heldt: Zunächst einmal bin ich absolut ein Befürworter. Ich bin überzeugt, dass er den Fußball ein Stück weit gerechter macht. Allerdings wird er nicht komplett gerecht werden.
Warum?
Heldt: Da gibt es noch größere Schwächen und vieles ist etwas schwammig. Mir ist schon klar, warum sich Jörg Schmadtke, der Manager des 1. FC Köln, zuletzt nach der Partie in Stuttgart lautstark aufgeregt hat. Uns wurde allen bei der letzten Managertagung gesagt, dass der Videobeweis nur bei krassen Fehlentscheidungen zum Einsatz kommt. Aber das war leider nicht der Fall. Die Regelung ist nicht klar und deutlich. Wir haben in dieser Saison auch schon zweimal mit dem Videobeweis leben müssen. Einmal haben wir davon profitiert und einmal nicht.
Was kann man machen?
Heldt: Die Verantwortung an die Vereine abgeben. Eine ähnliche Regelung gibt es schließlich auch beim American Football. Da kann der Verein bei strittigen Entscheidungen während des Spiels sein Veto einlegen. Dadurch wäre der Schiedsrichter aus der Schusslinie und es gäbe für niemanden mehr etwas zu meckern. Hannover 96 belegt als Aufsteiger den neunten Platz. Da kann man doch zufrieden sein?
Heldt: Um Zufriedenheit geht es aber nicht. Die Liga ist eng, verrückt und nicht berechenbar. Wichtig ist, dass wir am Ende auf der sicheren Seite sind.
Nach einem starken Saisonstart hat Ihre Mannschaft zuletzt zweimal hintereinander verloren ...
Heldt: Saisonübergreifend haben wir 16 Spiele lang kein Spiel verloren. Uns war klar, dass diese Serie irgendwann einmal reißt. Wir können das schon richtig einordnen. Unsere Ziele haben sich deshalb nicht verändert. Für uns zählt der Klassenerhalt. Wir müssen uns in jedem Spiel neu beweisen. Wir haben bei der Niederlage in Gladbach Pech gehabt und zuletzt berechtigt gegen Frankfurt verloren. Wir können nur mithalten, wenn wir an unsere Leistungsgrenze gehen.
Dann haben Sie noch das Problem, dass die Anhänger von Hannover zwar im Stadion sind, aber die Unterstützung verweigern. (Der Präsident von Hannover 96, Martin Kind, strebt die Übernahme des Klubs an, deshalb protestieren die Fans, Anm. d. Red). Heldt: Das ist schade. Wir würden dringend Unterstützung brauchen. Man hat das ja in der vergangenen Saison beim Aufstieg gesehen, wie wichtig das ist, vor allem bei engen Spielen. Aber Teile der organisierten Fanszene haben sich zu diesem Schritt entschieden. Das ist für uns bedauerlich, aber wir müssen das akzeptieren.
Was überrascht sie bisher am meisten in dieser Saison?
Heldt: Ein bisschen, dass der 1. FC Köln so tief unten steht ...
Einer Ihrer Ex-Vereine ...
Heldt: Ja, das ist mein Heimatverein und deshalb etwas Besonderes für mich. Wahrscheinlich merkt man da vielleicht doch die Mehrbelastung durch die Europa League. Das tut mir schon leid, andererseits müssen wir auf unsere Interessen schauen und Köln ist jetzt für uns ein Konkurrent um den Klassenerhalt.
Vor Hannover waren Sie über fünf Jahre beim FC Schalke tätig. Wo ist der Unterschied?
Heldt: Ich bin eigentlich kein Freund davon, Vereine zu vergleichen. Hier ist es natürlich ruhiger. In Hannover haben wir andere Strukturen. Schalke stand überregional mehr im Blickpunkt und hat eine andere Aufmerksamkeit. Aber am Ende der Kette kommt es immer auf das Gleiche raus: Es dreht sich um Fußball.
Sie haben in Hannover André Breitenreiter geholt, mit ihm haben Sie schon auf Schalke zusammengearbeitet ... Heldt: Ich wusste ja, dass er ein guter Trainer ist und schon aus der Zeit beim FC Schalke haben wir ein vertrautes und freundschaftliches Verhältnis. Vor der Saison zählte bei den Experten wie immer der FC Augsburg zu den Abstiegskandidaten ...
Heldt: Die meisten der Experten haben uns aber die rote Laterne in die Hand gedrückt. Mich überrascht der FC Augsburg nicht. Augsburg schaffte es immer wieder, das Maximale herauszuholen. Der Verein hat sich längst etabliert. Die machen dort, angefangen vom Präsidenten, einen guten Job.
Gegen Stefan Reuter haben Sie sicherlich früher öfter gespielt?
Heldt: Natürlich. Ich habe einen ganz guten Kontakt zu ihm und wir sehen uns auch unregelmäßig. Ich werde ihm vor dem Spiel schon noch einmal sagen (lacht), dass er sich bei unserem Spiel in Augsburg an der Seitenlinie etwas zurückhalten soll.
Interview Wolfgang Langner
● Horst Heldt, 47, hat als Profi un ter anderem für den 1. FC Köln, 1860 München, Eintracht Frankfurt und den VfB Stuttgart gespielt. Nach dem Ende seiner Spielerkarriere wurde er in Stuttgart Manager. Heldt entließ 2006 Trainer Giovanni Trapattoni und engagierte den Augsburger Armin Veh, mit dem der VfB 2007 Meister wurde. 2010 wechselte der zweimalige National spieler in den Vorstand des FC Schalke. 2016 verließ er die Schal ker. Seit März 2017 ist er Manager von Hannover 96.
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