Noch ein Rechtsruck
Tschechien Warum der Wahlsieg von Andrej Babis der Kanzlerin wenig Freude machen dürfte
Prag Der umstrittene Milliardär Andrej Babis hat die Parlamentswahl in Tschechien mit massivem Vorsprung gewonnen. Der Populist kam mit seiner Protestbewegung ANO („Ja“) auf fast 30 Prozent der Stimmen, ein Zuwachs von knapp elf Prozentpunkten gegenüber 2013. Der Ex-Finanzminister will „den Staat wie eine Firma lenken“und wird deshalb auch der „tschechische Donald Trump“genannt. Analysten sprachen von einem „politischen Erdbeben“und einem „Hurrikan“. Die Sozialdemokraten, die bisher den Regierungschef gestellt hatten, erlebten ein Debakel. Sie stürzten trotz einer boomenden Wirtschaft ab.
Babis kündigte eine schnelle Regierungsbildung an. Aufgrund der Sitzverteilung braucht er mindestens zwei kleinere Partner zum Regieren. Im Wahlkampf hatte sich der gebürtige Slowake als Euroskeptiker, scharfer Kritiker der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gegner einer tieferen EU-Integration profiliert. Seinen Gegnern und den Medien warf der zweitreichste Tscheche am Wahlabend eine „Desinformationskampagne“vor. „Wir sind keine Gefahr für die Demokratie“, betonte er. Erstmals in der Geschichte der noch jungen Demokratie in Tschechien ermittelt die Polizei gegen einen Wahlsieger. Babis wird des EU-Subventionsbetrugs in Millionenhöhe verdächtigt. Viele Parteien lehnen daher eine Zusammenarbeit mit ihm ab. Populisten hatten zuletzt auch in anderen europäischen Ländern Zulauf bekommen. Die FPÖ holte in Österreich fast 26 Prozent. Die AfD schaffte erstmals den Einzug in den Bundestag. Bei der Präsidentenwahl in Frankreich kam Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National bis in die Stichwahl.