Zwei Bayern in Berlin
Politik Michael Kießling (CSU) und Martin Hebner (AfD) waren bei der ersten Sitzung des neuen Bundestags dabei. Was die beiden Abgeordneten aus dem Landkreis Landsberg erlebt haben
Michael Kießling (CSU) und Martin Hebner (AfD) waren bei der ersten Sitzung des neuen Bundestags dabei. Was die beiden Abgeordneten erlebt haben.
Landsberg Die Bilder gingen um die Welt. Der neue Deutsche Bundestag hatte diese Woche seine erste Sitzung. Und mittendrin statt nur dabei waren auch zwei Abgeordnete aus dem Landkreis Landsberg: Michael Kießling (CSU) und Martin Hebner (AfD). Während Kießling den Sprung nach Berlin per Direktmandat im Wahlkreis StarnbergLandsberg geschafft hatte, zog Hebner auf Platz eins der AfD-Landesliste ins Parlament ein.
Nach dem rund sechsstündigen Sitzungsmarathon am Dienstag begegneten sich Michael Kießling und Martin Hebner im Reichstagsgebäude und plauderten kurz. In der konstituierenden Sitzung wählte das mittlerweile auf 709 Abgeordnete angewachsene Parlament – das größte in der deutschen Geschichte – den Bundestagspräsidenten und die Stellvertreter. „Die erste Sitzung war beeindruckend – der volle Plenarsaal und viele Leute, die man bislang nur aus den Medien kannte“, sagt Michael Kießling. Nach einem ökumenischen Gottesdienst ging es in die erste Sitzung. Wolfgang Schäuble (CDU) wurde zum neuen Bundestagspräsidenten gewählt. Bis die Stellvertreterposten vergeben waren, verging einige Zeit. „Die Zählpausen waren recht lang. Die überbrückt man dann mit vielen Gesprächen“, so Kießling. Zwar steht jeder Partei im Bundestag ein Stellvertreterposten zu, doch der umstrittene Kandidat der AfD, Albrecht Glaser, fiel mehrfach durch.
Trotzdem spricht Martin Hebner von einer entspannten Atmosphäre. „Die erste Sitzung war relativ ruhig und nicht unbedingt so, wie von den Medien dargestellt. Der Gottesdienst davor war sehr familiär und ohne Probleme“, sagt der AfD-Abgeordnete, der in Dießen lebt. Feindseligkeiten von Abgeordneten anderer Parteien habe er nicht feststellen können. „Ich habe bislang nur freundliche Worte gehört – auch von Herrn Schäuble, dem ich beim Empfang des Bundestagspräsidenten zur Wahl gratuliert habe“, berichtet Hebner.
Die AfD ist neu im Bundestag und hatte in den vergangenen Wochen einiges zu organisieren, wie Martin Hebner berichtet. „Die neue Fraktion muss sich finden. Es wurden einige Zuständigkeiten geregelt.“Für den 57-jährigen DiplomInformatiker sprang dabei gleich ein Posten heraus. Nachdem er bereits Spitzenkandidat der Landesliste war, wurde er auch zum Chef der Landesgruppe im Bundestag gewählt. 14 Abgeordnete aus Bayern sitzen für die AfD im Bundestag – die zweitgrößte Gruppe hinter Nordrhein-Westfalen.
Während die AfD momentan an den eigenen politischen Inhalten weiterarbeitet und die Koalitionsverhandlungen von Union, Grünen und FDP verfolgt, ist man auch bei der CSU gespannt, ob und wann eine Regierung zustande kommt. „Die nächsten Wochen werden sehr interessant“, sagt Michael Kießling. Für den ehemaligen Denklinger Bürgermeister führte der Weg vom beschaulichen Lechrain in die Bundeshauptstadt und in ein eigenes Büro in der Wilhelmstraße. „Es standen viele organisatorische Dinge an – Büroeinrichtung, Bewerbungsgespräche führen et cetera“, schildert Kießling. Mit Armin Mattes und Daniela Wagner hat er einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und eine Büroleiterin an seiner Seite. Zu Fuß sind es für ihn nur wenige Minuten bis zum Reichstagsgebäude. Sogar ein kleines Appartement hat Kießling in Berlin-Mitte schon gefunden. „Das ging sehr schnell, war aber reiner Zufall.“Wenn der gelernte Bauingenieur nicht während der Sitzungswochen in Berlin ist, wird er viel Zeit in seinem Wahlkreis verbringen – in seinem neuen Büro in Landsberg.
Ansprechpartner für den NeuAbgeordneten sind unter anderem die alten Polithasen Alexander Dobrindt, Peter Ramsauer oder Florian Hahn. „Die Kollegen sind sehr hilfsbereit“, so Kießling, für den ansonsten bei Fragen im neuen Umfeld auch immer die Landesgruppe zur Verfügung steht. Bis wann die Union eine Koalition mit Grünen
Erst ein Gottesdienst, dann die erste Sitzung
FDP bilden wird, darüber kann er nur mutmaßen. „Prognosen sind da momentan schwierig. „Aber wir müssen uns den Herausforderungen stellen – Digitalisierung, Finanzen, Schaffung von Wohnraum, weniger Streuverlust in den Sozialsystemen, Asyl und Integration.“
Martin Hebner freut sich noch immer über das Wahlergebnis seiner Partei: „Es ist ein toller Erfolg, dass wir so stark ins Parlament eingezogen sind. Ich sehe es als meine Aufgabe an, die Bürger zu vertreten.“Eine mögliche Jamaika-Koalition sieht er als „Riesenproblem“. „Wir werden in den nächsten Wochen nur eine geschäftsführende Regierung haben. Somit wird es auch nur einen Hauptausschuss und keine Einzelund Ausschussarbeit geben. Die erste Sitzungswoche Anfang November wurde bereits gestrichen.“Vorübergehende Büroräume hat Hebner mit seinen Mitarbeitern in Berlin bereits bezogen. Momentan lebt er im Hotel und ist noch auf Wohnungssuche. Ein Büro in der bayerischen Heimat will er entweder in Gilching oder Germering eröffnen.