Ein Uhu verheddert sich
Tierisches Bei der nächtlichen Jagd verheddert sich der große Vogel auf einem Hof in Eresing. Jetzt wird er wieder aufgepäppelt
Eresing Man bekommt ihn nur selten zu sehen bei Tageslicht. Denn er gilt als der größte Nachtgreifvogel der Welt – der Uhu. Allerdings saß kürzlich ein Exemplar am helllichten Tag in Eresing fest. Der Nachtjäger hatte sich in einem Netz verfangen und konnte aus eigener Kraft nicht mehr abheben. Das rief die Experten des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) auf den Plan.
Michael Comes-Lipps, der LBVKreisvorsitzende, und sein Vorstandskollege Josef Willy haben nicht oft mit einem Uhu zu tun. So war der Hilferuf einer Eresinger Familie nicht alltäglich. „Wir haben eine Eule aus einem Absperrnetz im Hühnerhof befreit, was sollen wir machen.“„Was für eine Eule?“„Relativ groß.“„Hat sie Federohren? Das könnte eine Waldohreule sein.“So ähnlich hat sich der Dialog am Telefon angehört. Sepp Willy befreite mit der Familie schließlich den Vogel aus dem Netz. Er hatte sich offenbar bei der Nachtjagd, nachdem er einen Igel geschnappt hatte, im Netz verfangen und darin verheddert. Schließlich wurde der erschöpfte Uhu in eine Hühnertransportbox gesteckt und zu Comes-Lipps gebracht.
Der Vogelexperte setzte den Uhu schließlich in einen Karton. „Seine Beute, einen toten Igel, habe ich mit dazugegeben. Dann ging es zum Tierarzt.“Dort wurden weder äußere noch innere (durch Röntgen) Verletzungen festgestellt. Allerdings: Der Uhu konnte mit einem Fuß nicht greifen. Deshalb blieb der Vogel erst einmal über Nacht in der Tierarztpraxis. Doch auch in dieser Zeit wollte er von seinem erbeuteten Igel nichts mehr wissen. „Wahrscheinlich war der Stress zu groß“, vermutet Michael Comes-Lipps. Denn der Vogel habe sich ausgesprochen ruhig verhalten – untypisch für derartige Greifvögel.
Die Vogelschützer holten sich einen Experten ins Boot. Uhu-Spezialist Günter von Lossow von der Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen schaute sich den Vogel an und bestätigte, dass es sich um einen Altvogel handelte. Laut Vermes- sung der Mauserfedern war er etwa neun Jahre alt und ein prächtiges Exemplar. Eine Vermessung ergab eine Höhe von rund 50 Zentimetern und eine Spannweite von 149 Zentimetern sowie ein Gewicht von 2,4 Kilogramm. Der Ornithologe von Lossow beschloss, den Vogel mitzunehmen und in der Nähe der Fundstelle einen Flugversuch zu wagen. „Denn der Uhu würde wohl nicht mehr in sein Revier zurückfinden, wenn wir ihn irgendwo ausgesetzt hätten“, so Comes-Lipps. Jedoch wollte der Patient nicht abheben und spazierte über die Wiese davon.
Die Vogelkundler fingen den Uhu also wieder ein und brachten ihn in eine anerkannte Pflegestation. „Nun hoffen wir, dass er sich erholt und die Klaue wieder funktionstüchtig wird“, sagt Comes-Lipps. Seinen Angaben zufolge findet die Eulenart im Landkreis zwischen der Burgruine Haltenberg bis nach Schongau einen guten Lebensraum. Zu seiner Beute würden nicht nur Mäuse gehören, sondern auch Igel, Bussarde, Wasservögel und mitunter auch junge Füchse.