So wohnen Sie sich glücklich
Lebenskunst Hygge heißt das Zauberwort, das nicht weniger verspricht als ein gemütliches Zuhause zum Erholen und Freunde treffen. Eine lichtdurchflutete Villa benötigen Sie dafür nicht, nur ein paar Ideen – und die haben wir
Die Sehnsucht ist groß. Die Sehnsucht nach Rückzug. Nach Stille. Nach Geborgenheit. Ein idealer Ort zum Kraft sammeln, zum Erholen ist das eigene Zuhause. Doch „Ideen für ein gemütliches Wohnen“klingt offenbar zu langweilig. Hygge klingt schon viel besser. Hygge heißt daher das Zauberwort, das nicht weniger als Wohnglück verspricht. Das Wort kommt aus Norwegen und bedeutet in etwa Wohlbefinden, erklärt die Münchner Stylistin Nicole Zweig. In Dänemark sei es längst das Wort für Lebensgefühl. Doch keine Sorge, aufwendig ist es nicht, die eigenen vier Wände in Wohlfühloasen zu verwandeln. Es ist es sogar sehr einfach.
Mitzubringen sind nur ein wenig Muße und die Lust, etwas selbst zu gestalten. Denn für Stylistin Zweig ist es wichtig, „im Moment zu sein“, wie sie sich ausdrückt. Freude an den kleinen Dingen zu spüren. Atempausen im Alltag einzubauen. Genau da setzt Zweig in ihrem Buch „Mach’s dir hygge“(GU-Verlag, 192 Seiten, 19,99 Euro) an. Nehmen Sie sich mehr Zeit für sich und Ihre Freunde. Schaffen Sie auch in der Arbeit eine gute Atmosphäre. Übrigens ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, Hygge-Fan zu werden. Denn Herbstzeit ist Hygge-Zeit.
Zweig rät nicht nur zu Spaziergängen, sondern vor allem, kleine Handarbeiten auszuprobieren. Nichts Großes. Nichts Zeitaufwändiges. Aber ein Sofa oder Sessel laden erst richtig zum Sitzen, Schlummern, Seele baumeln lassen ein, wenn genügend flauschige Kissen da sind. Und so ein Pompon-Kissen ist schnell gehäkelt. 300 Gramm Wolle, eine Häkelnadel Nummer 10, Schere, dicke Stopfnadel, Wäscheklammern, Kissenfüllung – los geht’s! Wen die Häkel- oder Strickleidenschaft dann so richtig gepackt hat, der häkelt vielleicht gleich einen Korb für die Wolle und die Nadeln. Zwei große Knäuel Paketschnur sind die Grundlage für das rustikale Aufbewahrungskörbchen, das auch Platz für Krimskrams bietet. Unnötig zu erwähnen, dass Stricken und Häkeln in geselliger Runde noch mehr Spaß machen.
Verlangt es bei der Handarbeit nach einem Päuschen, kommt eine heiße Schokolade mit Marshmallows nach dem Rezept von Zweig gerade recht. Dafür schlagen Sie für zwei Personen 50 Gramm Sahne steif. 100 Gramm Zartbitterschokolade werden fein gehackt und 40 Gramm davon in eine Schüssel gegeben. Erhitzen Sie in einem mittelgroßen Topf Wasser, aber lassen Sie es nicht kochen. Den Topf vom Herd nehmen und die Schüssel mit der Schokolade so aufsetzen, dass die Schokolade unter Rühren schmilzt. 500 Milliliter Vollmilch aufkochen, den Topf vom Herd ziehen und die restliche Schokolade darin schmelzen lassen. Wer will, kann vier Esslöffel Orangenlikör einfließen lassen. Die heiße Schokolade in zwei große Becher gießen, die Sahne draufgeben und etwas umrühren. Zum Schluss kommen noch jeweils vier Marshmallows drauf und natürlich die geschmolzene Schokolade. „Dieser Trunk hilft bei Liebeskummer, Dauerregen und Arbeitsfrust“, weiß Zweig. Na dann…
Kakao, Tee oder Kaffee trinken, Kochen und Backen gehören zu Hygge wie der Wind zum Segeln. „Backen ist für Hygge-Fans eine Lebensphilosophie“, schreibt Marion Hellweg in ihrem Buch „Hygge! Das neue Wohnglück“(DVA-Verlag, 160 Seiten, 29,95 Euro).
Jeder Bissen sollte ein Glücksmoment sein. Die Küche ist im besten Fall Wohnküche und Treffpunkt für Familie und Freunde. Liebevolle Tischdekorationen runden den Genuss ab. Formschönes Geschirr muss nicht teuer sein. Wichtig ist die Haptik. Die Dinge sollten gut in der Hand liegen und aus einem angenehmen Material sein. Reizvoll ist der Mix aus Alt und Neu: Ein Vintage-Klassiker wie etwa ein besonderer Stuhl oder Tisch in der Einbauküche lässt schon alles authentischer wirken. Ein Hauch Nostalgie gehört zu Hygge. Die persönliche Note muss sichtbar sein. Nicht umsonst stehen und hängen Klemmbretter – am besten selbst gebastelt – mit Karten, Notizen und Erinnerungsstücken in den Räumen.
Und ohne Grün keine Geborgenheit. Darin sind sich Nicole Zweig und Marion Hellweg einig. Hellweg stellt in ihrem Buch vor allem wunderbare, lichtdurchflutete nordische Villen und geräumige, romantische Landhäuser vor, die nicht selten in traumhafter Landschaft stehen. Wer würde dort nicht gerne nach Hause kommen, entspannen, feiern, leben wollen? Wertvolle Tipps für eine angenehme Atmosphäre gibt auch sie. So sollte ihrer Einschätzung nach nicht nur jeder Raum einen Platz haben, der zum Innehalten und Entspannen einlädt. Wichtig sind grüne Mitbewohner. Wer es bunter liebt, muss nicht gleich zum opulenten Strauß greifen. Für mehr Behaglichkeit sorgen schon einzelne Zweige, Blüten, Blätter. Nicole Zweig leitet ihre Leser zur selbstgegossenen Vasen-Vielfalt in Beton an. Wer es einfacher mag, der beklebt seine leeren Schraubdeckelgläser mit fertigen Klebebuchstaben und ruck, zuck entsteht ein kreativer Vasen-Wald, der nur noch mit Blumen bestückt werden muss. Und warum nicht einmal sein zeichnerisches Talent wieder testen? Viele erinnern sich noch gerne an ihre Kinderzeit, als das Malen mit Wasserfarben richtig Spaß machte – diese kindliche Lust kann leicht wieder aufleben. Frei zeichnen muss gar nicht sein. Einfacher geht es, wenn ein Blatt als Schablone dient.
Eigeninitiative ist auch gefragt, wenn es um einen wesentlichen Hygge-Faktor geht: das Licht. „Haben Sie nicht auch schon sogar nach einem schönen Abend mit Freunden das Gefühl gehabt, irgendetwas stimmte nicht?“, fragt Zweig und sagt: „Wahrscheinlich war das Licht zu grell. Unsere Lampen sind oft viel zu hell.“Das passt überhaupt nicht zu Hygge. Das Licht muss schmeicheln, stimmungsvoll sein, warm. Nicht umsonst rät HyggeExpertin Hellweg zu Kerzen. Ein Hygge-Garant ist ein flackernder Kamin. Und Zweig erklärt in ihrem Buch, wie man Kerzen selbst gießt.
Kerzen und – wenn Platz ist, ein gemütlicher Sessel – machen natürlich auch jedes Badezimmer zum Entspannungsort. Frauen greifen dann sicher gerne zum „Grapefruit Sugar Scrub“, den Nicole Zweig vorstellt: Für 150 Gramm vermischen Sie in einer Schüssel 100 Gramm feinkörnigen Rohrzucker, 30 Milliliter Sonnenblumenöl, einen Esslöffel Honig mit ätherischen Ölen, in diesem Fall 20 Tropfen Grapefruit und fünf Tropfen Pfefferminze, sowie am besten einer Messerspitze Rote-Beete-Pulver. Ein Esslöffel Kakaobutter wird bei geringer Hitze in einem kleinen Topf geschmolzen, bis sie komplett flüssig ist. Die flüssige Kakaobutter wird zur Zuckermischung gegeben. Alles gut umrühren. In einen Tiegel füllen – fertig. Zweig empfiehlt, den „Scrub“in der Dusche zu verwenden. Immer etwa zwei Esslöffel davon nehmen und außer Gesicht und Hals den Körper gut damit abreiben.
Nach der Dusche aufs gemütliche Sofa kuscheln, Tee, Kakao oder Glühwein schlürfen und den Augenblick genießen. Das ist Hygge.
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Wie Zweige und Blätter Geborgenheit schaffen