Und wieder eine neue Version
Ermittlungen Der verdächtige Peter Madsen tischt der Polizei die dritte Geschichte zum Tod der Journalistin Kim Wall auf. Ein Kriminologe erklärt, welche Strategie der Erfinder damit verfolgt
Stockholm Im Fall des wegen Mordes an einer schwedischen Journalistin verdächtigen dänischen U-BootTüftlers Peter Madsen hat die dänische Polizei ihre Angaben korrigiert. Madsen habe nicht gesagt, dass die Journalistin Kim Wall an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben sei, sagte Polizeisprecher Jens Möller Jensen am späteren Mittwochabend der Nachrichtenagentur Ritzau. Die Anwältin des Verdächtigen sagte dem Fernsehsender TV2, ihr Mandant wisse nicht, wie die Journalistin zu Tode gekommen sei.
Vorher hatte die Polizei gemeldet, dass Madsen ihr eine neue Version zum Tod Walls aufgetischt hat. Er habe Wall zerstückelt und die Leichenteile im Meer versenkt, räumt er erstmals ein. Allerdings habe er sie nicht ermordet. Als er selbst auf Deck gewesen sei, sei die 30-Jährige im U-Boot an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. Ein technischer Defekt habe dafür gesorgt. Nur die Sache mit der Vergiftung nahm die Polizei zurück.
Die Korrektur der Angaben macht den Fall um den Tod der Journalistin noch widersprüchlicher. Anfänglich behauptete der Erfinder, sie an Land gesetzt zu haben. Nachdem ihr Rumpf ohne Kopf und Beine mit Gewichten beschwert in der Kögebucht bei Kopenhagen gefunden worden war, sagte er aus, dass sie durch einen Unfall gestorben sei. Die 70 Kilo schwere Luke des U-Bootes sei ihr auf den Schädel gefallen und habe ihn gebrochen, so Madsen. Er habe zuvor noch mit Wall darüber gescherzt, dass man so eine Luke nicht auf den Kopf bekommen möchte, behauptete er. Die Leiche habe er aber nicht zerstückelt, wohl aber „auf See bestattet“, so Madsen. Dann fand die Polizei Kopf und Beine von Kim Wall. Am Schädel fanden sich keine Verletzungen. Madsen hatte also mit DetailLiebe gelogen. Die Beweislast gegen den Erfinder wiegt aufgrund der Leichenteile schwer. Madsen soll an Wall sexuelle Handlungen „unter besonders schwerwiegenden Umständen“durchgeführt haben. An ihrem Torso im Brust- und Unterleibsbereich wurden zahlreiche Messerstiche gefunden.
Anfänglich noch von Angehörigen und Bekannten öffentlich in Schutz genommen, gilt Madsen dem Volke inzwischen als eindeutig schuldig des Mordes. Zu Halloween hatten sich einige Bürger, darunter auch ein schwedischer Politiker, makabererweise als „Peter Madsen“verkleidet. Viele Dänen fragen sich inzwischen, warum er nicht einfach gesteht. Schließlich hat seine Glaubwürdigkeit mit jeder neuen Version des Geschehens, den Leichenteilfunden und einem möglichen sexuellen Motiv rapide abgenommen.
Auch der renommierte schwedische Kriminologe Leif Persson geht von der Ermordung Kim Walls aus. Madsen rechne sich aber anscheinend weiter Vorteile aus. „Geständnisse in solchen Fällen geschehen immer scheibchenweise. Die werden der Beweislage angepasst.“
Sollten die Beweise „nur“für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und Leichenschändung reichen, dürfte Madsen relativ schnell wieder frei sein. In Dänemark wird fahrlässige Tötung mit bis zu eineinhalb Haftjahren geahndet. Für Mord drohen mindestens zwölf Jahre Haft, je nach Schweregrad des Falles auch lebenslang.