Paket löst Großeinsatz in Ulm aus
Polizei Der DHL-Erpresser ist weiter nicht gefasst. Gestern gab es auch im Süden den ersten Verdachtsfall. Adressiert war das Paket wie in Potsdam an eine Apotheke
Ulm/München Große Aufregung um einen kleinen Schuhkarton: Weil einem Apotheker am Ulmer Wengentor ein Paket verdächtig vorkam, riegelte die Polizei in der Münsterstadt am Mittwochmorgen einen ganzen Häuserblock ab.
Eigentlich wollte Apotheker Ralf Schlusche von den Ordnungshütern nur eine Auskunft haben, wie er mit dem verdächtigen Karton ohne Lieferschein umgehen solle. Doch vor dem Hintergrund, dass das erste Ziel des DHL-Erpressers auch eine Apotheke war, wollten die Behörden eine Erpressung nicht ausschließen. Schließlich war der Absender beim Apotheker nicht bekannt, es lag keine Bestellung vor und der Karton sah im Gegensatz zu den üblichen Sendungen für die Apotheke sehr gebraucht aus.
Und so dauerte es keine 45 Minuten, bis nach der Alarmierung um 9.20 Uhr die rot-weißen Bänder mit der Aufschrift „Polizeiabsperrung“ein komplettes Ärztezentrum als „Gefahrenbereich“definierten. Niemand durfte bis 11.50 Uhr einoder ausgehen, eine Evakuierung mehrerer Arztpraxen inklusive eines Zentrums für Hormon- und Stoffwechselerkrankungen wurde begonnen. Als die aus Stuttgart angeforderten Bombenentschärfer des Landeskriminalamts noch auf der Autobahn waren, sorgten die Polizei-Kollegen aus München für Entwarnung: Denn in der Landeshauptstadt wurde inzwischen der Absender des Pakets ermittelt. Im Paket fand sich kein Sprengstoff, sondern unaufgefordert verschickte Warenproben für Weihnachtsschmuck, die per Paketdienst Hermes die Reise nach Ulm antraten.
Nach einem Bericht der Bild-Zeitung scheint jetzt aber klar, was der oder die Erpresser vom Paketdienstleister DHL fordern: nämlich zehn Millionen Euro in der Kryptowährung Bitcoin. Zu dem Bericht wollte sich die Polizei nicht äußern. Weil die Fahndung auch gestern noch lief, warnt die Polizei bundesweit jedoch weiter eindringlich vor dem Öffnen verdächtiger Pakete. Da Paketbomben in der Regel erst beim Öffnen explodieren, sollten Empfänger bei einem Verdacht das Paket oder den Brief keinesfalls berühren und sich in Sicherheit bringen, hieß es in einer vom Polizeipräsidium des Landes Brandenburg im Internet veröffentlichten Handlungsanweisung: „Unterlassen Sie im Verdachtsfall jegliches weiteres Hantieren mit der Sendung!“
Allein am Vortag seien von Bürgern acht Verdachtsfälle gemeldet worden, die sich glücklicherweise als harmlos herausgestellt hätten, sagte Polizeisprecherin Stefanie Klaus gestern – unter anderem ein besonders kurioser: Wie die Polizeidirektion im brandenburgischen Neuruppin mitteilte, wurden in Oranienburg Einsatzkräfte zu einem Haus gerufen. Dort kamen aus einem Briefkasten verdächtige Geräusche. „Es klingelte und vibrierte über eine längere Zeit, einige Bewohner trauten sich nicht aus dem Haus“, erklärte die Polizei. Beamte schauten daraufhin durch den Briefkastenschlitz und entdeckten einen eingeschalteten Vibrator. „Da er ja schon eine Weile in Betrieb war und die Besitzer des Briefkastens nicht erreicht werden konnten, beließen die Beamten das Gerät im Kasten“, hieß es. Bei der Sonderkommission gingen bislang mehr als hundert Hinweise ein. Eine heiße Spur war den Angaben zufolge weiter nicht darunter.