Landsberger Tagblatt

Zu früh gefreut

Bundesliga Nach dem zwischenze­itlichen Ausgleich gegen Schalke wird der FCA übermütig. Von seinem Trainer-Kollegen erhält Manuel Baum ein Lob, das er nicht hören will

- VON ROBERT GÖTZ

Gelsenkirc­hen Als Schiedsric­hter Sven Jablonski nach fünf Minuten Nachspielz­eit in der Schalker Arena abpfiff, gab es für Domenico Tedesco kein Halten mehr. Der SchalkeTra­iner tanzte über das Feld, freute sich ausgelasse­n. Man hätte meinen können, die Schalker hätten nach 1958 wieder einmal die deutsche Meistersch­aft gewonnen. Dabei feierte er „nur“einen 3:2-Heimsieg gegen den FC Augsburg. Im Selbstvers­tändnis der meisten Schalker Fans ein Muss, denn den FCA und den Kultklub trennen eigentlich Welten. Ein kleines Beispiel: Am Mittwochab­end begrüßten die Schalker mit viel Brimborium ihr 150 000. Mitglied, der FC Augsburg hat gerade mal etwas über 15 000.

Doch Tedesco sieht dies auf jeden Fall im sportliche­n Bereich anders. „Wir sind nach diesem Spiel gegen eine Top-Mannschaft glücklich und stolz, dass die drei Punkte auf Schalke geblieben sind“, erklärte er seinen Gefühlsaus­bruch. Den FCA sortiert der sonst coole Analytiker weit oben ein. „Wenn du gegen Mannschaft­en wie Augsburg spielst, die unfassbar gut im Umschaltsp­iel sind, musst du das Spiel kontrollie­ren.“Deshalb verordnete er in der ersten Halbzeit viel Ballbesitz und wenig Risiko.

Auch sein FCA-Kollege Manuel Baum hatte Respekt vor seinem Gegner. Der seiner Spieler war ihm aber zu groß: „In der ersten Halbzeit haben wir es defensiv richtig gut gemacht, aber mit Ball zu mutlos agiert.“Darum tat sich bis zum Wechsel eigentlich auf beiden Seiten nicht viel. Erst nach dem 0:2 hat Baum sein Team selbstbewu­sster agieren sehen. „Dann waren wir befreit, haben gefühlt im Fünf-Minuten-Takt Großchance­n erspielt. Wenn du dann noch auf 2:2 rankommst, ist es umso bitterer, wenn du auf Schalke ausgekonte­rt wirst.“

Eigentlich war seine Mannschaft durch Treffer von Di Santo (44.) und Burgstalle­r (47.) schon auf der Verlierers­traße. Doch dann zeigten die Augsburger ihr zweites Gesicht. Das Gesicht, das sie zur Überraschu­ngsmannsch­aft der Vorrunde machte, und jenes, das Tedesco so fürchtete. „Nach dem 2:0 hat der Gegner die Pressingli­nie vorgeschob­en. Da war es schwer, die langen Bälle zu halten. Die kamen zurück wie ein Jo-Jo und das war eklig.“Plötzlich hieß es nach Toren von Caiuby (64.) und einem verwandelt­en Foulelfmet­er von Michael Gregoritsc­h (79.) 2:2.

Doch dann wollten die FCA-Spieler zu viel und liefen in der 83. Minute in einen Konter, der mit einem umstritten­en Elfmeter für Schalke endete, den Daniel Caligiuri zum 3:2-Endstand verwandelt­e. Das sorglose Augsburg war bestraft worden. Baum war hin- und hergerisse­n: „Ich hatte das Gefühl, dass die Jungs noch gewinnen wollten, und das rechne ich ihnen hoch an. Aber wir müssen ein gesundes Verhältnis hinbekomme­n, zu sagen: Wir wollen so ein Spiel noch gewinnen, aber nicht auf Teufel komm raus.“Wie schon gegen Hannover (1:2) und Hertha (1:1) hatte der FCA leichtfert­ig Punkte liegen lassen.

Am Ende überwog der Stolz auf seine Mannschaft, die dem neuen Tabellenzw­eiten alles abverlangt hatte, auch wenn der Sprung in die internatio­nalen Ränge missglückt­e.

„Dass wir auch auf Schalke bestehen können, haben wir vor allem in der zweiten Halbzeit eindrucksv­oll bewiesen.“Dass sein Team aber eine Spitzenman­nschaft sei, wollte Baum nicht hören: „Wir müssen noch cleverer werden.“Das mit den Spitzenman­nschaften ist in der Bundesliga überhaupt so eine Sache. Außer dem FC Bayern hat eigentlich kein Team dieses Prädikat verdient. So hat Schalke (29 Zähler) gerade mal sechs Punkte Vorsprung auf den FCA, der selbst nur fünf auf den wiedererst­arkten 13. Freiburg.

Auf den trifft der FCA am Samstag (15.30 Uhr) zu Hause. „Wir sollten einen Dreier einfahren, damit wir aus einer guten eine richtig gute Hinrunde machen“, erklärte Stefan Reuter, der Geschäftsf­ührer Sport.

Auf Schalke herrscht nach dem Sieg gegen den FCA und vier Punkten Vorsprung auf Dortmund sowieso schon Weihnachts­stimmung. „Wir sind die Nummer eins im Pott“, sangen die Fans. Und das ist fast wichtiger als die Meistersch­aft.

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Foto: Imago Da konnten die Augsburger noch jubeln. Nach dem 2:2 durch Michael Gregoritsc­h (Zweiter von rechts) aber ging der FCA zu sehr ins Risiko und wurde mit dem Treffer zum 2:3 bestraft.

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