Landsberger Tagblatt

Für immer in die Herzen eingebrann­t

Abschied Der letzte Kommodore des LTG 61, Daniel Draken , blickt zurück. Was das mit seinem Schreibtis­ch zu tun hat

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Penzing Es war, als wollte sich auch der liebe Gott beim Lufttransp­ortgeschwa­der 61 noch einmal bedanken, und zwar am Tag vor der offizielle­n Auflösung des ältesten im Einsatz geflogenen Verbandes der bundesdeut­schen Luftwaffe. Noch einmal durften sich die Soldatinne­n und Soldaten an dem Anblick freuen, und darüber, auf einem der schönsten Stützpunkt­e in Deutschlan­d Dienst getan zu haben. Die Sonne strahlte vom makellos blauen Himmel, hinter dem Flugfeld reckte und streckte sich das Alpenpanor­ama, als wäre es von einem heimischen Künstler porträtier­t.

Einer, der diesen Anblick immer besonders genoss, ist der 17. und letzte Kommodore des LTG 61, Oberst Daniel Draken. Der Rheinlände­r setzte sich oft abends, nach Dienstschl­uss, noch in sein Dienstauto und fuhr hinüber auf die Flight, um diese Stimmung auf sich wirken zu lassen, die er als bewegend empfindet und die sich für immer „in sein Herz eingebrann­t hat“, wie er in einem letzten Gespräch mit dem Landsberge­r Tagblatt im Kommodoreb­üro versichert­e.

Seine Vorgänger haben allesamt und ohne Ausnahme versichert, die Chef-Position beim LTG 61 sei die schönste Verwendung, die die Luftwaffe anzubieten hat. Das liege nicht nur an der schönen Aussicht, auch die Liegenscha­ft an sich mit ihren teilweise denkmalges­chützten Gebäuden („unter baulichen Aspekten unbestritt­en ein Juwel“) stelle eine Besonderhe­it dar. Oberst Daniel Draken würde dies ohne zu Zögern unterschre­iben, wenn da nicht diese eine Sache wäre: Der Offizier ist derjenige, der das Geschwader auflösen muss. Deshalb schränkt er ein: „Für mich war es die zweitschön­ste Verwendung.“Eine Auflösung eines Verbandes, so gibt er ehrlich zu, könne nicht die schönste Verwendung sein.

Er selbst nahm diesen Auftrag als einen ganz besonderen hin und lernte auch ein für ihn besonderes Team kennen. „Die Soldaten hatten inzwischen ihren Frieden mit der Situation gemacht und sich mit der Auflösung arrangiert.“Alle wüssten nun, wie und in welcher Verwendung es für sie weitergeht, wer zur Nachhut gehören wird, die noch bis mindestens September 2018 die Ge-

schäfte „Dass in muss, gestellten macht liert klares Soldatinne­n wieder Daniel eine er das Bekenntnis­der Politik zu den jemand wurden. an im einmal um Diskussion­en neue mehr gibt Draken glaubt, dass die Hausaufgab­en gut geGleichze­itig Fliege erhorst abwickelt. und es geg seinen Willen Verwendung gehen Veund ein Gappelerst­ändnis nnicht.“SSoldaten, wenn es über hestandsre­gelunge gehe. „Ich denns ke schenkt verlorene nicht, Dienstalte­rsg grenzen und Ruen wird, Zeit dass zurückgege­ben wird“un Lebenszeit geondern so ein wenig – und ren die Angehörige­n Einsätze durch die den Soldaten und degenommen vielen Versetzung­en werde.

Bayern Er selbst wieder wird etwwas näher an den nach seiner Zeit in Lebensmitt­elpunk kt in Hannover hest ranrücken. Obers Daniel Draken wird als Referat tsleiter „Führung und Einsatz“zum Kommando Luftn waffe nach Berlin wechseln, in den Stab des Inspekteue­urs. „Die Familie freut sich über mehr Zeit, die wir so miteinande­r verbringen dürfen.“Hannover ist mit dem Zug nur noch knapp eineinhalb Stunden von der Hauptstadt entfernt.

Das zurücklieg gende letzte Jahr des Geschwader­s beschreibt er als ein „sehr umtriebig iges Jahr“. Eigent-

Unter baulichen Aspekten sicherlich ein Juwel

lich habe keiner so richtig Zeit gehabt, sich auf den 14. Dezember, den Tag der Außerdiens­tstellung, vorzuberei­ten. Zu aufwendig und stressig seien die Vorbereitu­ngen für den Tag der Bundeswehr gewesen, der im Sommer noch einmal das Geschwader in den Fokus der Öffentlich­keit stellte und gleichzeit­ig auch für das Geschwader eine tolle Möglichkei­t gewesen sei, sich noch einmal bei der Bevölkerun­g für die vergangene­n Jahrzehnte zu bedanken. Dieses gute Verhältnis, auch wenn es durchaus Kritik und Beschwerde­n gegeben habe, sei ebenfalls eine Besonderhe­it und in Militärkre­isen durchaus bekannt und geschätzt. Den Flugtag selbst bezeichnet der Oberst als „tollen Kulminatio­nspunkt“.

Die zweite Jahreshälf­te gehörte dann dem Geschwader selbst. Daniel Draken: „Ich muss meine Leute loben, wie sie diese Zeit gestaltet haben.“Die Betroffenh­eit angesichts der Tatsache, dass in wenigen Monaten Schluss sei, habe man anfangs spüren können, doch das habe sich schnell geändert. Persönlich­e Dinge wurden geregelt, neue Dienstorte besucht und Umzüge vorbereite­t. So saß zum Beispiel die Moderatori­n der Zeremonie gestern quasi auf gepackten Koffern. Zu Hause wartete bereits der abfahrbere­ite Umzugslast­er.

Je leerer also das Zeitkonto des Fliegerhor­stes wurde, desto größer wurde dann der Kloß im Hals, auch beim Oberst: „Wenn dann die ersten Bilder von den Wänden genommen, die Gebäude ausgeräumt und gekehrt werden, dann muss man schon schlucken.“Dann tritt auch bei ihm nicht nur eine Träne in die Augen.

Zum Abschied wird jeder Offizier, wie es in der Luftwaffe so Usus ist, ein Geschwader­wappen bekommen, das ihn an seine Zeit in Oberbayern erinnern soll. Auch für die übrigen Soldaten gibt es kleine Erinnerung­spräsente. Eine Spezial-Ausgabe davon hatte Drakens Stellvertr­eter Klaus Schierling­er mit der vergoldete­n Gams bekommen, ein besonderes wartet noch in Form eines überdimens­ionalen Schreibtis­ches, der noch aus der Zeit der USArmee im Fliegerhor­st stammt, auf den künftigen Chef des Nachkomman­dos. Oberstleut­nant Klaus Schierling­er darf nämlich in das Kommodoreb­üro einziehen.

Jeder Offizier bekommt ein Geschwader­wappen

 ??  ?? Die Grenzen der betagten Transall: Modernes Gerät der Bundeswehr wie der gepanzerte Marder bean spruchte die gesamte Kapazität des Lufttransp­orters.
Die Grenzen der betagten Transall: Modernes Gerät der Bundeswehr wie der gepanzerte Marder bean spruchte die gesamte Kapazität des Lufttransp­orters.
 ??  ?? Ein Bild, das sicherlich über einen großen Verteiler nicht nur bei der Bundeswehr gehen wird: die letzte Transall mit dder Kennzeichn­ung 51 01 beim Vorbeiflug am Märchensch­loss Neuschwans­tein. Die silberne Gams wurde dabei mit einer Lackierung...
Ein Bild, das sicherlich über einen großen Verteiler nicht nur bei der Bundeswehr gehen wird: die letzte Transall mit dder Kennzeichn­ung 51 01 beim Vorbeiflug am Märchensch­loss Neuschwans­tein. Die silberne Gams wurde dabei mit einer Lackierung...
 ??  ?? Schon immer war das Interesse der Bevölkerun­g an dem Geschwader und dem Fliegerhor­st in Penzing groß. Das Bild entstand beim Tag der offenen Tür im Jahr 1985.
Schon immer war das Interesse der Bevölkerun­g an dem Geschwader und dem Fliegerhor­st in Penzing groß. Das Bild entstand beim Tag der offenen Tür im Jahr 1985.
 ??  ?? Mit allen Ehren wurde das Lufttransp­ortgeschwa­der 61 gestern außer Dienst gestellt. Das Geschwader durfte 60 Jahre alt werden, älter als die meisten Soldatinne­n und Sol daten, die gestern vom ältesten fliegenden Einsatzver­band der Bundeswehr Abschied...
Mit allen Ehren wurde das Lufttransp­ortgeschwa­der 61 gestern außer Dienst gestellt. Das Geschwader durfte 60 Jahre alt werden, älter als die meisten Soldatinne­n und Sol daten, die gestern vom ältesten fliegenden Einsatzver­band der Bundeswehr Abschied...
 ??  ?? Ein Geschenk für den scheidende­n Kommodore Oberst Daniel Draken hatte der Kom mandeur des Landeskomm­andos, Brigadegen­eral Helmut Dotzler, mitgebrach­t.
Ein Geschenk für den scheidende­n Kommodore Oberst Daniel Draken hatte der Kom mandeur des Landeskomm­andos, Brigadegen­eral Helmut Dotzler, mitgebrach­t.
 ??  ?? Die Zeit für die Soldaten, sich akribisch auf den Abschied vom LTG 61 einzustell­en, war dann letztlich lang genug.
Die Zeit für die Soldaten, sich akribisch auf den Abschied vom LTG 61 einzustell­en, war dann letztlich lang genug.
 ??  ?? Ein Bild einer Formation Transall C 160 mit Tarnlackie­rung aus dem Jahr 1977 wird bei so manchem ehe maligen Mitglied des Transportg­eschwaders lebhafte Erinnerung­en wecken.
Ein Bild einer Formation Transall C 160 mit Tarnlackie­rung aus dem Jahr 1977 wird bei so manchem ehe maligen Mitglied des Transportg­eschwaders lebhafte Erinnerung­en wecken.
 ?? Fotos: Archiv LTG 61, Tom Ziegler, Thorsten Jordan ??
Fotos: Archiv LTG 61, Tom Ziegler, Thorsten Jordan
 ??  ?? Einsätze, die den Soldatinne­n und Soldaten für immer in Erinnerung bleiben werden: eine Penzinger Transall in Nord Finnland im Rahmen der binational­en Übung Cold Blade. Am Himmel leuchtet das Polarlicht.
Einsätze, die den Soldatinne­n und Soldaten für immer in Erinnerung bleiben werden: eine Penzinger Transall in Nord Finnland im Rahmen der binational­en Übung Cold Blade. Am Himmel leuchtet das Polarlicht.
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 ??  ?? Jeder nahm ein Stück Erinnerung mit nach Hause: der ehemalige LTG Kommodore und Brigadegen­eral Christian Leitges.
Jeder nahm ein Stück Erinnerung mit nach Hause: der ehemalige LTG Kommodore und Brigadegen­eral Christian Leitges.
 ??  ?? Auch die Bell UH 1D Hubschraub­er, die in der Gebirgsflu­grettung viele Jahre eng mit der Bergwacht zusammenge­arbeitet haben, waren auf dem Fliegerhor­st stationier­t.
Auch die Bell UH 1D Hubschraub­er, die in der Gebirgsflu­grettung viele Jahre eng mit der Bergwacht zusammenge­arbeitet haben, waren auf dem Fliegerhor­st stationier­t.

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