Harte Kerle & Schamanen
Bildband Weite Landschaften mit der Transsib
Holger Fritzsche kennt Russland von vielen Reisen. Doch das Riesenreich hält auch für ihn immer Überraschungen bereit, gleich ob er es mit dem Zug oder dem Auto bereist, ob er mit dem Touristenzug Zarengold unterwegs ist oder mit Platzkartny, 3. Klasse, der preiswertesten Variante des Zugreisens. Die Fahrt durch sieben Zeitzonen, durch Steppe und Taiga, durch kleine Dörfer und wuchernde Städte konfrontiert den Reisenden mit der russischen Seele, bringt ihm harte Kerle mit weichem Kern ebenso nahe wie rätselhafte Schamanen, lässt ihn teilhaben an merkwürdigen Bräuchen wie Eisbaden oder dem Siberian Ice Marathon, den die Härtesten der Harten mit nacktem Oberkörper absolvieren.
Fritzsche hat sich nicht einfach in den Zug gesetzt und die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen. Er ist aus-, sogar aufs Pferd umgestiegen, er ist gewandert und geschwommen, hat sich unters Volk gemischt, hat Gottesdienste besucht und die Anhänger der Kirche des letzten Testamentes, hat mit einem Schamanen gesprochen und ist über das Eis des Baikalsees geradelt. In Ulan Ude hat er den größten Leninkopf der Welt fotografiert und in Wladiwostock den Gründer der Stadt.
„Die Zeiten haben sich geändert,“sagt ihm ein Mann in Wladiwostock. Auch davon erzählt dieser Bildband, auch wenn der Autor nicht sicher ist, wohin die Reise in Russland geht. Dem Touristenzug arengold ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Und da geht es dann bis nach Peking. Doch die Liebe des Autors gilt Russland, das spürt man in jeder Zeile: „Russland ist… keine Perle, die für wenig Geld maximalen Luxus bietet. Russland ist eher eine unsortierte Schatzkiste mit einer zuweilen etwas lieblosen Verpackung. Aber wer sich ein wenig Mühe gibt und darunter schaut, findet das, was dieses Land so liebenswert macht… In Russland wird man schnell wieder zum Entdecker.“Lilo Solcher
Holger Fritzsche: Wodka. Weite. Abenteuer. National Geographic, 237 S., 49,99 Euro