Ministerin verspricht 30000 neue Betreuungsplätze
Soziales Emilia Müller (CSU) rühmt Bayern als „Familienland Nummer 1“. SPD und Grüne haben da so ihre Zweifel
München In Bayern sollen bis zum Jahr 2023 zusätzlich 30 000 Betreuungsplätze für Kinder bis zum Alter von sechs Jahren geschaffen werden. Außerdem soll die Ganztagsbetreuung für Grundschüler weiter ausgebaut werden. Das bekräftigte Sozialministerin Emilia Müller (CSU) bei ihrer Jahrespressekonferenz in München. SPD und Grüne im Landtag kritisierten Umfang und Tempo der Investitionen und warfen der Staatsregierung jahrelange Versäumnisse bei der Kinderbetreuung vor.
Die Frage, ob im Freistaat genug für die frühkindliche Bildung sowie für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf getan wird, ist im Landtag nach wie vor heftig umstritten. Sozialministerin Müller gab sich gestern selbstbewusst. „Bayern ist und bleibt Familienland Nummer 1“, sagte Müller und verwies unter anderem auf das Betreuungsgeld, das es nur in Bayern gibt, auf die Aufstockung des Landeserziehungsgeldes sowie auf drei Investitionsprogramme für Kinderbetreuungsplätze, denen nun ein viertes Investitionsprogramm folge. Damit könnten in Bayern statt aktuell 453000 künftig 483 000 Kinder in Krippen und Kindergärten betreut werden.
Nach Aussage Müllers wird das Programm, das vom Bund mit 178 Millionen Euro unterstützt wird, von den Städten und Gemeinden gut angenommen. In den ersten fünf Monaten seien bereits Anträge für rund 100 Bauprojekte – das entspricht etwa 7000 Betreuungsplätzen – gestellt und genehmigt worden. Der Freistaat unterstütze die Investitionen mit „bis zu 85 Prozent der Kosten“. Das sei „einmalig in Deutschland“, sagte Müller. Wie hoch der Eigenanteil des Freistaats konkret sein wird, konnte das Sozi- alministerium auf Nachfrage allerdings nicht beziffern. Ein Sprecher schätzte, dass Bayern „mindestens“genauso viel beisteuern werde wie der Bund.
An diesem Punkt setzen die Grünen mit ihrer Kritik an. „Jahrelang hat es die CSU-Regierung versäumt, hier mehr zu tun, als nur Bundesmittel umzuleiten“, sagte die Augsburger Grünen-Abgeordnete Christine Kamm. Der Ausbau der Betreuungsplätze ginge deutlich schneller, wenn der Freistaat sich mehr engagieren würde. Außerdem seien 30 000 zusätzliche Plätze bis 2023 nicht ausreichend, betonte Kamm.
Auch Doris Rauscher, die familienpolitische Sprecherin der SPDLandtagsfraktion, ging mit der Sozialpolitik der Staatsregierung hart ins Gericht. „Die von Ministerin Müller vollmundig angekündigten Vorhaben sind nichts anderes als eine Mängelliste der Familienpolitik der Staatsregierung. Abhilfe für sträfliche Versäumnisse zu versprechen, ist kein Erfolg, sondern das Eingeständnis jahrelanger Tatenlosigkeit der CSU“, sagte Rauscher. Die an- gekündigten zusätzlichen 30000 Kinderbetreuungsplätze nannte sie „längst überfällig“.
Rauscher übte außerdem scharfe Kritik am geplanten Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschüler: „Bayern ist hier Schlusslicht in Deutschland. Wäre man – wie von uns seit Jahren gefordert – frühzeitig tätig geworden, müsste man jetzt nicht nachbessern“, sagte Rauscher.
Sozialministerin Müller will diese Kritik nicht gelten lassen. Sie nannte den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder bis sechs Jahre „bedarfsgerecht“. Bayern habe hier in den vergangenen Jahren „enorm aufgeholt“, sagte Müller. Außerdem verwies sie darauf, dass auch bereits 53,1 Prozent der Grundschüler im Freistaat eine ganztägige Betreuung geboten werde: 19,1 Prozent in Kitas und in der Tagespflege, 20,3 Prozent in schulischer Mittagsbetreuung und 13,1 Prozent in Ganztagsschulen.