Wer Geld an der Börse investiert, braucht jetzt einen kühlen Kopf
Der US-Kurseinbruch hat die Sparer verunsichert. Einige Ökonomen warnen schon in Panik vor dem „Crash“. Auf lange Sicht aber waren Aktien bisher hochrentabel
Der Kurseinbruch vergangene Woche in den USA hat auch in Deutschland viele Bürger bewegt. Zwar haben die meisten Anleger noch immer einen großen Teil ihres Geldes auf sicheren Sparkonten und in Festgeldern geparkt. Die am Boden liegenden Zinsen haben in den letzten Monaten aber auch Sparer ermutigt, Geld am Aktienmarkt anzulegen. Banken haben Fondsprodukte stark beworben – insbesondere die weit streuenden ETFs, die meist einen ganzen Aktienindex wie den Dax abbilden.
Mit ihrem Engagement an der Börse sind die Anleger den Stürmen und Beben des weltweiten Kapitalmarkts ausgeliefert – selbst, wenn ihr Depot bei der Regionalbank um die Ecke liegt. Umso mehr wird es in nächster Zeit wichtig sein, einen kühlen Kopf zu bewahren. Bisher gibt es keinen Grund, die Börse zu verteufeln. Die Chancen dort sind und bleiben auf lange Sicht groß.
Ja, der Einbruch in den USA hat die Märkte weltweit in Mitleidenschaft gezogen wie Vögel in der Mauser. Auch der Deutsche Aktienindex ließ Federn und rauschte seit Monatsanfang gut 1000 Punkte in die Tiefe. Was war die Ursache? Börsianer fürchten vor allem Zinserhöhungen in den USA. Jahrelang haben die Notenbanken die Märkte mit billigem Geld geflutet und die Börsen angeheizt. Steigen die Zinsen, so lautet die Befürchtung, könnten Aktien unattraktiver werden. Aber auch über Manipulation und undurchsichtige Computerprogramme wird angesichts des plötzlichen Kursrutsches spekuliert. Sicher ist nur eines: Die ruhige Zeit am Aktienmarkt dürfte erst einmal vorbei sein.
Dies liegt nicht nur an politischen Risiken wie der Unberechenbarkeit von US-Präsident Donald Trump. Auch die hohen Schulden in der Welt machen erste Experten hellhörig: Die globale Gesamtverschuldung beträgt Fachleuten zufolge unvorstellbare 250 Billionen (!) US-Dollar. Es wäre der Boden für eine neue Schuldenkrise. „Der Crash kommt – in diesem Jahr?“, befürchtet der Wirtschaftsweise Marcel Fratzscher. Das Fragezeichen in seinem Satz ist aber zu Recht groß.
Denn in der realen Wirtschaft gibt es bisher wenig Gründe für die Börsen-Nervosität: Die Aktienmärkte hatten eine Rekordjagd hingelegt, eine Korrektur ist da normal. Die Auftragsbücher in Industrie und Handwerk sind voll, die Bundesregierung erwartet dieses Jahr satte 2,4 Prozent Wachstum, viele Konzerne schreiben hohe Gewinne. Gleichzeitig ist das Börsenumfeld in Europa gut. Denn ein deutlicher Zinsanstieg ist hier so schnell nicht zu erwarten. Die Europäische Zentralbank wird wohl frühestens im Herbst 2019 ihren Leitzins erhöhen. Aktien waren in den vergangenen Jahren eine der rentabelsten Anlageformen. Wer zum Beispiel für sein Alter vorsorgt, wird auch künftig kaum um sie herumkommen.
In diesem Dickicht aus Unsicherheiten müssen sich Anleger heute zurechtfinden. Wie kann da eine empfehlenswerte Strategie aussehen? Es könnte sich auszahlen, sich einen Elefanten als Vorbild zu nehmen – große, träge Tiere, die sehr alt werden. Wer Aktien hält, sollte sich vom nervösen Hin und Her der Märkte nicht zu sehr beeindrucken lassen. Bisher haben die Kurse über die Jahre selbst große Börsen-Crashs wie die Finanzkrise 2007/08 wettgemacht. Wer stur und beharrlich auch dann kauft, wenn am Aktienmarkt Aschermittwochsstimmung herrscht, profitiert von später steigenden Kursen. Und wer seine Papiere breit streut und sie lange hält, senkt Risiken und spart Kosten.
Eines ist aber auch klar: Geld, das man bald dringend braucht, hat an der Börse nichts verloren.
Vorbild Elefant: Stur bleiben, sich Zeit lassen