Vom Ammersee zur Kieler Woche
Segeln Vier Nachwuchssportler bereiten sich auf die Kieler Woche vor. Mit ihren 29er-Jollen haben sie in dieser Saison aber noch viel mehr vor. Einer der Höhepunkte wird in Finnland stattfinden
Dießen Vor dem Gelände des Diessner Segel-Clubs (DSC) steht der Anhänger mit zwei 29er-Booten schon bereit, drinnen fiebern vier junge Burschen der Abfahrt zum Trainingslager am Gardasee entgegen: Moritz Hagenmeyer, Jonas Schupp, Florian Steuerer und Moritz Fiebig sind Mitglieder der German Sailing Jugendnationalmannschaft und bereiten sich derzeit auf Großes vor. In wenigen Wochen treten die vier im Rahmen der legendären Kieler Woche an und wollen anschließend bei der Europameisterschaft in Helsinki um gute bis sehr gute Platzierungen kämpfen.
„Segeln ist cool“, sagt Moritz Hagenmeyer. Der 15-Jährige ist Vorschoter auf dem 29er, den er mit seinem Steuermann Jonas Schupp (beide DSC) bereits in der zweiten Saison segelt. Seit seinem neunten Lebensjahr liebt der Gymnasiast den Segelsport, dessen Grundzüge er, wie so viele, im Optimisten kennengelernt hat. An der Schwelle zum nächst größeren und vor allem schnelleren und sportlicheren Boot stand für Moritz recht schnell fest, dass es ein 29er sein soll. „Laser oder 420er kam für mich eigentlich nicht infrage. Auch weil ich kein Einmann-Boot segeln wollte, sondern im Team.“
Schnell war der zweite Mann an Bord in Jonas Schupp gefunden. Die beiden kennen sich schon lange und verstehen sich sehr gut. „Das ist auch sehr wichtig, man muss sich auf den anderen absolut verlassen können“, sagt Jonas. Den 16-Jährigen fasziniert das Segeln, da es „ein komplexer Sport ist, in den unheimlich viele Faktoren hineinspielen. Überall sind die Segelreviere anders und man muss sich immer neu darauf einstellen.“Segeln ist für den Zehntklässler des ChristophProbst-Gymnasiums in Gilching eine Verbindung aus geistigem Anspruch und körperlicher Arbeit.
Er sei mehr der „Denker und Moritz der Techniker“, sagt er und erhält zustimmendes Nicken seines Vorschoters. „Das ist eine perfekte Aufgabenteilung.“Dass dem tatsächlich so ist, bewiesen die zwei kürzlich bei der 29er-Regatta in Inning, dem Inninger Teller, die sie gewannen.
Dafür wird es, so realistisch schätzen die Jungs ihr Können ein, bei der Europameisterschaft ver- mutlich nicht reichen. Weiter nach vorne als bei der EM in Frankreich, wo sie den 61. Platz unter 180 gestarteten Teams erreichten, wollen sie es diesmal aber auf jeden Fall schaffen. Immerhin hat dieser 61. Platz für die Aufnahme ins German Sailing Team gereicht. „Das haben wir auf Anhieb geschafft und nächstes Jahr könnte es dann für einen Platz auf dem Treppchen durchaus reichen“, ergänzt Jonas.
Die Ziele der beiden reichen aber noch viel weiter. „Olympia wäre toll und dann Americas Cup oder Volvo Ocean Race.“Der Weg bis dahin ist noch weit, der nächste Schritt aber könnte schon bald anstehen. Die Weichen zumindest haben die zwei schon gestellt. „Nächstes Jahr, nach der Weltmeisterschaft in Polen, wollen wir umsteigen auf den 49er.“
Kein bisschen weniger ehrgeizig wie euphorisch bei der Sache sind Florian Steuerer (Steuermann) und Moritz Fiebig (Vorschoter) vom Augsburger Segelclub (ASC). Die beiden haben sich vor einem Jahr zusammengetan – ein Probetag habe den beiden gereicht, sich kennenzu- lernen und festzustellen, dass sie ein perfektes Team sind. „Es hat von Anfang an bei uns beiden gepasst“, freuen sie sich.
Auch Florian, der in Augsburg lebt, erzählt, dass er kein EinmannBoot-Segler sei. „Ich bin eher ein Teamtyp und wollte nie ein anderes Boot segeln.“Den 29er, ein sogenanntes One-Design-Boot, bei dem alle Boote vom Segel bis zum Rumpf baugleich sind, liebt er besonders. Weil das Skiff (leichte Segeljolle) so athletisch und voller Power sei.
„Diese Kombination aus sportlicher und mentaler Herausforderung gefällt mir einfach.“Den Umstieg auf die 49er-Jolle haben auch Florian und Moritz vor Augen. Davor aber steht auch für sie die Europameisterschaft an. „Wir wollen schon unter die besten 15 kommen und haben uns vorgenommen, die Besten aus unserem Jahrgang zu werden“, sagt Moritz, der mittlerweile in Kiel
Der richtige Partner ist entscheidend
Ein Wechsel der Bootsklasse steht an
zu Hause ist und ursprünglich aus Seeshaupt stammt.
Die mentale Einstellung, die notwendig sei, um mit einer gewissen Coolness an so große Wettkämpfe heranzugehen, hätten sie im Training geübt. „Außerdem wird man immer cooler, je mehr Regatten man hinter sich hat“, ist Moritz überzeugt. Große Erfolge haben die beiden bereits verbucht: Beim Eurocup im spanischen El Balis belegten sie als zweitbeste deutsche Crew Rang 26 – 61 Teams aus zwölf Nationen waren am Start.
Die Teilnahme an Olympischen Spielen steht auch für Florian und Moritz auf der Wunschliste. Jetzt aber stehen für die vier Nachwuchssegler, denen neben Schule, Training und Regattakalender für andere Hobbys nur wenig Zeit bleibt, große Termine an: Vom 19. bis 21. Mai hoffen sie auf perfekte Winde bei der YES, der Young Europeans Sailing, der Kieler Woche für den Nachwuchs.
Dann steht vom 16. bis 24. Juni das größte Segelevent der Welt, die Kieler Woche im Kalender und die Europameisterschaft in Helsinki vom 6. bis 12. August. Wer die 29er-Boote in der Region gerne einmal in Aktion sehen möchte, der hat die beste Gelegenheit dazu beim 29er Ammersee Cup beim Augsburger Segler Club am 13. und 14. Oktober.