Das lange Warten auf den Arzt
Gesundheit Ob in der Klinik-Notaufnahme oder beim Hausarzt: Überall sind Mediziner mit steigenden Patientenzahlen konfrontiert. Nun wollen sie neue Wege ausprobieren
Volle Wartezimmer, lange Terminlisten, überfüllte Notaufnahmen: Im deutschen Gesundheitssystem macht sich nicht nur der altersbedingte Wandel der Gesellschaft bemerkbar, der schon rein zahlenmäßig zu einem Anstieg der Behandlungen führt. Auch der Stress vieler Berufstätiger führt dazu, dass oft auch die Bereitschaft auf langes Warten auf einen Arzttermin sinkt. Dazu kommt ein Trend einer Verrohung von Teilen der Bevölkerung, der sich nicht nur in Gewalt gegenüber Polizeibeamten, Rettungskräften und Feuerwehrleuten äußert, sondern auch vor Krankenpflegepersonal und Medizinern nicht haltmacht.
Für all diese Themen sucht jetzt der Deutsche Ärztetag nach Antworten. In einigen Kliniken mit dramatisch gestiegenem Andrang gibt es inzwischen Sicherheitsdienste in Notfallambulanzen. „Manche Patienten werden teilweise sehr fordernd und aggressiv, wenn sie warten müssen und die Dringlichkeit der anderen Fälle nicht einschätzen können“, sagt Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Zwar könne man für manche Ungeduld Verständnis haben. Notaufnahmen seien aber für Schwerkranke da. „Andere müssen dann warten, weil wir nach Dringlichkeit vorgehen müssen und nicht nach dem Eintreffen.“
Dass Menschen schneller ins Krankenhaus gehen, habe sich schon seit längerer Zeit entwickelt. „Wir haben mehr ausländische Patienten mit anderen Gewohnheiten im Umgang mit medizinischen Strukturen“, erläuterte Montgomery. „Es gibt auch eine zunehmende Vereinzelung mancher Menschen, bei denen kein Partner mehr da ist, der nachts erst mal einen warmen Wickel macht oder beruhigende Worte spricht.“Der starke Andrang in den Notaufnahmen ist für viele Mediziner ein mehrfaches Problem: Das Klinikpersonal ächzt unter der zusätzlichen Belastung, wenn Patienten kommen, die eher ein Fall für den Haus- oder den niedergelassenen Facharzt wären. Und viele Fachärzte ärgern sich hinter vorgehaltener Hand über entgangene Einnahmen, wenn Notfallklinken Nicht-Akutfälle behandeln.
Dass viele Menschen eher direkt ins Krankenhaus gehen, habe man sich 20 Jahre angeguckt, sagt Ärztepräsident Montgomery. „Wir müssen einfach feststellen, dass Appelle und Hinweise nicht übermäßig viel gefruchtet haben. Darauf müssen wir jetzt reagieren.“Der Verbandschef wirbt für ein System gemeinsamer „Portalpraxen“von niedergelassenen und Krankenhaus-Ärzten, wie es sie beispielsweise am Augsburger Klinikum seit zweieinhalb Jahren gibt. „Wir könnten Patienten von vornherein klarer informieren und in die richtige Versorgungsstufe lenken. Dann werden sie auch von dem Arzt behandelt, dem dies am schnellsten möglich ist.“
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