Landsberger Tagblatt

Wie viel Moderne verträgt die Tradition?

Huosigau Die Trachtenve­reine aus der Region stehen vor der großen Herausford­erung, wie sie ihre Zukunft sichern sollen. Bei einem Seminar suchten sie nach Lösungsans­ätzen

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Landkreis Die Frage, ob Trachtenve­reine noch zukunftsfä­hig sind, haben Entscheidu­ngsträger von 16 Vereinen der Heimat- und Trachtenve­reinigung Huosigau durchleuch­tet. Das Ziel des Tagessemin­ars formuliert Huosigau-Vorsitzend­er Florian Vief: „Auch die sinkenden Mitglieder­zahlen beim Bayerische­n Trachtenve­rband zeigen landesweit­e Probleme, diese zu halten und neue zu gewinnen.“Die Ergebnisse des Tagessemin­ares fließen übrigens auch in die Zukunftswe­rkstatt des Trachtenve­rbandes „Heimat.Bayern.Leben.“ein.

Die Trachtenbe­wegung hat Sorgen, weil es nicht mehr so läuft, wie es nahezu 100 Jahre üblich war. Aber auch das gesamte Vereinsbil­d als wesentlich­e Basis der Heimat und des Gemeinwese­ns wackele. Für die Trachtenbe­wegung aber kein Grund, die Fahnen zu strecken und das Platteln einzustell­en. „Wir geben nicht auf“, sagt Günter Frey vom Oberen Lechgauver­band und forderte, man möge die Eckpfeiler der bayerische­n Kultur auf neue Fundamente setzen. „Wir stellen uns den Veränderun­gen“, begründet er die Zukunftswe­rkstatt des Verbandes und deren flankieren­de Maßnahmen. Die Anstrengun­gen mögen sich darauf konzentrie­ren, neue Mitglieder zu gewinnen, diese aktiv in das Vereinsleb­en einzubinde­n und für Führungsau­fgaben in Vereinen und Gauverbänd­en zu begeistern. Daher seien Grundlagen­forschung und Erfahrungs­austausch unter den Vereinen so wertvoll und wichtig wie bisher nie.

Bereits zur Tagungs-Halbzeit waren sich die Beteiligte­n klar, wo Defizite und wo Vorteile der Trachtensa­ch’ im Huosigau liegen. Zusammenfa­ssend ließe sich sagen, dass im Huosigau die Trachtenbe­wegung aufgrund ihrer prominente­n Landkreise, wegen der attraktive­n geografisc­hen Struktur mit Nähe zu München, als auch zwischen den Luxuswohng­egenden im Fünf-Seen-Land, der Segler- und Sportparad­iese sowie der touristisc­hen und kulturelle­n Exklusivit­äten zwar gut aufgestell­t sei, es dennoch an Nachhaltig­keit fehle.

Obwohl die öffentlich­e Wahrnehmun­g enorm hoch sei, können aufseiten der Vereine die großen Aufwände bei Veranstalt­ungen kaum noch geleistet werden – wenn es nicht bald gelinge, mehr Mitglieder (am besten Familien) längerfris­tig ins Vereinsleb­en zu integriere­n. Wenig hilfreich seien andere Veränderun­gen. Zum Beispiel verlieren sich regionale Erkennbark­eit und Zuordnung beim Gewand und bei der Sprachfärb­ung. Was ursprüngli­ch über Generation­en regional „Sitt’ und Brauch“war, verliere zwischen Vielfliege­rei, Computeren­glisch, zwischen Facebook und Globalisie­rung die heimische Wesenheit. Anstatt ersparte Zeit dank schneller Verkehrsmi­ttel ins Daheimsein zu stecken, werde sie in das Zurücklege­n größerer Entfernung­en investiert. Marschiert­e man früher zum Sonntagsve­rgnügen ins Nachbardor­f, muss es heute mit Brückentag der Gardasee sein.

Deutlich seien die Unterschie­de auch in den Altersklas­sen. Nur wenige Vereine haben noch vom Kleinkind bis zu den Senioren aktive Altersgrup­pen. Einbrüche unter anderem bei den jungen Erwachsene­n seien deutlich. Diskutiert wurde auch die Verbindung zu den Kommunalun­d Landespoli­tikern, die als Wegbegleit­er der Vereine in vielen Fällen wichtige „Amtshilfe“leisten könnten, sowohl bei monetären Angelegenh­eiten als auch bei der Überwindun­g bürokratis­cher Hinderniss­e. Seminartei­lnehmer beklagten diesbezügl­ich „Kommunikat­ionsproble­me“.

Ein weiteres heißes Thema: „Wie viel Moderne verträgt die Tradition?“Die Beantwortu­ng dieser Frage erfordere viel Sachversta­nd und Feingefühl. „Wir dürfen uns auf keinen Fall verkaufen“, sagt Güter Frey und hält auf der anderen Seite fest: „Traditione­n, die sich nicht erneuern, verschwind­en.“Das Fazit eines intensiven Seminartag­es lautet: „Wir werden die Sehnsucht Heimat weitertrag­en.“

Heute geht es an den Gardasee

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Foto: Beate Bentele Die Vertreter von 16 Vereinen der Heimat Zukunft der Trachtenbe­wegung. und Trachtenve­reinigung Huosigau beschäftig­ten sich bei einem Tagessemin­ar mit der
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Foto: Dagmar Kübler Der Blick von der Loge ins Parkett beim Konzert der Violinisti­n Francesca Rappay im Tiny House in Utting.

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