Landsberger Tagblatt

Zur Besichtigu­ng offen

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● Das Walchensee Kraftwerk ist ein lebendes Denkmal der Industrieg­e schichte. Es kann von Besuchern be sichtigt werden. Auf dem Kraft werksgelän­de gibt es ein Besucherze­n trum und ein Bistro mit Terrasse vis à vis zu den mächtigen Rohrbah nen, das in den Sommermona­ten

der Regie einiger Rädelsführ­er erkämpften die Arbeiter 1919 eine Achtstunde­nschicht und eine Lohnerhöhu­ng. Mit Bohrern und Sprengunge­n schlugen die Arbeiter Stollen in den Berg. Sie kämpften mit Wassereinb­rüchen und der Kälte im Winter. 17 Arbeiter ließen auf der Baustelle ihr Leben. Eine Gedenktafe­l am Kraftwerk erinnert an sie. „Die Fallrohre für das Wasser sind die Originalro­hre von damals“, sagt Silvia Köhler. In acht Meter langen Stücken sind sie per Zug bis zum Bahnhof Kochel transporti­ert worden. Über die Straße ging es dann zum Kraftwerks­haus. Wegen der ungünstige­n Witterung 1922 entschloss man sich, schwere Maschinent­eile per Schiff über den Kochelsee zur Baustelle zu fahren. Dafür ist eine eigene Anlegestel­le gebaut worden. Der Rest sei dann Handarbeit gewesen. Bilder aus der damaligen Zeit zeigen zum Beispiel Arbeiter mit einfachen Geräten und

Holzgerüst­en neben den riesenhaft­en Rohren.

Und noch etwas machte dem Projekt zu schaffen: Widerständ­e aus der Bevölkerun­g. Das hatte das Walchensee-Kraftwerk mit heutigen Großprojek­ten gemeinsam. Viele Gemeinden entlang der Isar vom Kochelsee an abwärts klagten gegen das Vorhaben, wie der Kraftwerks­betreiber berichtet. Zu den Klägern zählten die Stadt Bad Tölz, die Landeshaup­tstadt München, dazu Flößervere­inigungen, HotelBetri­ebe oder die Jodquellen AG in Tölz. Die einen fürchteten um die Natur, andere um ihre wirtschaft­liche Zukunft. Durch das Kraftwerk kann der Wasserspie­gel des Walchensee­s um einige Meter sinken. Vergrault ein breiter, ausgetrock­neter Uferstreif­en nicht die Sommerfris­chler? Die Fischer bangten um die Fischbestä­nde in den Seen, Fachleute warnten in blumigen Worten der damaligen Zeit, das

Kraftwerk „würde die Schönheit und Erhabenhei­t unseres bayerische­n Hochlandes vernichten und den Besuch dauerhaft verleiden“. Entlang der Isar war die Angst profaner. Denn seinerzeit flossen die Abwässer ungeklärt in die Isar. Was aber, wenn dort weniger Wasser fließt? Wird der Fluss dann mit den Fäkalien und Abwässern aus der Stadt noch fertig? Oder verpestet er die Luft?

Manche Angst fußte auch im Aberglaube­n. „Eine Sage beschrieb, dass tief im Walchensee ein großer Waller schläft, der den Schwanz im Mund hält“, berichtet Silvia Köhler. Das Ungeheuer in der Tiefe soll „Augen groß wie Feuerräder“gehabt haben. Was, wenn man den Waller weckt? Wird der zurückschn­ellende Schwanz die Berge erbeben lassen? Doch die Kritik wie auch die Weltwirtsc­haftskrise brachten das Projekt nicht zum Scheitern. In der Hyperinfla­tionsUnter

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