Die fleißigen Maurer und Zimmerleute
Serie (3) In Deutschland gibt es 61 Mauerbienenarten. Etwa 20 davon lassen sich auch gut in Insekten-Nisthilfen im eigenen Garten ansiedeln, ihr eigentlicher Lebensraum sind Löcher im Totholz
Landsberg Mauerbienen sind die typischen Bewohner von InsektenNisthilfen („Bienen-Hotels“), die man auch im eigenen Garten gezielt anlocken und fördern kann. Sie besiedeln jegliche Hohlräume an sonnigen Flächen, sei es in angebohrten Holzblöcken, Schilf- und Bambusröhrchen oder geeigneten Nistziegeln.
Natürlicherweise würden die Mauerbienen Löcher in besonntem Totholz besiedeln, also zum Beispiel Käferfraßgänge in Ästen und Baumstümpfen an Hecken und Waldrändern mit hohem Totholzanteil. Je nach Art werden unterschiedliche Lochdurchmesser und Tiefen bevorzugt. Denn es gibt winzige Mauerbienen wie die Kleine Glockenblumen-Scherenbiene (Osmia campanularum), die nur vier bis sechs Millimeter lang ist und Löcher von zwei bis drei Millimetern Durchmesser besiedelt. Ein Vielfaches größer ist die bis etwa 1,5 Zentimeter große Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), die Löcher von sieben bis neun Millimeter Durchmesser bevorzugt. Einige der größeren Mauerbienen-Arten der Insektennisthilfen sind in freier Natur Nachmieter von verlassenen Nisthöhlen, die andere Bienen im Vorjahr in Lehmsteilwänden angelegt haben.
Zwei typische Bienen, die im Frühjahr häufig an den Nisthilfen im Garten zu finden sind, oft sogar in großer Zahl, sind die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) und die Fuchsrote Mauerbiene (Osmia bicornis). Ab Anfang März kann man dort die Männchen vor den Nisthilfen fliegen sehen, die auf schlüpfende Weibchen warten, um sich dann sofort mit diesen am Boden zu paaren. Im Sommer häufige Bewohner an den Nisthilfen sind die Löcherbiene (Osmia truncorum) und die Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca).
Mauerbienen haben ihren Namen von ihrer Nestbauweise: In den Löchern werden die einzelnen Brutzellen aus feuchter Erde oder Lehm gemauert, am Ende wird das Loch mit diesem Material zugemauert. Einige Arten benutzen zum Mauern allerdings auch Baumharz oder zerkaute Pflanzenfasern. In die gemauerten Nistzellen trägt das Bienenweibchen einen Pollen-Nektar-Brei ein und legt ein Ei darauf. Die daraus schlüpfende Larve frisst den Pollenvorrat und verpuppt sich, im nächsten Jahr schlüpft dann die neue Mauerbienen-Generation. Bei einigen Arten können die Puppen in ihrem Kokon jedoch ein ganzes Jahr oder länger in den verschlossenen Nestern liegen, und schlüpfen dann erst Jahre später.
Woher weiß die in der Nistzelle geschlüpfte Biene eigentlich, in welcher Richtung der Ausgang liegt, sprich welche Seite des Verschlusses in der Röhre sie aufnagen muss? Die Lösung ist recht einfach: Beide Verschlüsse sind von innen nicht gleich, der Hintere zeigt mit einer glatten Oberseite nach innen (er wurde von der Mutterbiene beim Nestbau mit dem Kopf glatt gepresst). Der Vordere, in Richtung Ausgang, zeigt die raue („unverputzte“) Innenseite – und genau hier setzt die frisch geschlüpfte Biene an, um den Nestverschluss aufzubeißen.
Da die Männchen in den vorderen Nistzellen früher schlüpfen, ist in der Regel jeweils die vorher liegende Zelle schon leer, wenn die nachkommende Biene die Zwischenwand aufbeißt. Es kann jedoch auch zu „Staus“in den Niströhren kommen. Die ganz vorne liegende, zuerst schlüpfende Biene hat die schwierigste Aufgabe, denn sie muss den dicken Nestverschluss aufnagen – danach ist für alle nachkommenden schlüpfenden Bienen die Türe nach draußen schon einmal offen.
Alle Mauerbienen gehören zu den sogenannten Bauchsammlerinnen, das heißt, der Pollen wird nicht in Pollenhöschen an den Beinen transportiert (wie bei der Honigbiene), sondern in speziellen Haaren (der sogenannten Bauchbürste) auf der Unterseite des Hinterleibs. Es gibt bei den Mauerbienen Generalisten, die eine Vielzahl von verschiedenen Pflanzen als Pollenquelle nutzen können. Die Frühjahrsarten Gehörnte Mauerbiene und Fuchsrote Mauerbiene gehören dazu.
Im Sommer dagegen finden sich an den Nisthilfen meist die Spezialisten ein, die je nach Art nur wenige oder nur eine einzige Pollenquelle nutzen: Die Löcherbiene sammelt nur Pollen von gelben Korbblütengewächsen, die GlockenblumenScherenbienen nur an Glockenblumen, die Hahnenfuß-Scherenbiene nur an Hahnenfuß-Arten. Die Natternkopf-Mauerbiene hat nur eine einzige Pflanze, an der sie Futter sammelt: Sie braucht den Natternkopf, von dem es bei uns nur eine einzige Art gibt. Nur wo man im Hochsommer noch die blau blühenden Kerzen des Natternkopfes findet, kann diese Biene überleben.
Wie weiß die Biene, wo der Ausgang ist?