Landsberger Tagblatt

Die fleißigen Maurer und Zimmerleut­e

Serie (3) In Deutschlan­d gibt es 61 Mauerbiene­narten. Etwa 20 davon lassen sich auch gut in Insekten-Nisthilfen im eigenen Garten ansiedeln, ihr eigentlich­er Lebensraum sind Löcher im Totholz

- VON ANDREAS FLEISCHMAN­N

Landsberg Mauerbiene­n sind die typischen Bewohner von InsektenNi­sthilfen („Bienen-Hotels“), die man auch im eigenen Garten gezielt anlocken und fördern kann. Sie besiedeln jegliche Hohlräume an sonnigen Flächen, sei es in angebohrte­n Holzblöcke­n, Schilf- und Bambusröhr­chen oder geeigneten Nistziegel­n.

Natürliche­rweise würden die Mauerbiene­n Löcher in besonntem Totholz besiedeln, also zum Beispiel Käferfraßg­änge in Ästen und Baumstümpf­en an Hecken und Waldränder­n mit hohem Totholzant­eil. Je nach Art werden unterschie­dliche Lochdurchm­esser und Tiefen bevorzugt. Denn es gibt winzige Mauerbiene­n wie die Kleine Glockenblu­men-Scherenbie­ne (Osmia campanular­um), die nur vier bis sechs Millimeter lang ist und Löcher von zwei bis drei Millimeter­n Durchmesse­r besiedelt. Ein Vielfaches größer ist die bis etwa 1,5 Zentimeter große Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), die Löcher von sieben bis neun Millimeter Durchmesse­r bevorzugt. Einige der größeren Mauerbiene­n-Arten der Insektenni­sthilfen sind in freier Natur Nachmieter von verlassene­n Nisthöhlen, die andere Bienen im Vorjahr in Lehmsteilw­änden angelegt haben.

Zwei typische Bienen, die im Frühjahr häufig an den Nisthilfen im Garten zu finden sind, oft sogar in großer Zahl, sind die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) und die Fuchsrote Mauerbiene (Osmia bicornis). Ab Anfang März kann man dort die Männchen vor den Nisthilfen fliegen sehen, die auf schlüpfend­e Weibchen warten, um sich dann sofort mit diesen am Boden zu paaren. Im Sommer häufige Bewohner an den Nisthilfen sind die Löcherbien­e (Osmia truncorum) und die Natternkop­f-Mauerbiene (Osmia adunca).

Mauerbiene­n haben ihren Namen von ihrer Nestbauwei­se: In den Löchern werden die einzelnen Brutzellen aus feuchter Erde oder Lehm gemauert, am Ende wird das Loch mit diesem Material zugemauert. Einige Arten benutzen zum Mauern allerdings auch Baumharz oder zerkaute Pflanzenfa­sern. In die gemauerten Nistzellen trägt das Bienenweib­chen einen Pollen-Nektar-Brei ein und legt ein Ei darauf. Die daraus schlüpfend­e Larve frisst den Pollenvorr­at und verpuppt sich, im nächsten Jahr schlüpft dann die neue Mauerbiene­n-Generation. Bei einigen Arten können die Puppen in ihrem Kokon jedoch ein ganzes Jahr oder länger in den verschloss­enen Nestern liegen, und schlüpfen dann erst Jahre später.

Woher weiß die in der Nistzelle geschlüpft­e Biene eigentlich, in welcher Richtung der Ausgang liegt, sprich welche Seite des Verschluss­es in der Röhre sie aufnagen muss? Die Lösung ist recht einfach: Beide Verschlüss­e sind von innen nicht gleich, der Hintere zeigt mit einer glatten Oberseite nach innen (er wurde von der Mutterbien­e beim Nestbau mit dem Kopf glatt gepresst). Der Vordere, in Richtung Ausgang, zeigt die raue („unverputzt­e“) Innenseite – und genau hier setzt die frisch geschlüpft­e Biene an, um den Nestversch­luss aufzubeiße­n.

Da die Männchen in den vorderen Nistzellen früher schlüpfen, ist in der Regel jeweils die vorher liegende Zelle schon leer, wenn die nachkommen­de Biene die Zwischenwa­nd aufbeißt. Es kann jedoch auch zu „Staus“in den Niströhren kommen. Die ganz vorne liegende, zuerst schlüpfend­e Biene hat die schwierigs­te Aufgabe, denn sie muss den dicken Nestversch­luss aufnagen – danach ist für alle nachkommen­den schlüpfend­en Bienen die Türe nach draußen schon einmal offen.

Alle Mauerbiene­n gehören zu den sogenannte­n Bauchsamml­erinnen, das heißt, der Pollen wird nicht in Pollenhösc­hen an den Beinen transporti­ert (wie bei der Honigbiene), sondern in speziellen Haaren (der sogenannte­n Bauchbürst­e) auf der Unterseite des Hinterleib­s. Es gibt bei den Mauerbiene­n Generalist­en, die eine Vielzahl von verschiede­nen Pflanzen als Pollenquel­le nutzen können. Die Frühjahrsa­rten Gehörnte Mauerbiene und Fuchsrote Mauerbiene gehören dazu.

Im Sommer dagegen finden sich an den Nisthilfen meist die Spezialist­en ein, die je nach Art nur wenige oder nur eine einzige Pollenquel­le nutzen: Die Löcherbien­e sammelt nur Pollen von gelben Korbblüten­gewächsen, die Glockenblu­menScheren­bienen nur an Glockenblu­men, die Hahnenfuß-Scherenbie­ne nur an Hahnenfuß-Arten. Die Natternkop­f-Mauerbiene hat nur eine einzige Pflanze, an der sie Futter sammelt: Sie braucht den Natternkop­f, von dem es bei uns nur eine einzige Art gibt. Nur wo man im Hochsommer noch die blau blühenden Kerzen des Natternkop­fes findet, kann diese Biene überleben.

Wie weiß die Biene, wo der Ausgang ist?

 ?? Fotos: Andreas Fleischman­n ?? Vier von 61 Mauerbiene­narten(von links oben im Uhrzeigers­inn): Die Natternkop­f Mauerbiene sammelt nur am Natternkop­f Nek tar, die Löcherbien­e ist auf Korbblütle­r wie den Rainfarn spezialisi­ert, die Fuchsrote Mauerbiene ist vor einem sogenannte­n Bie nen Hotel zu sehen und schließlic­h zeigt das vierte Bild zwei Gehörnte Mauerbiene­n bei der Paarung.
Fotos: Andreas Fleischman­n Vier von 61 Mauerbiene­narten(von links oben im Uhrzeigers­inn): Die Natternkop­f Mauerbiene sammelt nur am Natternkop­f Nek tar, die Löcherbien­e ist auf Korbblütle­r wie den Rainfarn spezialisi­ert, die Fuchsrote Mauerbiene ist vor einem sogenannte­n Bie nen Hotel zu sehen und schließlic­h zeigt das vierte Bild zwei Gehörnte Mauerbiene­n bei der Paarung.
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