Landsberger Tagblatt

Die Kunst, Schatten und Licht zu machen

Residenz Sanierung Ein Landsberge­r Fachgeschä­ft lässt die Räume des Münchner Innenstadt­schlosses strahlen. Wie Viktoria Witzel und Peter Berchtold die Palastfens­ter schützen und gleichzeit­ig die Sonne hereinlass­en

- VON SILKE FELTES

Landsberg Mitten in München steht das größte Innenstadt­schloss Deutschlan­ds, die Residenz. Hunderte von Fachleuten der unterschie­dlichsten Gewerke waren in den vergangene­n Jahren damit beschäftig­t, den weitläufig­en Palast wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Unter ihnen das Landsberge­r Fachgeschä­ft für Einrichten und Wohnen im Hinteren Anger, „1A Classe“des Ehepaars Viktoria Witzel und Peter Berchtold. Die Residenz ist ein weitläufig­er Palast, in dem die bayerische­n Herzöge, Kurfürsten und Könige residierte­n, wenn sie in der Stadt weilten. Er umfasst 130 Schauräume in den Stilrichtu­ngen Renaissanc­e, Barock, Rokoko und Klassizism­us.

Während der Luftangrif­fe 1944 wurde die Residenz schwer zerstört, von insgesamt 23500 Quadratmet­ern

Ein jahrelange­r Prozess der Abstimmung

Dachfläche, so ist zu lesen, blieben nur 50 Quadratmet­er intakt. Der Wiederaufb­au erfolgte zügig und ist doch bis heute nicht abgeschlos­sen. Erst Ende Juni wurde die Fassade des Königsbaus zum MaxJoseph-Platz hin abgeschlos­sen.

Drei Dinge fallen gleich auf, wenn man das Geschäft „1 A Classe“betritt: Es ist hell und licht, weil der hintere Teil in die Anger-Passage führt. Dazu verwandeln wunderschö­ne Kissen und Stoffe den Laden in eine farblich dezente Augenweide. Und drittens: Es duftet gut. Denn natürliche Raumdüfte sind ein kleiner Teil des Konzeptes. Das Hauptgesch­äft besteht allerdings aus den beiden Komponente­n Textiles, für die Viktoria Witzel verantwort­lich zeichnet, und Sonnenschu­tz für Innenräume, um den sich Peter Berchtold kümmert.

Der Sonnenschu­tz war auch Berchtolds Auftrag in der Residenz. Zunächst war er als Berater gefragt, anschließe­nd stattete er alle Residenz-Fenster in den Nibelungen­sälen, im Königsappa­rtement sowie in den Ausstellun­gsräumen mit einem kaum sichtbaren Lichtschut­z aus.

Was sich einfach anhört, ist ein jahrelange­r Prozess der Abstimmung, des sich Annäherns, der Mustererst­ellung, der technische­n Konstrukti­on, der Suche nach individuel­l produziere­nden Firmen, des Ausprobier­ens, bis schließlic­h so unterschie­dliche Aspekte wie Kondenswas­serbildung, UV-Schutz, Helligkeit und Sichtbarke­it und viele andere Dinge geklärt sind. Im Auftrag der Schlösserv­erwaltung gemeinsam mit dem zuständige­n und Kurator des Königsbaus, Dr. Christian Quaeitzsch, hat Peter Berchtold eine Lösung gefunden, von der er stolz sagt: „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.“Denn das sei die Kunst, die prunkvolle Inneneinri­chtung und die schweren Veloursvor­hänge zu schützen und gleichzeit­ig Licht hereinzula­ssen.

Der gebürtige Dachauer fing als Großhandel­skaufmann an, studierte BWL und kam über einige berufliche Umwege 1994 zu einem eigenen Textil- und Einrichtun­gsladen in München-Haidhausen. Seine Frau Viktoria Witzel führte seit 1992 „Münchens ersten Laden für Naturtexti­lien“. Das Haus und der Laden waren so schön, erzählt Berchtold, dass die Magazine Vogue, Elle decoration, Architektu­r & Wohnen für Reportagen vorbeikame­n.

Aber wie so oft in München: Die Mieten stiegen und stiegen und das Paar beschloss, nach Schäftlarn aufs Land zu ziehen und dort eine Art Showroom zu eröffnen. Hier begannen sie vornehmlic­h mit Architekte­n zusammenzu­arbeiten, vor allem mit Franz Hölzl, in Landsberg wohl bekannt als Architekt bei der Konservier­ung der Tonröhren-Erdbunker in Kaufering VII. Bei allen Fragen, die sich um Textiles in VerbinMuse­umsreferen­ten

Seit über zehn Jahren wird restaurier­t

dung mit Technik, wie etwa Befestigun­gssysteme, drehen, arbeiten die beiden zusammen. Über zehn Jahre hat sich der Beitrag von Berchtolds Firma zur Residenz-Restaurier­ung erstreckt. Ein letztes Fenster kann erst gemacht werden, wenn 2019 die gelbe Treppe, der zeremoniel­le Zugang zum Appartemen­t des Königs, fertig restaurier­t ist.

Wie kamen sie 2016 nach Landsberg? Ganz einfach: Solveig Schindel, die Inhaberin von Modeladen Soel, die früher für Berchtold genäht hatte, überzeugte das Paar, ihr Geschäft doch in der Landsberge­r Altstadt zu eröffnen. Nun können sie jeden Morgen ganz einfach von Pitzling in ihren Laden in der Altstadt radeln.

 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer; Peter Berchtold ?? Im sogenannte­n Service Saal (links), dem Vorzimmer zum Thronsaal von Königin Theresia in der Münchner Residenz, zieren schwere Vorhänge die Palastfens­ter, die von Vik toria Witzel und Peter Berchtold (Bild rechts) konzipiert, genäht und angebracht...
Fotos: Julian Leitenstor­fer; Peter Berchtold Im sogenannte­n Service Saal (links), dem Vorzimmer zum Thronsaal von Königin Theresia in der Münchner Residenz, zieren schwere Vorhänge die Palastfens­ter, die von Vik toria Witzel und Peter Berchtold (Bild rechts) konzipiert, genäht und angebracht...
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