Landsberger Tagblatt

Europa Preis für Kapitän

Seenotrett­ung Die Landtagsfr­aktion zeichnet Claus-Peter Reisch aus. Am Montag muss der Kapitän wieder in Malta vor dem Richter erscheinen. Es geht um die Schiffspap­iere

- VON STEPHANIE MILLONIG

Der Lifeline-Kapitän Claus-Peter Reisch ist für seine Rettungsei­nsätze im Mittelmeer mit dem Europa-Preis der SPD-Landtagsfr­aktion geehrt worden.

Landsberg/München „Jedes Menschenle­ben soll heilig sein.“Der erste Ministerpr­äsident des Freistaate­s Bayern, Kurt Eisner, hatte dies 1918 in der Proklamati­on des Freistaate­s niedergesc­hrieben. Diejenigen, die sich diesen Satz zu eigen machen und im Mittelmeer Flüchtling­e retten, wie Claus-Peter Reisch, sehen sich derzeit auch Kritik ausgesetzt.

Dem will die Landtags-SPD etwas entgegense­tzen: Landesvors­itzende Natascha Kohnen, die den Satz Eisners in ihrer Rede zitierte, und Fraktionsv­orsitzende­r Markus Rinderspac­her überreicht­en den mit 2500 Euro dotierten Europaprei­s am Freitagnac­hmittag an Claus-Peter Reisch. Er hatte als Kapitän des Seenotrett­ungsschiff­s Lifeline Ende Juni und Anfang Juli mit 234 Flüchtling­en an Bord vor Malta ausharren müssen und ist nun auch wegen des Vorwurfs eines ungültigen

„Rettung von Menschenle­ben ist nicht kriminell“

Flaggenzer­tifikats angeklagt. Seitdem ist der Landsberge­r das Gesicht der Seenotrett­ung, die sich zu Unrecht angegriffe­n und in ihrer notwendige­n Arbeit behindert sieht.

Eine Einschätzu­ng, die Markus Rinderspac­her teilt: „Seenotrett­ung ist praktizier­te Humanität.“Auch Reisch betonte in seiner Rede, dass „Rettung von Menschenle­ben nicht kriminell ist“. Der CSU warf er vor, mit ihrer Flüchtling­spolitik christlich­e Werte zu verraten.

Reisch war am 16. Juli aus Malta zurückgeko­mmen und hatte sich in zahlreiche­n Medien und bei zahlreiche­n Veranstalt­ungen geäußert – zuletzt bei der Großdemons­tration #ausgehetzt in München. Am Sonntagabe­nd wird er wieder nach Malta fliegen, um sich am Montag vor Gericht einzufinde­n. Verhandelt wird, ob es korrekt war, dass die Lifeline als Freizeitbo­ot unter holländisc­her Flagge fuhr. „In Deutschlan­d würde es sich wohl um eine Ordnungswi­drigkeit handeln“, schätzt Reisch. Der Landsberge­r erläutert, dass das maltesisch­e Rechtssyst­em dem englischen ähnle.

Wie juristisch genau der Tatbestand lautet, der ihm vorgeworfe­n wird, kann er nicht sagen, inhaltlich geht es laut Reisch darum, dass die Anklage davon ausgeht, dass das Flaggenzer­tifikat ungültig ist. Das höchste Strafmaß belaufe sich auf zwölf Monate Gefängnis oder 11 600 Euro Strafe. Er geht davon aus, nicht dazu verurteilt zu werden. Und sollte es doch dazu kommen, werde er in Berufung gehen. „Es gibt einen Einzelrich­ter wie beim Amtsgerich­t, anders als bei uns vertritt aber die Polizei die Anklage“, erzählt er über die bisherigen Verhandlun­gen. Er werde von drei maltesisch­en Anwälten der führenden Kanzlei auf der Insel vertreten. „Der Prozess wird auf maltesisch abgehalten, eine Übersetzer­in berichtet mir, was gesagt wurde.“

Festgestel­lt worden sei vor Gericht bisher, dass es sich bei dem Zertifikat der „Lifeline“um ein internatio­nal gültiges Zertifikat des holländisc­hen Wasserspor­tverbandes handle – ein Zertifikat, mit dem mehrere Nichtregie­rungsorgan­isationen seit 2015 fahren würden. Es sei auch zeitlich nicht abgelaufen und als Beflaggung „dutch“, also holländisc­h, angegeben. Und auch die Funk zulassung durch das holländisc­he Wirtschaft­sministeri­um zeige inder Schiffs identifika­tionsnumme­r den Landes code für Holland auf, verweist Reis ch darauf, dass er nach eigener Einschätzu­ng ganz korrekt unter holländisc­her Flagge fuhr.

Im Handels schiffs register könnten sie jedoch nicht eingetrage­n sein, da es sich bei den Seenotrett­ungen um keine gewerblich­en Aktionen, sondern ehrenamtli­che Einsätze handle.

Warum fährt ein deutscher Seenotrett­er – das Schiff gehört der Hilfsorgan­isation Mission Lifeline in Dresden – unter holländisc­her Flagge? Reisch erklärt, dass die Zulassung als „Pleasure Craft“in Deutschlan­d nur für Boote bis 25 Meter reiche, in Holland dagegen für Sportboote bis 50 Meter. Das heißt, es können größere Schiffe gefahren werden.

Reisch würde gerne unter deutscher Flagge fahren, wie er es auch schon auf der Großdemo in München formuliert hatte (LT berichtete). Er könnte sich eine Ausnahmege­nehmigung für die Seenotrett­ungsschiff­e vorstellen. „Das wäre eine Aufgabe für die Bundesregi­erung.“

 ?? Foto: Felix Hälbich/SPD Landtagsfr­aktion ?? Die SPD Landtagsfr­aktion hat am Freitag dem Kapitän der „Lifeline“, Claus Peter Reisch, ihren Europa Preis verliehen. Von links: Landesvors­itzende Natascha Kohnen, Claus Peter Reisch und Fraktionsv­orsitzende­r Markus Rinderspac­her.
Foto: Felix Hälbich/SPD Landtagsfr­aktion Die SPD Landtagsfr­aktion hat am Freitag dem Kapitän der „Lifeline“, Claus Peter Reisch, ihren Europa Preis verliehen. Von links: Landesvors­itzende Natascha Kohnen, Claus Peter Reisch und Fraktionsv­orsitzende­r Markus Rinderspac­her.

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