Europa Preis für Kapitän
Seenotrettung Die Landtagsfraktion zeichnet Claus-Peter Reisch aus. Am Montag muss der Kapitän wieder in Malta vor dem Richter erscheinen. Es geht um die Schiffspapiere
Der Lifeline-Kapitän Claus-Peter Reisch ist für seine Rettungseinsätze im Mittelmeer mit dem Europa-Preis der SPD-Landtagsfraktion geehrt worden.
Landsberg/München „Jedes Menschenleben soll heilig sein.“Der erste Ministerpräsident des Freistaates Bayern, Kurt Eisner, hatte dies 1918 in der Proklamation des Freistaates niedergeschrieben. Diejenigen, die sich diesen Satz zu eigen machen und im Mittelmeer Flüchtlinge retten, wie Claus-Peter Reisch, sehen sich derzeit auch Kritik ausgesetzt.
Dem will die Landtags-SPD etwas entgegensetzen: Landesvorsitzende Natascha Kohnen, die den Satz Eisners in ihrer Rede zitierte, und Fraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher überreichten den mit 2500 Euro dotierten Europapreis am Freitagnachmittag an Claus-Peter Reisch. Er hatte als Kapitän des Seenotrettungsschiffs Lifeline Ende Juni und Anfang Juli mit 234 Flüchtlingen an Bord vor Malta ausharren müssen und ist nun auch wegen des Vorwurfs eines ungültigen
„Rettung von Menschenleben ist nicht kriminell“
Flaggenzertifikats angeklagt. Seitdem ist der Landsberger das Gesicht der Seenotrettung, die sich zu Unrecht angegriffen und in ihrer notwendigen Arbeit behindert sieht.
Eine Einschätzung, die Markus Rinderspacher teilt: „Seenotrettung ist praktizierte Humanität.“Auch Reisch betonte in seiner Rede, dass „Rettung von Menschenleben nicht kriminell ist“. Der CSU warf er vor, mit ihrer Flüchtlingspolitik christliche Werte zu verraten.
Reisch war am 16. Juli aus Malta zurückgekommen und hatte sich in zahlreichen Medien und bei zahlreichen Veranstaltungen geäußert – zuletzt bei der Großdemonstration #ausgehetzt in München. Am Sonntagabend wird er wieder nach Malta fliegen, um sich am Montag vor Gericht einzufinden. Verhandelt wird, ob es korrekt war, dass die Lifeline als Freizeitboot unter holländischer Flagge fuhr. „In Deutschland würde es sich wohl um eine Ordnungswidrigkeit handeln“, schätzt Reisch. Der Landsberger erläutert, dass das maltesische Rechtssystem dem englischen ähnle.
Wie juristisch genau der Tatbestand lautet, der ihm vorgeworfen wird, kann er nicht sagen, inhaltlich geht es laut Reisch darum, dass die Anklage davon ausgeht, dass das Flaggenzertifikat ungültig ist. Das höchste Strafmaß belaufe sich auf zwölf Monate Gefängnis oder 11 600 Euro Strafe. Er geht davon aus, nicht dazu verurteilt zu werden. Und sollte es doch dazu kommen, werde er in Berufung gehen. „Es gibt einen Einzelrichter wie beim Amtsgericht, anders als bei uns vertritt aber die Polizei die Anklage“, erzählt er über die bisherigen Verhandlungen. Er werde von drei maltesischen Anwälten der führenden Kanzlei auf der Insel vertreten. „Der Prozess wird auf maltesisch abgehalten, eine Übersetzerin berichtet mir, was gesagt wurde.“
Festgestellt worden sei vor Gericht bisher, dass es sich bei dem Zertifikat der „Lifeline“um ein international gültiges Zertifikat des holländischen Wassersportverbandes handle – ein Zertifikat, mit dem mehrere Nichtregierungsorganisationen seit 2015 fahren würden. Es sei auch zeitlich nicht abgelaufen und als Beflaggung „dutch“, also holländisch, angegeben. Und auch die Funk zulassung durch das holländische Wirtschaftsministerium zeige inder Schiffs identifikationsnummer den Landes code für Holland auf, verweist Reis ch darauf, dass er nach eigener Einschätzung ganz korrekt unter holländischer Flagge fuhr.
Im Handels schiffs register könnten sie jedoch nicht eingetragen sein, da es sich bei den Seenotrettungen um keine gewerblichen Aktionen, sondern ehrenamtliche Einsätze handle.
Warum fährt ein deutscher Seenotretter – das Schiff gehört der Hilfsorganisation Mission Lifeline in Dresden – unter holländischer Flagge? Reisch erklärt, dass die Zulassung als „Pleasure Craft“in Deutschland nur für Boote bis 25 Meter reiche, in Holland dagegen für Sportboote bis 50 Meter. Das heißt, es können größere Schiffe gefahren werden.
Reisch würde gerne unter deutscher Flagge fahren, wie er es auch schon auf der Großdemo in München formuliert hatte (LT berichtete). Er könnte sich eine Ausnahmegenehmigung für die Seenotrettungsschiffe vorstellen. „Das wäre eine Aufgabe für die Bundesregierung.“