Vater und Sohn steuern die Segelschule
Jubiläum Stefan Marx betreibt in Dießen die älteste Binnensegelschule Deutschlands. Am Wochenende feiert sie ihren 90. Jahrestag ihrer Gründung. Zur Flotte gehört auch ein königliches Boot
Dießen Das Segeln hat Stefan Marx als kleiner Bub gelernt. „Auf einem Pirat, einem kleinen Holzboot“, erinnert er sich an seine Anfänge zurück. Längst gibt er sein Wissen und seine Erfahrung an andere weiter. Seine Segelschule Marx in Dießen feiert in diesen Tagen ihr 90-jähriges Bestehen. Sie ist damit die älteste Binnensegelschule Deutschlands. Seit 2001 wird sie von Stefan Marx betrieben. Inzwischen ist mit seinem Sohn Niki auch schon die nächste Generation in das Familienunternehmen eingestiegen.
Gegründet hat die Segelschule 1928 der Sattlergeselle Heinrich Seidl, dem schon bald darauf im Dritten Reich schwere Zeiten bevorstanden. Die NS-Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“versuchte, den Segelbetrieb für politische Zwecke zu vereinnahmen. Vergeblich – Seidl weigerte sich, an diesem
Vater und Sohn sind mit Leidenschaft dabei
Unterfangen teilzunehmen. Er musste seine Schule verkaufen, konnte sie sich aber 1952 zurückholen und schrieb die Erfolgsgeschichte weiter. Es folgte die Zeit des Wirtschaftswunders, die Bundesrepublik Deutschland boomte, und immer mehr Aktivurlauber strömten an den Ammersee.
Im Alter von 85 Jahren übergab Heinrich Seidl 1991 den Familienbetrieb an seine Tochter Heide Tücking-Seidl, die diesen 2001 an Stefan Marx aus der Nachbargemeinde Utting verkaufte.
Seither sind Vater und Sohn mit Leidenschaft dabei, wenn es darum geht, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Freude am Segelsport näherzubringen, Luv und Lee zu erklären, das richtige Setzen der Segel zu vermitteln und vor allem die Einzigartigkeit des Ammersees zu zeigen.
Einzigartig ist aber nicht nur der See an sich, einzigartig ist auch ein Schiff, das sich in der Flotte der Segelschule befindet: die Albatros. Ein stattlicher Zweimaster, der ursprünglich als Einmast-Gaffelkutter Namen Skidbladnir trug und ein Geschenk des russischen Zaren Nikolaus II. an den damaligen württembergischen König Wilhelm II. war. Gebaut wurde das Flaggschiff der Marx’schen Flotte in der Hamburger Werft Max Oertz. Bis 1918 segelte sie unter königlicher Flagge auf dem Bodensee.
Nach dem Sturz der Monarchie wechselte die Jacht mehrfach den Besitzer. Heinrich Seidl entdeckte das Schmuckstück 1936, brachte es an den Ammersee und baute den Kutter zur Zweimast-Yawl um. Bis heute ist die Albatros in Betrieb, für Schulungsfahrten oder Ausflugsfahrten. „Das geht aber nur, weil wir immer wieder viel Zeit und auch Geld in die Restaurierung und Erhaltung dieses schönen Schiffes stecken“, sagt Marx.
Seit 2001 habe er schon um die 140 000 Euro in die Albatros investiert. Wer das Schmuckstück einmal aus nächster Nähe bewundern möchte, hat am kommenden Samstag Gelegenheit dazu. Dann nämlich wird der 90. Geburtstag der Segelschule gefeiert. Ab 13 Uhr steht das Schulgelände offen für jeden, der gratulieren und mitfeiern möchte. „Es gibt Kaffee und Kuchen, am Abend spielt eine Band auf dem Floß im See und es wird gegrillt“, verrät Marx, der, wenn er nicht geden rade sein Wissen an Schüler weitergibt, auch heute noch gerne selbst eine Runde segelt auf seinem Heimatsee. „Das geht aber nur abends oder bei Starkwind, wenn die Schüler nicht raus können“, verrät er im Gespräch mit dem Landsberger Tagblatt. Dann holt er gerne mal sein „Spaßboot“, wie er es nennt, hervor, die wendige Rennjacht Asso 99. Um dieses Schiff optimal ausreizen zu können, braucht es allerdings eine sechsköpfige Crew, von der
Manchmal holt er sein „Spaßboot“raus
drei Mitglieder im Trapez hängen können. Dann kann so ein Kielboot schon mal Geschwindigkeiten von über 20 Knoten, also rund 37 Stundenkilometer, erreichen.
Und wenn es beschaulicher zugehen soll, etwa bei schönem Wetter, leichter Brise und einem atemberaubenden Blick in Richtung Berge, dann ist die Nomade, ein schnuckeliges Kajütboot, die richtige Wahl. „Die kann man gemütlich zu zweit segeln“, sagt Marx. Jetzt aber wird erst einmal gefeiert. Und zwar am heutigen Samstag ab 13 Uhr. Auf dem Programm steht unter anderem auch eine Fotoausstellung mit Videoinstallation.