Im alten Wagner Haus gibt es Bücher und Bilder
Dorfleben Das Gebäude in der Eglinger Schulstraße hat viele Geschichten zu erzählen. Unter anderem wohnte einst ein geprüfter Blitzableitersetzer darin. Therese Grosswiele hat es vor dem Verfall gerettet und einen Laden darin eröffnet
Egling Dass vom ehemaligen Wagner-Haus heute eine Buddha-Statue hinüber auf die Kirche Sankt Vitus blickt, das ist für ein Dorf wie Egling schon ungewöhnlich; früher stand im Erker einmal ein Joseph mit Kind, gut sichtbar für alle Kirchgänger. Aber auch das Haus selbst und seine Besitzerin sind etwas Besonderes für die Paar-Gemeinde: Fast eineinhalb Jahrhunderte alt ist das Gebäude an der Schulstraße, in dem Therese Grosswiele jetzt ihren Laden für „Bücher und Dinge“eröffnet hat.
Früher lebte hier der Spenglermeister Ludwig Schuster; er wurde über hundert Jahre alt und war „geprüfter Blitzableitersetzer“, wie auf einem großen historischen Schild an
Der Spenglermeister suchte nach Wasseradern
der Hauswand zu lesen ist. „Auch als Rutengänger war er im Dorf unterwegs“, erzählt Grosswiele und holt eine historische Karte, die den von Schuster verzeichneten Verlauf der Wasseradern in Egling zeigt.
Möglichst viel Historisches hat die 62-Jährige auch bewahrt, nachdem sie das lange Zeit leerstehende Anwesen gekauft und in mühsamer Arbeit vor dem Verfall gerettet hatte. Es wird in der Gemeindechronik als Wagner-Haus geführt, weil es im 18. Jahrhundert den Berufsstand des Wagners beherbergte, und wurde um 1875 auf den Bauresten des durch Brand zerstörten Vorgängerbaus als zweigeschossiger Mittertennbau errichtet. Bei der behutsamen Sanierung blieben alte Steinfußböden, Türen und Zimmerdecken erhalten, die nicht nur das Denkmalamt begeisterten. An den Wänden der Toilette hängen unzäh- Schilder mit humorvollen Sprüchen. „Manche Leute haben zunächst schon etwas schräg geguckt und gemeint, das sollte man lieber alles wegreißen“, sagt sie, „aber ich habe eine Menge Herzblut und Geld in das Projekt reingesteckt – die meiste Arbeit sieht man gar nicht.“
Heute ist das Haus ein Schmuckstück, davor steht eine schöne alte Linde im gemütlichen Garten. Entschleunigung ist Grosswiele wichtig, denn sie war jahrelang im IT-Bereich tätig, hat unter Hochdruck ge- und ist dabei viel herumgereist. Zwei Räume bietet die Eigentümerin auf Internet-Portalen für Bed & Breakfast-Gäste an; so hatte sie in Egling bereits russische, ukrainische und amerikanische Besucher. Ursprünglich stammt die Betriebswirtin aus Westfalen, aber schon als Studentin kam sie nach Bayern. Weil ihre Töchter Pferde liebten, hat sie nicht nur den Kutschenführerschein gemacht, sondern auch ihren eigenen Verlag gegründet. Darin sind bisher zwei Bülige cher zum Thema Pferde und Reiten erschienen; eines schildert die Geschichte des Familien-Pferdes, das sie und ihre Töchter sich eines Tages kauften. Das andere plädiert dafür, Pferde wieder mehr in der Landwirtschaft einzusetzen.
Grosswiele ist auch künstlerisch tätig: Im Speicher des Wagner-Hauses lagern zahlreiche Bilder, die sie gemalt hat. „Platz gibt es ja mehr als genug.“Darum hat sie auch vor einigen Wochen ihr Wohnzimmer im Erdgeschoss zu einem kleinen Laarbeitet den umfunktioniert. Dort gibt es statt der früheren Eisenwaren „Bücher und Dinge“, so die Bezeichnung des Geschäfts.
Man findet unter anderem alte Postkarten mit den obligatorischen „Grüßen aus Egling“, Elfenfiguen, Jonglierbälle sowie originelle Geschenkideen. Für Musikliebhaber gibt es sogar Vinyl-Langspielplatten: Bach, Beethoven und Brahms sind ebenso im Angebot wie Al Jarreau, Jose Feliciano oder Stevie Wonder.