Hitzewelle macht Lebensmittel teurer
Wetter Milliardenschäden durch Trockenheit. Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt fordert Kurswechsel in der Klima- und Agrarpolitik
Berlin Noch mindestens bis Freitag soll die Hitzewelle weite Teile Deutschlands in Griff halten, doch schon seit April klagen viele Landwirte über ungewöhnlich trockenes Wetter. Nun wird absehbar, dass auch die Verbraucher die Folgen der schlechten Ernte in vielen Ländern Nordeuropas auch bei den Preisen zu spüren bekommen werden. Derzeit gehen beispielsweise wegen der Hitze die Milchmengen zurück.
„Wenn Milch knapp bleibt, werden die Preise wahrscheinlich auch steigen“, sagte Andreas Gorn von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. Dann dürften bei den Verhandlungen im Herbst zwischen Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel teurere Abschlüsse herauskommen, die sich auf den Handel auswirkten. Bei Butter, Milchprodukten und Käse seien die Preise schon gestiegen. Auch die Großhandelspreise für Kartoffeln sind diesen Sommer bereits auf den höchsten Stand seit fünf Jahren gestiegen.
Auch Blattsalate sind teilweise um 50 Prozent teurer als vergangenes Jahr. Beim Getreide gibt es gebietsweise größere Ernteausfälle und der Weltmarktpreis steigt. Dennoch lasse sich daraus nicht direkt auf die Mehlpreise schließen, die Verbraucher und Bäcker zahlen müssten, sagt der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Mühlen, Peter Haarbeck. Denn es gebe langfristige Lieferverträge, die stabile Preise garantieren sollen. Dennoch erwarten Landwirte Milliardenschäden durch die diesjährige Trockenheit. Bislang haben acht der 16 Bundesländer Dürreschäden von fast drei Milliarden Euro an die Bundesregierung gemeldet. Laut Bauernverband seien bereits etliche Betriebe in Existenznot.
Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, fordert im Montags-Interview unserer Zeitung einen Kurswechsel, der auch für die Nahrungsmittelproduktion gelten müsse. „Wir müssen umsteuern in der Landwirtschaft“, betont sie. „Aktuell muss den Bauern, die von der Dürre mit am heftigsten betroffen sind, geholfen werden“, sagt Göring-Eckardt. „Aber völlig klar ist auch, dass die industrielle Landwirtschaft nicht mehr weitermachen kann wie bisher.“Denn die Art der Landwirtschaft, wie sie in Deutschland mehrheitlich betrieben werde, heize die Klimakrise noch weiter an und sei noch dazu besonders anfällig für Folgen der Erderwärmung.
Göring-Eckardt kritisierte dabei insbesondere die Haltung des Bauernverbands: „Jedes Jahr mit anderer Begründung nach Nothilfe rufen, sich aber keinen Millimeter bewegen wollen, etwa wenn es darum
Deutschland hält eigene Klimaziele nicht ein
geht, von den anfälligen und bodenschädlichen Monokulturen wegzukommen oder einen Ausweg aus der Massentierhaltung zu finden, die unser Grundwasser belastet und grausam für die Tiere ist.“
Die größten Versäumnisse sieht die Grünen-Fraktionschefin jedoch bei der Großen Koalition: „Die Bundesregierung weicht ihrer internationalen Verantwortung zum Klimaschutz aus und hält noch nicht einmal ihre eigenen nationalen Ziele ein“, kritisierte Göring-Eckardt. Tatsächlich erwartet die Bundesregierung laut ihrem jüngsten Klimaschutzbericht, dass Deutschland sein Ziel der Kohlenstoffdioxid- Reduktion bis 2020 um acht Prozent verfehlen wird. „Was wir heute unterlassen, zwingt uns morgen zu immer radikaleren Maßnahmen, die Klimaerhitzung noch in den Griff zu bekommen“, warnte Göring-Eckhardt. Das ausführliche Interview am Montag lesen Sie auf Politik und eine Einschätzung im Kommentar.