Was im neuen Rentenpaket steckt
Hintergrund Wie Mütter von den Beschlüssen der Koalition profitieren. Die Beitragssenkungen aber sind nicht von Dauer
Berlin Manchmal kann es in der Politik auch ganz schnell gehen. Kurz nach Mitternacht legten die Parteiund Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD im Beisein des Finanz- und des Sozialministers ihren Konflikt um das Rentenpaket bei, und am Vormittag bereits stimmte das Bundeskabinett den Rentenplänen der Koalition zu. Gleichzeitig beschlossen die Koalitionäre eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Punkte von 3,0 auf 2,5 Prozent. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Ist die Union auf die Forderung von Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz eingegangen, das Rentenniveau bis zum Jahr 2040 dauerhaft bei 48 Prozent zu stabilisieren?
Nein. Schon vor dem Treffen hatten die Spitzen der Union unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie der erst vor wenigen Wochen eingesetzten unabhängigen Rentenkommission nicht zuvorkommen und deren Arbeit mit Vorgaben einschränken wollen. Die Kommission soll bis 2020 ein Gesamtkonzept entwickeln, wie die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge nach dem Jahr 2025 ausgestaltet werden soll. Insofern blieb es bei den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags, dass das Rentenniveau bis 2025 nicht unter den derzeitigen Stand von 48 Prozent sinken darf und gleichzeitig der Beitrag zur Rentenversicherung nicht über 20 Prozent, derzeit sind es 18,6 Prozent.
Verbesserungen gibt es bei der Mütterrente. Wie sehen diese aus?
Alle älteren Mütter, die vor 1992 Kinder auf die Welt gebracht haben, erhalten einen weiteren halben Rentenpunkt pro Kind und kommen somit auf 2,5 Rentenpunkte pro Kind, jüngere Mütter erhalten drei Punkte. Vom Tisch ist damit das Vorhaben, dass nur Mütter, die vor 1992 drei oder mehr Kinder geboren haben, den vollen dritten Punkt bekommen, damit wären Mütter mit einem oder zwei Kindern leer ausgegangen. Diese Regelung hätte möglicherweise gegen das Grundgesetz und dem Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.
Was bedeutet das für Mütter konkret?
Ein Rentenpunkt entspricht im Westen der Bundesrepublik 32 Euro (im Osten 30,70 Euro). Somit gab es bislang für ältere Mütter in der alten Bundesrepublik pro Monat eine zusätzliche Rente von 64 Euro für jedes vor 1992 geborene Kind. Nach der Vorgabe des Koalitionsvertrags hätten Mütter mit einem oder zwei Kindern unverändert 64 Euro erhalten, mit drei oder mehr Kindern hingegen 96 Euro pro Monat und Kind. Nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss gibt es nunmehr für alle Mütter 80 Euro pro Monat und Kind, bei vier Kindern sind dies 320 Euro. Von der Regelung profitieren etwa sieben Millionen Mütter, die zusätzlichen Kosten belaufen sich auf rund 3,7 Milliarden Euro.
Gibt es Kritik an diesen Plänen?
Die Wirtschaftsverbände kritisieren die hohen Kosten, die das gesamte Rentenpaket verursacht. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft verwies auf ein Prognos-Gutachten, wonach bis 2025 zusätzliche Kosten von insgesamt 48 Milliarden Euro entstünden, zwischen 2025 und
2045 würden die Nachwirkungen des Rentenpakets mit weiteren 239 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Die Beschlüsse gingen „vor allem zulasten künftiger Beitragszahler“, kritisierte Hubertus Pellengahr, der Geschäftsführer der Initiative. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte, das Rentenpaket sei unfair, „denn es wird auf die geburtenschwachen Jahrgänge unserer Kinder und Enkelkinder als milliardenschwerer Kostenbumerang zurückkommen“.
Gleichzeitig beschloss die Koalition eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Punkte. Was bedeutet das?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden bei den Sozialabgaben spürbar entlastet. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD eine Senkung um 0,3 Punkte von 3,0 auf 2,7 Prozent des Bruttolohns vereinbart. Doch angesichts der vollen Kassen der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit, deren Rücklagen sich auf über 20 Milliarden Euro belaufen, setzten sich CDU und CSU mit ihrer Forderung nach einem höheren Betrag durch.
Ist die Entlastung bei den Sozialabgaben dauerhaft?
Nein, denn CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn hat bereits angekündigt, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung im kommenden Jahr nicht um 0,3 Punkte, sondern um 0,5 Punkte auf dann 3,05 Prozent (Kinderlose 3,3 Prozent) steigen könnte, um die Reformen bei der Pflege zu finanzieren.