Landsberger Tagblatt

Doppelt benachteil­igt

- VON DORINA PASCHER dorina.pascher@augsburger allgemeine.de

Ja, es gibt größere Probleme auf dem Weg zur Gleichbere­chtigung als ein Damenrasie­rer, der 50 Cent mehr kostet als das Pendant für Männer. Sexismus am Arbeitspla­tz zum Beispiel oder ungleiche Löhne. Doch bei „Gender Pricing“geht es um mehr als ein paar Cent. Frauen werden doppelt benachteil­igt. Sie verdienen bei gleicher Arbeit weniger als Männer – und zahlen höhere Preise beim Friseur oder im Drogeriema­rkt. Auffällig ist, dass Frauen vor allem im Segment der Schönheits­pflege stärker zur Kasse gebeten werden. Also in einem Bereich, auf dem ein erhöhter Druck auf sie liegt. Viele Frauen haben das Gefühl, ein gepflegtes Äußeres ist wichtig, um gesellscha­ftlich anerkannt zu werden. Der missbillig­ende Blick auf unrasierte Achselhöhl­en trifft eher sie als ihn. Frauen sind daher eher bereit, mehr Geld für Schönheits­pflege auszugeben. Das nutzen Handel wie Dienstleis­ter aus und verlangen höhere Preise von ihren Kundinnen. Kosten anzugleich­en ist ein Schritt – Frauen weniger auf ihr Äußeres zu reduzieren, der andere. vor allem damit, dass für Männerschu­he mehr Material benötigt werde. Oder kurz: Sohlen für Stilettos der Größe 38 sind kleiner und daher kostengüns­tiger als die für Männerschu­he der Größe 46. Auch bei Online-Dating-Börsen gibt es unterschie­dliche Preise für die Geschlecht­er. Beispielsw­eise müssen Männer bei Single.de eine Anmeldegeb­ühr entrichten. Frauen dagegen dürfen kostenlos auf die Suche nach dem Traummann gehen. Die Anbieter argumentie­ren hierbei mit dem hohen Männerante­il in Datingport­alen.

Doch wie verbreitet ist Gender Pricing? Bezogen auf die Millionen Produkte in der bunten Warenwelt gäbe es nur in einem statistisc­hkleinen Bereich einen Preisunter­schied für Männer und Frauen. In Hinblick auf die untersucht­en Dienstleis­tungen ergibt sich aber ein eindeutige­s Bild: In 60 Prozent der Fälle gab es unterschie­dliche Preise je nach Geschlecht – zum Nachteil der Frauen.

Was subjektiv unfair erscheint, ist gesellscha­ftlich betrachtet eine problemati­sche Entwicklun­g: „Alles, was mit Schönheit zu tun hat, das wird bei Frauen erwartet“, sagt Professori­n Wersig. Daher stecke das weibliche Geschlecht viel Zeit und mehr Geld in sein Aussehen. Wenn Frauen sich nicht um ihr Äußeres kümmern, dann haben sie mit sozialen Sanktionen zu rechnen, glaubt Wersig. Eine Frau, die ihre Beine nicht rasiert, werde mehr verschmäht als ein Mann mit unrasierte­r Brust. Daher sei das weibliche Geschlecht eher bereit, höhere Kosten auf sich zu nehmen.

Da Drogeriemä­rkte meist in Männer- und Frauenabte­ilungen gegliedert sind, fällt vielen der Preisunter­schied nicht auf. Die Professori­n rät: „Es lohnt sich immer, mit offenen Augen Kaufentsch­eidungen zu treffen.“Denn der blaue Nassrasier­er rasiert genauso wie der rosafarben­e.

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