Lehrlinge sind unzufrieden
Azubis klagen über hohen Arbeitsdruck
Berlin Regelmäßige Überstunden und ständige Erreichbarkeit setzen laut einer neuen Studie hunderttausende Auszubildende in Deutschland unter Druck. Zwar ist mit 70,2 Prozent die große Mehrheit der Azubis mit ihrer Lehre zufrieden, doch handelt es sich um den niedrigsten Wert seit Beginn der jährlichen Erhebungen vor 13 Jahren. Das geht aus dem Ausbildungsreport 2018 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor.
Laut Bundesagentur für Arbeit waren bis Juli 531426 Lehrstellen und 501 878 Interessenten gemeldet. Mehr als ein Drittel der Befragten musste nach eigenen Angaben regelmäßig Überstunden leisten (36,3 Prozent). Anders als gesetzlich vorgeschrieben bekommen 13 Prozent dieser Azubis die Überstunden nicht bezahlt oder zeitlich ausgeglichen. Von 54,4 Prozent wird erwartet, außerhalb der Ausbildungszeiten mobil erreichbar zu sein. Bei jedem Dritten fehle der gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsplan, der die Gliederung der Lehre regeln soll und die Inhalte so überprüfbar macht. Probleme gebe es vor allem bei kleineren Betrieben und im Handwerk. Laut DGB-Report bewerten angehende Hotelfachleute, zahnmedizinische Fachangestellte, Einzelhändler, Tischler und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk ihre Ausbildung überdurchschnittlich schlecht.
Berlin Druck vom Chef, Überstunden, lange Arbeitstage – viele Azubis in Deutschland klagen über Stress im Job. Das zeigt der Ausbildungsreport 2018, den die Jugendabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Start des Ausbildungsjahrs am Montag vorgestellt hat. Über Monate waren fast 15 000 Azubis befragt worden.
Welche Sorgen haben Azubis mit ihren Arbeitszeiten?
Regelmäßig Überstunden müssen 36,3 Prozent der Azubis leisten. 13 Prozent von ihnen bekommen sie nicht bezahlt oder zeitlich ausgeglichen – obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist. Ein Viertel der Azubis arbeitet in Schichten, und bei der Hälfte von ihnen wird nach eigenen Angaben die vorgeschriebene Ruhezeit von elf Stunden nicht eingehalten. Bei 54,4 Prozent der Azubis erwarten die Chefs mobile Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten.
Sind die Azubis überwiegend unzufrieden mit ihrer Lehre?
Nein. Insgesamt waren laut Ausbildungsreport 2018 rund 70,2 Prozent der Azubis mit ihrer Lehre sehr zufrieden oder zufrieden. In den vergangenen Jahren aber lagen die Werte etwas höher und pendelten zwischen 71,4 und 73 Prozent.
Wo gibt es die meisten Probleme?
Angehende Hotelfachleute, zahnmedizinische Fachangestellte, Einzelhändler, Tischler und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk bewerten ihre Lehre laut DGB-Report überdurchschnittlich schlecht. Besonders gut schneiden dagegen Ausbildungen zu Verwaltungsfachangestellten ab, zu Mechatronikern, Industriemechanikern und Elektronikern für Betriebstechnik.
Wie ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt aktuell?
Die Bundesagentur für Arbeit erwartet, dass es 2018 wohl erstmals seit Jahren weniger Bewerber als Stellen in der betrieblichen Ausbildung gibt. So wurden bis Juli 531426 Lehrstellen fürs neue Ausbildungsjahr gemeldet, aber nur 501 878 Interessenten. Denn die Schülerzahlen sinken – der Bedarf der Firmen an Mitarbeitern steigt. Die beliebtesten Ausbildungen: eine Lehre im Einzelhandel, als Kaufleute für Büromanagement, Verkäufer, Kraftfahrzeugmechatroniker und Industriekaufleute.
Wie viele Bewerber blieben vergangenes Jahr unversorgt?
Laut Berufsbildungsbericht waren es 24000. Dabei stieg die Zahl der Ausbildungsverträge um 3000 auf 523300. Weniger als jeder fünfte Betrieb bildet aus. Die Zahl der unbesetzt gebliebenen betrieblichen Ausbildungsstellen stieg auf knapp 49 000.
Was fordert der DGB?
DGB-Vize Elke Hannack dringt darauf, dass der Bund Dampf macht mit der Reform des Berufsbildungsgesetzes. „Dreh- und Angelpunkt für eine moderne Berufsbildung sind gute und engagierte Ausbilderinnen und Ausbilder in den Betrieben“, sagt sie. Sie müssten durch ein Recht auf Weiterbildung gestärkt werden. Als Mindestvergütung für Azubis fordert der DGB im ersten Ausbildungsjahr 635 Euro im Monat, im zweiten Jahr 696 Euro und im dritten Jahr 768 Euro. Laut Ausbildungsreport gibt es große Branchenunterschiede: Für angehende Tischler gebe es 573 Euro im ersten Jahr, für Friseure nur 406 Euro. Weit besser schneiden etwa Bankkaufleute mit 1028 Euro im dritten Lehrjahr ab oder Verwaltungsfachangestellte mit 1014 Euro.