Alles außer gewöhnlich
Ellinor Holland Kunstpreis Die Gruppe Randerscheinungen: Kunst als Zufluchtsort
Vor sechs Jahren, 2012, sind zwei junge Männer angetreten, die doch sehr arrivierte Landsberger Kulturszene mit queeren Inhalten aufzumischen. „Queer“sind in der Regel Dinge, Handlungen oder Personen, „die von der Norm abweichen“und den gesellschaftlichen Mainstream infrage stellen. Der Name der Gruppe ist „Randerscheinungen“. Ihr Projekt ist für den Ellinor Holland Kunstpreis nominiert. Der Preis wird im Rahmen der Langen Kunstnacht am Samstag, 15. September, ab 19 Uhr im Landsberger Stadttheater verliehen.
Nach eigenen problematischen Erfahrungen in der Jugend und einem schwierigen Coming-Out haben Maximilian Huber (alias Max von Theben) und Julian Pietsch das „Projekt Randerscheinungen e.V.“gegründet. 2013 kam ihr erstes Stück gleichen Namens auf die Bühne, episodische Szenen rund um die Themen Homo- und Transsexualität sowie Behinderung. Im folgenden Jahr bereits das nächste Stück: „Der verdorbene Apfel“(Thema: Kleinbürgertum und Transsexualität). 2015 beschäftigte sich der „Gott der Träume“mit Lebensentwürfen und deren Scheitern.
Zum fünften Jubiläum 2017 dann ein experimentelles Trash-Stück über „den Abschaum der Gesellschaft“im Stück „Badehaus Boudoir“. Obwohl theaterlastig, ist der Anspruch von „Randerscheinungen“doch größer: Gleich welche Spielart außerhalb der Heteronormativität, gleich welcher Lebensentwurf außerhalb des Mainstreams – das Empfinden von Ausgrenzung und Ablehnung ist immer subjektiv. Selbst in einer scheinbar liberalen Gesellschaft kann sich der oder die „Andersartige“schnell fremd und verloren vorkommen. Beispielsweise gibt es in Landsberg, so erläutert Max von Theben, keinerlei Angebote für junge Schwule, geschweige denn für Transsexuelle, kein Café, keine Beratungsstelle, keinen Club. Man fährt nach München oder Augsburg. „Randerscheinungen“möchte all denen eine Bühne bieten, so von Theben: Kunst als Zufluchtsort, Theater als Therapie.
Da alle Stücke und Projekte ehrenamtlich und neben dem Studium beziehungsweise Hauptberuf gestemmt werden, ist das politische Engagement der Truppe bislang eher gering. Aber wer Max von Theben kennenlernt, merkt schnell, da wird noch viel kommen. Zurzeit arbeitet der Sozialpädagoge in der Jugendarbeit der Stadt Dachau.
Für sein neuestes Kunstprojekt „Mandragora“hat sich Max von Theben von der schwedischen Avantgarde-Popsängerin und Performancekünstlerin „Fever Ray“alias Karin Dreijer inspirieren lassen. Alle Stücke schreibt, inszeniert und leitet er als Regisseur selbst. Julian Pietsch steht als Produzent und Organisator im Hintergrund. Dazu kommt ein Team an Unterstützern. „Ohne meine Eltern, meine Schwester und meine Freunde“, sagt von Theben, „wäre das Projekt nicht denkbar.“Gedreht wurde auch in Sandau. Souhaila Amade, Regina Kläger, Norbert Waldmann, Judith Huber, Mark Oswald, Uli Geske, Tine Polzer, Lydia Dittlein und Emanuel Kasprowicz waren als Schauspieler dabei. Unterstützung gab es von Ludwig und Lorenz Sitzelsberger (Kamera) sowie Lukas Budweiser (Maske). „Mandragora“will in eine fremde Welt aus mysteriösen Klängen und wilden Kreaturen entführen und mit Bildern und Musik berühren. Der Zugang zum Stück führe nicht über den Verstand, sondern über das Fühlen, so von Theben.
Kunstnacht Die nominierten Künstler werden in Porträts im Landsberger Tagblatt vorgestellt. Karten für die Ellinor Holland Kunstpreisgala gibt es im Stadttheater Landsberg im Theaterbüro und im Reisebüro Vivell. (Ticketservice des LT: 08191/917412).