Mit der Körperwehr gegen Krebs
Medizin-nobelpreis für Immun-therapien
Stockholm Zwei Krebsforscher teilen sich den diesjährigen Nobelpreis für Medizin. Der Us-wissenschaftler James Allison von der Universität Texas und der japanische Forscher Tasuku Honjo von der Universität Kyoto werden für ihre Impulse zur Entwicklung der Krebsimmuntherapie ausgezeichnet, wie das Nobel-komitee gestern in Stockholm erklärte. Die beiden Wissenschaftler teilen sich das Preisgeld von neun Millionen schwedischen Kronen (870.000 Euro). „Durch die Stimulierung der Fähigkeit unseres Immunsystems, Krebszellen anzugreifen, haben die diesjährigen Nobelpreisträger ein ganz neues Verfahren der Krebsbehandlung begründet“, hieß es in der Begründung des Nobel-komitees.
Immuntherapien helfen bei weitem nicht allen Krebs-patienten, und doch können sie Menschen retten, die sonst kaum eine Chance hätten. „Früher gab es drei Säulen in der Krebstherapie: Operation, Strahlentherapie und Chemotherapie. So sagte es Nobelpreisträger James Allison selbst einmal. Mittlerweile aber habe man eine vierte Säule – die Immuntherapie. Angewendet wird sie derzeit vor allem beim Melanom, also beim Schwarzem Hautkrebs – aber auch bei manchen Tumoren von Lunge, Niere und Blase sowie beim Hodgkin-lymphom, einem Tumor des Lymphsystems.
Im Gegensatz zur Chemo- oder Strahlentherapie zielt die Immuntherapie nicht direkt auf den Tumor ab. Stattdessen soll sie das Immunsystem des Patienten dazu bringen, den Krebs zu bekämpfen. Die Anfänge reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück: Schon in den 1860er Jahren berichtete der Bonner Chirurg Wilhelm Busch von einer Frau, deren Tumor nach einer Infektion schrumpfte. In den 1890er Jahren dann injizierte der New Yorker Chirurg William Coley abgetötete Bakterien – sogenannte Coley-toxine – in Tumore. Die Behandlung führte zu Fieber und half auch einigen Patienten.
Doch dann ließ die aufkommende Chemotherapie die Immuntherapie lange in den Hintergrund treten – bis in die 1980er Jahre. Inzwischen sind die Mechanismen von Coleys Versuchen weitgehend verstanden: Bestimmte Bakteriengifte im Tumor können die Körperabwehr stimulieren, sodass sie den Krebs angreift. Zur Klärung der Frage, wie man das ungemein komplizierte Immunsystem stärker gezielt einsetzen kann, trugen Honjo von der Universität Kyoto und Allison vom MD Anderson Cancer Center in Houston entscheidend bei. Unabhängig voneinander entwickelten beide in den 1990er Jahren die Grundlagen der sogenannten Checkpoint-therapie, der am weitesten entwickelten Immuntherapie.
Die Checkpoints kommen auch den Tumoren zugute
Sie basiert darauf, dass die T-zellen des Immunsystems einen Tumor gewöhnlich nur kurz angreifen, bevor sich die Reaktion abschwächt. Ein Grund für diese Immuntoleranz sind molekulare Bremsen auf den T-zellen – die Checkpoints. Diese sollen eigentlich eine überbordende Immunreaktion verhindern, kommen aber auch Tumoren zugute.