Strategisch wählen?
Wohl selten war eine Landtagswahl in Deutschland so überfrachtet mit Erwartungen wie die Bayernwahl an diesem Sonntag. Kein Mangel an großsprecherischen Prädikaten: „Historisch“, „erdrutschartig“, „einschneidend“, so heißt es, werde dieser Urnengang – noch bevor etwas passiert ist. Kann so werden. Oder eben nicht. Denn Mangel herrscht eben auch an Entschlossenheit: Über die Hälfte aller Stimmberechtigten soll bis vor kurzem noch unentschlossen gewesen sein, wem sie ihre Stimme denn geben sollen. Auf diese wabernde Mehrheit setzt darum auch die CSU, will so alle Auguren und Orakeln ein Schnippchen schlagen und aus vorhergesagten 33 Prozent doch noch eine absolute Mehrheit zaubern.
Und damit sind wir beim Problem: Es scheint zwar sehr wahrscheinlich, dass wir künftig von einer Koalition regiert werden. Aber von welcher?
Inzwischen glauben ja manche, es sei sogar eine bayerische Landesregierung ohne Beteiligung der CSU denkbar. Aber auch sonst sind so viele Farbspiele möglich, dass sich die Frage mit dem strategisch Wählen von selbst erledigt. Stichwort: ungewollte Nebenwirkungen. Wer eigentlich Partei A gut findet, aber Partei B wählt, kann ziemlich auf die Nase fallen, wenn ganz viele andere genauso denken. Denn das ist ja die Krux: Man weiß nie, wie die anderen rund neuneinhalb Millionen wirklich so abstimmen. Werfen sich am Stammtisch und bei der statistischen Umfrage ordentlich für die eine Partei ins Zeug – und machen ihr Kreuz dann heimlich doch dort, wo sie es schon immer gemacht haben. Wahlen sind auch Gewissensentscheidungen. Und da kann man sich auf Dauer nicht verbiegen. Weil für das Ergebnis, das dann rauskommt, ist man ja auch mit verantwortlich.