Man brauchte gutes Schuhwerk für diese Nacht
Die Musiknacht Dießen hatte Glück mit dem Wetter und vielen Musikstationen, die lohnten hinzuhören
Dießen Johannes Dornhofer scheint bereits seit Längerem einen direkten Draht zu Petrus, dem himmlischen Wettergestalter, zu besitzen. Der 56-jährige, am Ort lebende Co-organisator der „Musiknacht Dießen“, stellte diese Mutmaßung auch am Samstag wieder eindrucksvoll unter Beweis. Denn die mittlerweile etablierte Veranstaltung bekam herrliche Temperaturen mit auf den Weg durch die Nacht: Perfekter Hintergrund für diese einzigartige Musikveranstaltung.
Die Grundidee des Spektakels überzeugt zum inzwischen siebten Mal: Für den Erwerb eines Bändchens hat der Besucher die Möglichkeit, ein Dutzend Künstler in ebenso vielen Locations live zu bestaunen. Künstler, deren Sound-ausrichtung unterschiedlicher nicht sein könnte. Rock, Jazz, Soul, Rock, Reggae, Folk und einiges mehr – alles im Angebot. Genau diese turbulente Stilvielfalt zeichnet diese Institution aus.
Die Zahl der verkauften Bändchen ist auf 1500 Stück limitiert. Mehr wollen Dornhofer und sein Kompagnon Claus Lehmann nicht in den Handel bringen, ansonsten ginge ihrer Überzeugung nach das unbekümmerte Flair des Events verloren. Damit die Eintrittspreise konstant niedrig bleiben, dafür sorgt in erster Linie der Umstand, dass die „Musiknacht“seit jeher von Sponsoren finanziert wird.
Denn das Konzept sieht vor, dass jeder beteiligte Artist über die Nacht verteilt vier Sets á 45 Minuten absolviert, dazwischen Pausen von 15 Minuten einlegt, in denen die Besucher entweder zum nächsten Schauplatz weiterziehen. Oder aber auf ein Getränk bzw. einen Snack verweilen kann. Das Reporterteam, Fotografin und Autor, bahnte sich wagemutig und unbeirrt seihier nen Weg von oben (Augustinerberg) nach unten ins Herz von Dießen (= Mühlstraße). Zwölf Stationen in knapp fünf Stunden, um möglichst viele Eindrücke zu sammeln - das bedurfte eines ordentlichen Schuhwerks. Doch die vielen gelaufenen Schritte würden sich auszahlen, denn es ergoss sich ein wahres Füllhorn an unterschiedlichsten Klängen auf die Flaneure. In ganz Dießen lag Musik in der Luft, in dieser herrlich klaren Oktober-nacht. Mit dem „Atelier Inge Frank“, dem „M2 Café & Bar“sowie „Jörg’s Kaffeewerkstatt“gab es im Vergleich zum Vorjahr drei neue Locations. Sieben Bands bzw. Solokünstler traten zum ersten Mal im Rahmen dieser Veranstaltung ins Licht der Dießener Öffentlichkeit. ein Auszug aus dem Programm. Los ging es für das Team Punkt Acht im „Schützengarten“. Dort gaben sich Die Plomaten ein Stelldichein. Das Sextett aus Schongau überzeugte mit meist deutschsprachigem Hip-hop, wobei Popund Rock-elemente á la Selig oder Element Of Crime gleichfalls Widerhall fanden. Ansonsten fühlte man sich an Casper oder Die Fantastischen Vier erinnert. Im „Autohaus Schürer“war wie stets gute Laune pur angesagt. Dafür sorgte die zehnköpfige Beinahe-bigband Definitely Soul.
Sie steht für Jazz-rock-pop - und wie der Name schon suggeriert Soul der alten Schule, Aretha Franklin oder Amy Winehouse ließen allerorten herzlichst grüßen. Das „Jugendzentrum“bot vor allem Ohrenschmaus für die minderjährigen Besucher. Das Duo Stamina-crew, bestehend aus einem Südamerikaner und einem Burschen aus den Seychellen, beide in Starnberg zu Hause, überzeugte mit einem gelungenen Mix aus Latin-sound, Reggae, Rap und Pop. Der „Maurerhansl“wartete mit der Besserwisser Blues Band auf. Das Quintett hatte Swamp-sound á la CCR im Angebot, passend mit derber Mundharmonika unterlegt. Am Ende des ersten Auftritts meinte der Sänger grinsend: „Kommt wieder, wir haben noch drei Sets vor uns, wir werden jedes Mal besser.“Einer der absoluten Höhepunkte des Festivals, zumindest für die feinfühligen Besucher, war der Gig im „Atelier Inge Frank“.
Dort zu Gast war der lettische Sänger und Gitarrist Reinis Young. Der schlaksige 30-Jährige aus Riga erinnerte in seiner Intensität an ganz Große wie Leonard Cohen, Tim Buckley oder John Martyn. Ganz andere, aber nicht weniger mitreißende akustische Baustelle im „Unterbräu“. Hier flogen die Petticoats zur donnernden Musik des Vierers Rootbootlegband. Wilder Rock & Roll ganz im Sinne von Elvis Presley oder Gene Vincent.
Schließlich noch um kurz vor Mitternacht ein Abstecher ins „Blaue Haus“, das sich an diesem Abend „Haus Café“nannte. Das Markus Minarik Trio servierte Fusion-jazz, -Soul und -Pop vom Allerfeinsten. Bestehend aus einem österreichischen Keyboarder/sänger, einem Dießener Bassisten und einem Schlagzeuger aus Detroit, nahm der Dreier sich Kompositionen von unterschiedlichen Autoren wie Sammy Davis Jr., Prince oder Pink Floyd vor. Und landete doch stets im herrlich sentimentalen Daunenbett des Jazz.
In Dießen lag die Musik in der Luft