Landsberger Tagblatt

Man brauchte gutes Schuhwerk für diese Nacht

Die Musiknacht Dießen hatte Glück mit dem Wetter und vielen Musikstati­onen, die lohnten hinzuhören

- VON MICHAEL FUCHS-GAMBÖCK

Dießen Johannes Dornhofer scheint bereits seit Längerem einen direkten Draht zu Petrus, dem himmlische­n Wettergest­alter, zu besitzen. Der 56-jährige, am Ort lebende Co-organisato­r der „Musiknacht Dießen“, stellte diese Mutmaßung auch am Samstag wieder eindrucksv­oll unter Beweis. Denn die mittlerwei­le etablierte Veranstalt­ung bekam herrliche Temperatur­en mit auf den Weg durch die Nacht: Perfekter Hintergrun­d für diese einzigarti­ge Musikveran­staltung.

Die Grundidee des Spektakels überzeugt zum inzwischen siebten Mal: Für den Erwerb eines Bändchens hat der Besucher die Möglichkei­t, ein Dutzend Künstler in ebenso vielen Locations live zu bestaunen. Künstler, deren Sound-ausrichtun­g unterschie­dlicher nicht sein könnte. Rock, Jazz, Soul, Rock, Reggae, Folk und einiges mehr – alles im Angebot. Genau diese turbulente Stilvielfa­lt zeichnet diese Institutio­n aus.

Die Zahl der verkauften Bändchen ist auf 1500 Stück limitiert. Mehr wollen Dornhofer und sein Kompagnon Claus Lehmann nicht in den Handel bringen, ansonsten ginge ihrer Überzeugun­g nach das unbekümmer­te Flair des Events verloren. Damit die Eintrittsp­reise konstant niedrig bleiben, dafür sorgt in erster Linie der Umstand, dass die „Musiknacht“seit jeher von Sponsoren finanziert wird.

Denn das Konzept sieht vor, dass jeder beteiligte Artist über die Nacht verteilt vier Sets á 45 Minuten absolviert, dazwischen Pausen von 15 Minuten einlegt, in denen die Besucher entweder zum nächsten Schauplatz weiterzieh­en. Oder aber auf ein Getränk bzw. einen Snack verweilen kann. Das Reporterte­am, Fotografin und Autor, bahnte sich wagemutig und unbeirrt seihier nen Weg von oben (Augustiner­berg) nach unten ins Herz von Dießen (= Mühlstraße). Zwölf Stationen in knapp fünf Stunden, um möglichst viele Eindrücke zu sammeln - das bedurfte eines ordentlich­en Schuhwerks. Doch die vielen gelaufenen Schritte würden sich auszahlen, denn es ergoss sich ein wahres Füllhorn an unterschie­dlichsten Klängen auf die Flaneure. In ganz Dießen lag Musik in der Luft, in dieser herrlich klaren Oktober-nacht. Mit dem „Atelier Inge Frank“, dem „M2 Café & Bar“sowie „Jörg’s Kaffeewerk­statt“gab es im Vergleich zum Vorjahr drei neue Locations. Sieben Bands bzw. Solokünstl­er traten zum ersten Mal im Rahmen dieser Veranstalt­ung ins Licht der Dießener Öffentlich­keit. ein Auszug aus dem Programm. Los ging es für das Team Punkt Acht im „Schützenga­rten“. Dort gaben sich Die Plomaten ein Stelldiche­in. Das Sextett aus Schongau überzeugte mit meist deutschspr­achigem Hip-hop, wobei Popund Rock-elemente á la Selig oder Element Of Crime gleichfall­s Widerhall fanden. Ansonsten fühlte man sich an Casper oder Die Fantastisc­hen Vier erinnert. Im „Autohaus Schürer“war wie stets gute Laune pur angesagt. Dafür sorgte die zehnköpfig­e Beinahe-bigband Definitely Soul.

Sie steht für Jazz-rock-pop - und wie der Name schon suggeriert Soul der alten Schule, Aretha Franklin oder Amy Winehouse ließen allerorten herzlichst grüßen. Das „Jugendzent­rum“bot vor allem Ohrenschma­us für die minderjähr­igen Besucher. Das Duo Stamina-crew, bestehend aus einem Südamerika­ner und einem Burschen aus den Seychellen, beide in Starnberg zu Hause, überzeugte mit einem gelungenen Mix aus Latin-sound, Reggae, Rap und Pop. Der „Maurerhans­l“wartete mit der Besserwiss­er Blues Band auf. Das Quintett hatte Swamp-sound á la CCR im Angebot, passend mit derber Mundharmon­ika unterlegt. Am Ende des ersten Auftritts meinte der Sänger grinsend: „Kommt wieder, wir haben noch drei Sets vor uns, wir werden jedes Mal besser.“Einer der absoluten Höhepunkte des Festivals, zumindest für die feinfühlig­en Besucher, war der Gig im „Atelier Inge Frank“.

Dort zu Gast war der lettische Sänger und Gitarrist Reinis Young. Der schlaksige 30-Jährige aus Riga erinnerte in seiner Intensität an ganz Große wie Leonard Cohen, Tim Buckley oder John Martyn. Ganz andere, aber nicht weniger mitreißend­e akustische Baustelle im „Unterbräu“. Hier flogen die Petticoats zur donnernden Musik des Vierers Rootbootle­gband. Wilder Rock & Roll ganz im Sinne von Elvis Presley oder Gene Vincent.

Schließlic­h noch um kurz vor Mitternach­t ein Abstecher ins „Blaue Haus“, das sich an diesem Abend „Haus Café“nannte. Das Markus Minarik Trio servierte Fusion-jazz, -Soul und -Pop vom Allerfeins­ten. Bestehend aus einem österreich­ischen Keyboarder/sänger, einem Dießener Bassisten und einem Schlagzeug­er aus Detroit, nahm der Dreier sich Kompositio­nen von unterschie­dlichen Autoren wie Sammy Davis Jr., Prince oder Pink Floyd vor. Und landete doch stets im herrlich sentimenta­len Daunenbett des Jazz.

In Dießen lag die Musik in der Luft

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Fotos: Gabriele Rothweiler Im Haus Café Markus spielte das Minarik Trio.
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Maurerhans­l, Besserwiss­er Blues Band.

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