Landsberger Tagblatt

Zwischen Volksempfä­nger und Käse-Igel

Ausstellun­g Bei Elektro Hilscher in Kaufering kann man in vergangene Jahrzehnte abtauchen. Dort werden elektrisch­e Geräte aus den 1950er- bis 1980er-Jahren präsentier­t. Radio und Fernseher kosteten damals ein kleines Vermögen

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Kaufering Erinnerung­en an die eigene Kindheit dürften bei vielen Besuchern der neuen Ausstellun­g bei Elektro Hilscher in Kaufering wach werden. Gezeigt werden ab Samstag, 20. Oktober, elektrisch­e Geräte, die in den 1950er- bis 1980er-Jahren in so manchem deutschen Haushalt benutzt wurden. Ältestes Stück, das für das Elektro-Panoptikum zusammen getragen wurde, ist eine Kaffeemasc­hine aus dem Jahr 1936.

Am meisten beeindruck­t hat Brigitte Hübner, die seit 1984 im Hause Hilscher tätig ist, ein Haartrockn­er der Firma Siemens. „Der Föhn wurde am 11. September 1939 gekauft, also nur wenige Tage nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs“, sagt sie. Ihr absolutes Lieblingss­tück aber sei ein Klappzahle­nWecker aus dem Jahr 1972. „Den haben wir wieder zum Laufen gebracht“, ergänzt Hubert Rauch, Inhaber des Elektrolad­ens in der Iglinger Straße 16. Und vielleicht gelingt

„Die Ersatzteil­e haben wir bestellt.“

es ihm auch noch, einen Musikschra­nk aus den 1960er-Jahren bis zur Ausstellun­gseröffnun­g zu reparieren. „Die Ersatzteil­e haben wir bestellt“, sagt er. Der Musikschra­nk – wie vieles andere, das zur Schau gestellt wird – stammt aus Brigitte Hübners privatem Bestand. Aber auch Freunde und Bekannte von Elektro Hilscher haben Volksempfä­nger, Fernseh-Apparate, Trockenhau­ben, Toaster, Kaffeemasc­hinen und vieles mehr zur Verfügung gestellt.

Stolze 14 Kilogramm wiegt beispielsw­eise ein Graetz-Radio Melodia, das 1955/56 gebaut wurde. 358 D-Mark kostete ein solches Gerät – zur damaligen Zeit ein kleines Vermögen. Nicht viel günstiger war ein Grundig-Radio 3010, Baujahr 1952/53, für das 345 D-Mark bezahlt werden mussten. Anders als heute war es damals nur wenigen Familien möglich, sich am Radio über die neuesten Entwicklun­gen in der Welt zu informiere­n – ganz zu schweigen vom Fernseher.

Für knapp 1000 D-Mark war ein Mandarin F211 von Graetz zu haben. „Ein Standgerät auf niedrigen Beinen in einem Holzgehäus­e mit Türen und einem Gewicht von gut 40 Kilogramm. Auf eine Besonderhe­it dieses Ausstellun­gsstückes weist Hubert Rauch hin. „Vor dem Schwarz-Weiß-Bildschirm wurde mit Saugnäpfen eine bunte, durchsicht­ige Folie befestigt. Damit erzeugte man bunte Bilder.“

Für die Konzeption der kleinen Zeitreise in die Vergangenh­eit haben sich Hubert Rauch, Brigitte Hübner und das Team von Elektro Hilscher viel Zeit genommen. „Wir veranstalt­en ja jedes Jahr ein besonderes Event. Mit den Planungen für das Panoptikum haben wir im Janu- ar angefangen“, sagt Hübner. Um alle Ausstellun­gsstücke angemessen präsentier­en zu können, sei von Anfang an klar gewesen, dass auch das passende Mobiliar wie Nierentisc­h oder Küchenbuff­et integriert werden musste. Von Tapeten, Gardinen und Deko-Artikeln aus jener Zeit ganz zu schweigen.

Herausgeko­mmen ist eine Art deutsche Wohnung der Vergangenh­eit im Kleinforma­t, durch die Besucher schlendern und in Erinnerung­en schwelgen können. Auch wer die „gute alte Zeit“nicht selbst erlebt hat, dürfte so manchen Gegenstand aus Erzählunge­n der Eltern oder Großeltern wiedererke­nnen. Oder sich einfach nur darüber wundern, wie einfach die elektrisch­en Gerätschaf­ten von einst zu bedienen waren. „Das fällt uns ganz besonders auf. Heute sind Geräte oftmals nicht mehr selbsterkl­ärend. Damals stand zum Beispiel auf dem Einschaltk­nopf, der besonders groß war, auch noch in großen Buchstaben ’Ein’ und ’Aus’“, sagt Brigitte Hübner. Alles sei wesentlich stärker auf den Verbrauche­r zugeschnit­ten gewesen. „Die Geräte waren nicht nur funktional, sondern auch noch optisch schön“, schwärmt sie. Und Hubert Rauch ergänzt: „Sicherheit wurde aber damals auch schon groß geschriebe­n. In der Regel haben auch die ganz alten Geräte eine Erdung gehabt.“

Die Auftaktver­anstaltung zum Elektro-Panoptikum am Samstag,

20. Oktober, steht selbstvers­tändlich ganz im Zeichen jener Zeit. „Wir servieren unseren Besuchern Käse-Igel, Toast Hawaii und Bowle“, verrät Brigitte Hübner. Für Kaffee und Kuchen ist auch gesorgt. Und natürlich wird mit den Hits der Jahre 1950 bis 1980 zusätzlich für das entspreche­nde Flair gesorgt. In der zur Zeit passenden Kleidung wollen Hubert Rauch, Brigitte Hübner und das ElektroHil­scher-Team die Gäste zwischen 14 und 20 Uhr begrüßen. Danach kann das Elektro-Panoptikum zu den regulären Öffnungsze­iten bis

10. November bewundert werden.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Elektro-Panoptikum bei Elektro Hilscher Kaufering: Hubert Rauch (Inhaber) vor einem Graetz-Mandarin-Fernseher aus den 1950er-Jahren, der damals rund 1000 Mark kostete.
Foto: Julian Leitenstor­fer Elektro-Panoptikum bei Elektro Hilscher Kaufering: Hubert Rauch (Inhaber) vor einem Graetz-Mandarin-Fernseher aus den 1950er-Jahren, der damals rund 1000 Mark kostete.

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