Die Pilger sind weniger geworden
Der Bilderbuchsommer wirkt sich in Dießen kaum auf die Übernachtungszahlen aus. Schuld daran sind wohl die begrenzten Kapazitäten an Unterkünften. Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein sieht aber neue Potenziale
Dießen Das Sommerwetter war grandios, ein Plus an Übernachtungen hat es aber Dießen wohl nicht beschert. Noch sind zwar nicht alle Zahlen ausgewertet, aber Ulrike Hawel, Erste Vorsitzende des Fremdenverkehrs- und Verschönerungsvereins in Dießen, hat das im Gefühl. Die Belegungszahlen seien seit Jahren in etwa gleich, sagt sie. Kleinere Auf und Abs habe es gegeben, als verschiedene Länder wie die Türkei als unsicheres Reiseziel galten und die Urlauber lieber in die schönen Regionen Deutschlands auswichen.
So, wie zum Beispiel Renate Dommel und Silvia Wolk aus Freiburg, die auf ihrer dreiwöchigen Tour durch Oberbayern auch am Ammersee Station machen. „Wir hatten nur gutes Wetter und haben immer freundliche Leute getroffen“, erzählen die beiden und fragen bei Hawel die touristischen Highlights von Dießen und der Region ab. Kreuz und quer rutscht Hawels Finger über die Dießenkarte: Künstlerpavillon am See, Marienmünster auf dem Berg, Keramiker und Zinngießer, Schacky-park und eine Wanderung von Herrsching zum Kloster Andechs – die Damen sind begeistert und machen sich mit der Karte auf den Weg.
Der Renner bei den Urlaubern sind natürlich nach wie vor die Dampferfahrten, das Marienmünster, baden, segeln und radeln, weiß Hawel. Dießen profitiert zudem nach wie vor von seinem Ruf als Künstlerort, und wer hierher kommt, wird nicht enttäuscht. Ein absoluter Magnet sei der Töpfermarkt. Die meisten Unterkünfte sind für den Termin im kommenden Jahr (Donnerstag, 30. Mai bis Sonntag, 2. Juni) bereits ausgebucht. Wer aber sonst noch macht in Dießen Urlaub? Viele Familien seien darunter, so Hawel, aber auch Segler, die Kurse belegen. Ein Trend hat dagegen etwas nachgelassen: Die Pilger sind weniger geworden. Dafür kommen immer mehr E-biker den Ammersee. „Früher war es den Radfahrern bei uns zu bergig, mit den E-bikes trauen sie sich jetzt her“, scherzt Hawel. Und das meist spontan: Ist die Wetterprognose für das Wochenende gut, kommen kurzfristig Nachfragen nach Unterkünften, meist im Frühjahr oder Herbst.
Dass die Zahlen sich in den Jahren aber kaum verändert haben, liegt laut Hawel auch daran, dass zu den Spitzenzeiten, also vor allem in den Monaten Juli und August, die Unterkünfte quasi ausgebucht sind. Gleichzeitig ist das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten begrenzt. Altersbedingt oder auch aus anderen Gründen steigen alljährlich Vermieter aus dem Pool aus. Hoffnung macht dabei: In etwa gleicher Zahl kommen auch wieder neue Anbieter nach.
Rund 80 Vermieter sind derzeit über den Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein in Dießen organisiert. Sie zahlen einen Beitrag
Dießen profitiert von seinem Ruf als Künstlerort
und kommen dafür in den Genuss eines gemeinsamen Internetauftritts, von dem aus Gäste Buchungsanfragen stellen können. Zudem sind sie im Gastgeberverzeichnis eingetragen, das jährlich rund 1700-mal verschickt wird, so Hawel, die zusammen mit drei Kolleginnen in der Tourist-info am Bahnhof Gäste berät.
Aber auch im Oktober gibt es für das Trio der Tourist-info noch viel zu tun: Bei gutem Wetter kommen Tagesausflügler und zunehmend schauen immer wieder Einheimische vorbei. Grund dafür sei unter anderem auch der Kartenvorverkauf für die Münsterkonzerte und andere Veranstaltungen. Beliebt sind zudem Orts- und Kirchenführungen von Werner Häckl, die ebenfalls in der Tourist-info gebucht werden können. Gut kommt die Gästekarte an, die heuer erstmals zusammen mit der Nachbarge- meinde Utting aufgelegt wurde. Firmen inserieren und geben bei Vorlage eines Bons kleine Geschenke oder Rabatte. „Unsere Gäste freuen sich darüber, sie fühlen sich willkommen“, sagt Hawel. Die Gästekarte soll es auch in der nächsten Saison geben. Eine Neuerung steht für das kommende Jahr an: Zusaman men mit der Gemeinde Dießen wurde eine neue Imagebroschüre erarbeitet, das Gastgeberverzeichnis hat ein neues Gesicht bekommen.
Einen Trend sieht Ulrike Hawel, für den sie allerdings Dießen bislang nicht ausreichend gerüstet sieht: Campen ist wieder in, egal ob im Wohnmobil, Wohnwagen oder im Mobil Home. Sichtbar sei das in Dießen durch die immer größer werdende Auslastung der Wohnmobilstellplätze auf dem Parkplatz am Bahnhof. Diesem Trend könnte man, so die Tourismus-fachfrau Hawel, durch eine Modernisierung des Campingplatzes Rechnung tragen.