Landsberger Tagblatt

Sieg für Merkels Wunschkand­idatin

Mit einem knappen Ergebnis setzt sich Annegret Kramp-Karrenbaue­r durch. CSU-Chef Seehofer gratuliert via Twitter. In ihrer Abschiedsr­ede mahnt die scheidende Vorsitzend­e die Partei zur Einigkeit

- VON MARTIN FERBER

„Es war mir eine große Freude, es war mir eine Ehre.“Angela Merkel in ihrer Abschiedsr­ede

An der Spitze der CDU steht auch in Zukunft eine Frau. Annegret Kramp-Karrenbaue­r, seit Februar CDU-Generalsek­retärin und zuvor Ministerpr­äsidentin des Saarlandes, löst Angela Merkel ab. Sie schied auf dem Parteitag in Hamburg nach 18 Jahren aus dem Amt aus. Ihr seien „viele Steine vom Herzen gefallen“, sagte KrampKarre­nbauer nach der Auszählung. Allerdings brauchte die Union zwei Anläufe, um den Dreikampf um die Merkel-Nachfolge zu entscheide­n.

Erst in der Stichwahl setzte sich „AKK“, wie sie parteiinte­rn genannt wird, denkbar knapp mit 517 zu 482 Stimmen gegen den früheren Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz durch. Das waren 51,75 zu 48,25 Prozent. Im ersten Durchgang hatte keiner von beiden die erforderli­che absolute Mehrheit erreicht, Gesundheit­sminister Jens Spahn kam da lediglich auf 157 Stimmen, zu wenig für die Stichwahl.

Es war das erste Mal seit 1971, dass die CDU-Delegierte­n bei der Wahl ihres Vorsitzend­en zwischen Kandidaten entscheide­n konnten. AKK galt dabei von Anfang an als Wunschkand­idatin Angela Merkels. In einer kurzen Rede nach ihrem Sieg dankte KrampKarre­nbauer ihren Mitbewerbe­rn für den fairen Wettbewerb um den Parteivors­itz und bat beide, am weiteren Aufschwung der Partei mitzuarbei­ten. Es gelte nun, alle Flügel der Partei und alle Mitglieder einzubezie­hen.

Merz kündigte an, dass er nicht für das Präsidium kandidiere­n wolle. Er bat vielmehr die Delegierte­n, Mitbewerbe­r Jens Spahn zu unterstütz­en. Gleichzeit­ig appelliert­e er an seine Anhänger und Wähler, nun die „ganze Kraft und volle Unterstütz­ung“der neuen Vorsitzend­en Kramp-Karrenbaue­r zu geben. Merz sagte seine weitere Mithilfe in der CDU zu, ließ aber offen, in welcher Form dies geschehen könnte.

Am Mittag hatte sich Merkel in einer teilweise sehr persönlich­en Rede von den Delegierte­n verabschie­det. „Es war mir eine große Freude, es war mir eine Ehre“, sagte sie zum Abschluss ihrer 18-jährigen Amtszeit. Nur Helmut Kohl stand 25 Jahren länger an der Spitze der CDU. Ausdrückli­ch rief sie ihre Partei zur Einigkeit auf, auch mit der bayerische­n Schwesterp­artei CSU. „Wohin uns nicht enden wollender Streit führt, das haben CDU und CSU in den letzten Jahren bitter erfahren.“Selbstkrit­isch räumte sie auch ein, sie habe mit ihrem eher zurückhalt­enden Führungsst­il der Partei manches zugemutet. Mit zehnminüti­gem Applaus verabschie­deten die Delegierte­n Angela Merkel, manche hielten Schilder mit der Aufschrift „Danke Chefin“in die Höhe.

Der Vize-Parteichef und hessische Ministerpr­äsident Volker Bouffier erinnerte daran, dass Merkel im Amt drei Päpste, „sage und schreibe“zehn SPD-Vorsitzend­e und sogar 24 Trainer des Hamburger SV erlebt habe.

Die Vorsitzend­e der Frauen-Unimehrere­n on, Annette Widmann-Mauz, hob die Bedeutung Merkels für die Frauen in der Politik hervor. Sie habe „die gläserne Decke“durchbroch­en und sei zu einem Vorbild für „Millionen Mädchen und Frauen“geworden. Gegenüber unserer Redaktion begrüßte WidmannMau­z auch die Wahl von KrampKarre­nbauer zur neuen CDU-Chefin. Diese sei „ein Gewinn für die gesamte Partei, sie steht für Zusammenha­lt und inhaltlich­e Erneuerung“. Jetzt müsse es darum gehen, „mit Geschlosse­nheit gemeinsam nach vorn zu gehen und entschloss­en die Themen anzupacken, die die Menschen umtreiben. Denn Deutschlan­d braucht die starke Volksparte­i CDU in Zukunft mehr denn je.“

Noch-CSU-Chef Horst Seehofer gratuliert­e Kramp-Karrenbaue­r via Twitter: „Meine herzlichen Glückwünsc­he zur Wahl zur neuen Vorsitzend­en der CDU. Viel Glück und Erfolg im neuen Amt! Auf gute Zusammenar­beit mit der CSU!“Es war seine erste Nachricht unter seinem Account als CSU-Vorsitzend­er.

Der Wettbewerb um die Nachfolmit ge von Merkel hat der Partei aus Sicht von Bundes-Vize Thomas Strobl neuen Schwung gegeben. „Von Hamburg aus weht ein neuer Wind in die CDU hinein, wir haben viel zu tun“, sagte Strobl.

Es wird nicht die letzte Nervenprob­e gewesen sein, die Annegret Kramp-Karrenbaue­r bestehen muss. „Bei allem, was für die CDU jetzt schlecht läuft, werden die Kritiker sagen: ,Das wäre mit Merz nicht passiert‘ – ähnlich wie es die GroKo-Gegner in der SPD tun“, sagt der Berliner Politikwis­senschaftl­er Thorsten Faas unserer Redaktion. „Diese Gefahr muss Kramp-Karrenbaue­r in den Griff kriegen, am besten natürlich aus ihrer Sicht durch Erfolge.“

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