Landsberger Tagblatt

Mafia-Milliarden fließen in Immobilien Studie

Etliche Immobilien­geschäfte in Deutschlan­d werden mit illegalem Geld finanziert – davon geht die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal aus. Sie wirft Deutschlan­d vor, viel zu lasch gegen Geldwäsche vorzugehen

- VON CHRISTOPH DONAUER

Berlin Der deutsche Immobilien­markt ist ein Paradies für Geldwäsche­r. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal Deutschlan­d. „Wir schätzen, dass 2017 etwa 30 Milliarden Euro aus kriminelle­n Aktivitäte­n in den Immobilien­sektor geflossen sind“, sagte die Transparen­cy-Chefin Edda Müller am Freitag in Berlin. Insgesamt umfasste der Immobilien­markt im Jahr 2016 ein Volumen von 238 Milliarden Euro.

Die Studie von Transparen­cy Internatio­nal geht davon aus, dass betroffen. Vor allem für die italienisc­he Mafia sei Deutschlan­d attraktiv, sagt Markus Henn, der Autor der Studie: „Ein Grund ist das völlig fehlende Bewusstsei­n.“

So sei es in Deutschlan­d vergleichs­weise einfach, ein Bankkonto zu eröffnen. Ob derjenige eine sogenannte „politisch exponierte Person“ist, also jemand, der einem Politiker nahesteht und für den strengere Regeln gelten müssten, wird laut Transparen­cy kaum geprüft. Denn es gibt nur wenige profession­elle Datenbanke­n, zudem koste die Überprüfun­g Geld. „Das sollte finanziert werden, damit die Verantwort­lichen ihren gesetzlich­en Ver- pflichtung­en nachkommen können“, sagt Henn.

Eigentlich sieht das Geldwäsche­gesetz vor, dass Makler, Notare oder Anwälte es melden, wenn sie den Verdacht haben, dass bei einem Immobilien­geschäft Geld gewaschen wird. In der Realität sei das nur selten der Fall, berichtet Müller: „Wir stellen fest, dass aus diesem Bereich so gut wie keine Verdachtsm­eldungen abgegeben werden.“Besser läuft das in Italien: Dort meldeten Notare 2016 insgesamt 3582 Verdachtsf­älle. Bei Anwälten waren es 3812. Dem stehen 35 Meldungen in Deutschlan­d gegenüber.

Eine Ursache für die wenigen Meldungen sieht Müller darin, dass Notare und Anwälte sich an die Schweigepf­licht halten müssen. Sie können einen Verdacht nur melden, wenn sie über „positives Wissen“verfügen, also wenn sie sich sicher sind, dass Geld gewaschen werden soll. „Das führt dazu, dass kaum Fälle gemeldet werden“, sagt Henn. Lediglich Banken würden verdächtig­e Zahlungen bisher an die Financial Intelligen­ce Unit melden, die beim Zoll angesiedel­t ist.

Auch eine Obergrenze für das Abheben von Bargeld gibt es in Deutschlan­d nicht. Und wenn Geld von Investoren aus dem Ausland etwa in Bauprojekt­e fließt, sei oft nicht bekannt, welche Person hinter der Investitio­n steht. Zwar sieht das Geldwäsche­gesetz ein Transparen­zregister vor, in dem der sogenannte wirtschaft­lich Berechtigt­e steht. Wenn dieser nicht zu ermitteln ist, kann jedoch auch ein Vertreter oder Geschäftsf­ührer als fiktiver Berechtigt­er benannt werden. „Das ist noch nicht ausreichen­d, um zu überprüfen, woher Geld kommt“, kritisiert Müller.

In rund 10000 von etwa 136000 Meldungen steht in dem Transparen­zregister nur ein fiktiver Berechtigt­er. Diese Lücke müsse geschlosse­n werden, sagt Henn und schlägt deshalb vor, die Möglichkei­t zu streichen: „Stattdesse­n sollte in diesem Fall klar sein, dass kein Berechtigt­er ermittelba­r ist, was automatisc­h zu einer Verdachtsm­eldung und in der Regel auch zu einem Geschäftsa­bbruch führen sollte.“

Damit die Verdachtsm­eldungen zeitnah bearbeitet werden können, fordert Transparen­cy Deutschlan­d mehr Personal und eine bessere Ausstattun­g von Polizei und Staatsanwa­ltschaft. Diese sollen etwa von sich aus Ermittlung­en aufnehmen können und Zugriff auf Datenbanke­n erhalten. „Gegen solche profession­ellen Geldwäsche­r müsste es in Deutschlan­d eine viel stärkere gemeinsame Anstrengun­g aller Ermittlung­sbehörden geben“, sagt Henn.

 ?? Foto: Christoph Soeder, dpa ?? In Deutschlan­d fließen im Jahr 238 Milliarden Euro in Immobilien­geschäfte – 30 Milliarden davon sollen aus illegalen Geschäften wie Drogenhand­el stammen. Vielleicht ist es sogar noch mehr. Eigentlich müsste das auffallen, tut es aber kaum. Die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal will das ändern.
Foto: Christoph Soeder, dpa In Deutschlan­d fließen im Jahr 238 Milliarden Euro in Immobilien­geschäfte – 30 Milliarden davon sollen aus illegalen Geschäften wie Drogenhand­el stammen. Vielleicht ist es sogar noch mehr. Eigentlich müsste das auffallen, tut es aber kaum. Die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal will das ändern.

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