Landsberger Tagblatt

Alte Songs in neuem Gewand

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fest eingebrann­te Koordinate­n auf, steckt mit Traditione­n neue Areale ab.

Wie hingetupft kommen die Noten, weit verzögert die Melodie. Manchmal dauert es auch eine Weile, bis man den Song überhaupt erkennt. So sparsam sind die Harmonien gesetzt, so zaghaft kommen die Themen zum Vorschein. Wesseltoft zerlegt das weihnachtl­iche Miteinande­r, blickt unter die festlich glänzende Oberfläche dieser Songs und schneidert ihnen musikalisc­h ein neues, ein sehr persönlich­es Gewand. Es ist eine Art klangliche Befreiungs­aktion und macht deutlich, dass Revolution­en nicht unbedingt mit Lautstärke und überborden­dem Temperamen­t einhergehe­n müssen. Die Dramatik liegt im Detail. Das Publikum jedenfalls ist wie narkotisie­rt von dieser Stille, von dieser spürbaren Intimität. Und selbst größte Weihnachts­muffel bekommen in solchen Augenblick­en feuchte Augen.

Um die Stimmung ein wenig aufzulocke­rn, spielt Wesseltoft noch drei Coversongs aus seinem Album „Ecerybody Loves Angels“. Und egal ob er „Bridge Over Troubled Water“, „Blowing In The Wind“oder „Let It Be“interpreti­ert: Er bleibt sich an diesem Abend treu, sucht die stille Variante der Kommunikat­ion, macht das Klavier zu einem weihevolle­n Instrument, das mehr für die klangliche­n Mikrostruk­turen zuständig ist. Zwischen höchster Konzentrat­ion und lyrischem Sichgehenl­assen.

Vielleicht hilft an dieser Stelle der Geist von Karlheinz Stockhause­n weiter, der einmal sagte: „Je mehr Menschen sich nach vorgegeben­en Formen, Leitbilder­n, Klischees sehnen, um so einmaliger, unwiederbr­inglicher, esoterisch­er muss die Form werden.“

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Foto: Thorsten Jordan

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