Landsberger Tagblatt

Dießen Kraftvoll, rebellisch und aufmüpfig

Ausstellun­g I Heide Karin Konwalinka hat viele Jahre in New York verbracht. Erst spät zog es sie an den Ammersee. In ihrer neuen künstleris­chen Heimat zeigt die 77-Jährige nun, wie der „Sprung ins Leben“aussieht

- VON NUË AMMANN

„Sehr kraftvoll, rebellisch und aufmüpfig“, mit diesen Worten beschreibt Anna Fienbork, Tochter der 1940 geborenen Künstlerin Heide Karin Konwalinka, in ihrer Eröffnungs­rede anlässlich der Retrospekt­ive die Lebensart ihrer Mutter. Die Worte wirken so einleuchte­nd, wie die Farben in den Bildern der Malerin strahlend: Hier ist ein Geist am Werk, der stark, neugierig und lebensdurs­tig ist, auch mit 77 Jahren, wie eines ihrer jüngsten Gemälde, der „Sprung ins Leben“, ein inneres Selbstport­rät, zeigt.

Heide Karin Konwalinka zog 2004 nach vielen Berufs- und Wanderscha­ftsjahren in die Ammerseege­gend, um eine neue Heimat zu finden und „einen vierten Garten anzulegen“. Die Natur ist ihr seit Kindheit wichtig und vertraut, wuchs sie doch „mit viel freier Natur“im österreich­ischen Mühlvierte­l auf. Neben dem Gymnasium besuchte sie die Kunstschul­e in Linz und absolviert­e nach dem Abitur ein Studium (Architektu­r und Städtebau). Als Diplom-Ingenieuri­n erhielt sie ein Stipendium, das sie zu weiterem Studium an die Columbia University in New York City brachte. „New York ermöglicht­e mir einige Jahre spannende Stadtplanu­ngsarbeit in der Urban Design Group der NY City Planning Commission. Die lebendige, stimuliere­nde Lebensart der New Yorker prägte mich für mein Leben.“

Zehn Jahre später kehrte sie nach Deutschlan­d zurück, arbeitete in einem Architektu­rbüro in Frankfurt, heiratet und gründete eine Familie. Der Wunsch zu malen, hat sie jedoch nie verlassen, daher nutzte sie jede Gelegenhei­t, um sich künstleris­ch weiterzubi­lden: Sie besuchte Seminare, Vorlesunge­n und Sommerakad­emiekurse, unter anderem bei Bernadette Bour, Corneille, Jörg Immendorff und Hermann Nitsch. Letzterer begleitet ihren Werdegang in Frankfurt auch weiterhin. Mit 73 Jahren in Bayern angekommen, war sie noch immer erfahrungs­hungrig und aufgeschlo­ssen und absolviert­e 2013 einen Meisterkur­s bei Bernd Zimmer. „Die Suche und Neugier nach dem, was die Welt zusammenhä­lt, die menschlich­e Conditio an sich, und mein Sehnen nach Schönheit und Farbensinn­lichkeit waren der Antrieb in meinem Leben. Zu erforschen, wie äußere sichtbare Welt und innere fühlbare Welt einander bedingen ihre Bilder malt, erfüllen diese nie den Zweck einer Abbildung. Ähnlich verhält es sich mit den Farben, die sie als „Sprache der Abstraktio­n“versteht. So entstehen Gemälde mit hoher erzähleris­cher und assoziativ­er Dichte, die „den Weg nach Innen“in Bildern beschreibe­n. Der Begriff Retrospekt­ive für ihre aktuelle Ausstellun­g mit dem Motto „Lebenslini­en“ist daher auch treffend gewählt. Denn gezeigt wird eine Art Lebensernt­e, als stetig gesammelte­r und erarbeitet­er Bestand von Einsichten.

Ebenso interessan­t wie wohltuend ist hierbei, dass sie beispielsw­eise ihre Arbeiten zum Thema „Frau im Fokus“keinesfall­s auf das Frausein begrenzt, sondern es ihr im Weitesten um das Yin/Yang-Prinzip geht. Um das Verständni­s von „weiblich“und „männlich“assoziiert­en Energien, die ganz unabhängig vom eigenen Geschlecht, jeder Mensch und jedes Lebewesen in sich trägt und die das Verhalten, die Ideen und Motivation­en bestimmen. Bei ausgewählt­en Gemälden ergänzt Heide Karin Konwalinka außerdem einen Text, um den Betrachter in den Gedankenra­um hinter den Bildern einzuladen und ihn eingehende­r und genauer zu informiere­n.

Das jahrelange Training strukturie­rten Denkens und planerisch­en Verhaltens als Ingenieuri­n findet ebenso Eingang in ihr Werk wie die Öffnung für emotionsge­steuertes, unreflekti­ertes, authentisc­hes Schaffen, das sich quasi „aus einer universell­en Ursuppe speist“.

Die daraus resultiere­nde Ausstellun­g im Blauen Haus ist noch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr zu sehen.

 ?? Foto: Nue Ammann ?? „Artemis darf nicht leben“, ein Diptychon von 1998, zeigt die von Heide Karin Konwalinka als äußert bedroht angesehene­n Krafttiere der Schutzgött­in der Erde, Artemis. Die Ausstellun­g ist derzeit im Blauen Haus in Dießen zu sehen.
Foto: Nue Ammann „Artemis darf nicht leben“, ein Diptychon von 1998, zeigt die von Heide Karin Konwalinka als äußert bedroht angesehene­n Krafttiere der Schutzgött­in der Erde, Artemis. Die Ausstellun­g ist derzeit im Blauen Haus in Dießen zu sehen.

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