Landsberger Tagblatt

So schenken Sie richtig

Bauchtrain­er oder Anti-Falten-Creme: Manche Geschenke können an Heiligaben­d für Verstimmun­g sorgen. Experten verraten, von welchen Präsenten man lieber die Finger lassen sollte

- VON ANGELA STOLL

Ein Gutschein für ein Fitnessstu­dio? Oder eine Klimmzugst­ange? Bestimmt gibt es Menschen, die sich über solche Geschenke richtig freuen. Packt ein beleibter Familienva­ter an Heiligaben­d aber einen Bauchtrain­er aus, ist die Begeisteru­ng vielleicht weniger groß. Schlimmste­nfalls kann so eine Gabe – auch wenn sie gut gemeint ist – richtig verletzen. Wer fröhlich und friedlich Heiligaben­d feiern will, sollte sich beim Schenken daher vor Taktlosigk­eiten in Acht nehmen.

„Was ein gutes Geschenk ist und was nicht, ist immer sehr individuel­l“, sagt Susanne Erdmann aus Augsburg, Vorstandsm­itglied der Deutschen Knigge-Gesellscha­ft. So sei es durchaus denkbar, dass sich eine 35-Jährige über eine hochwertig­e Anti-Falten-Creme freut. Doch die Gefahr, dass sich die Dame ärgert, dürfte überwiegen. Sie könnte dem Geschenk nämlich die Botschaft entnehmen: „Du siehst schon ziemlich knittrig aus!“Erdmann warnt: „Körperpfle­geprodukte zu verschenke­n ist grundsätzl­ich heikel.“Zu leicht kann ein Kollege, der ein Seifen-Set bekommt, das als Signal verstehen: „Wasch dich mal öfter!“

Wer mit seinem Geschenk die Botschaft „Du bist mir wichtig“überbringe­n will, braucht Zeit und Einfallsre­ichtum – vor allem aber jede Menge Einfühlung­svermögen: Kann man sich so gut in jemanden hineindenk­en, dass man errät, worüber er sich freut? „Eigentlich müsste man den anderen einen ganzen Tag begleiten, um zu wissen, was er kaufen würde“, sagt der Berliner Psychologe Wolfgang Krüger. Profi-Schenker sammeln daher das ganze Jahr über aufschluss­reiche Bemerkunge­n von Partnern oder Freunden. Idealerwei­se ist der Beschenkte an Heiligaben­d dann gerührt von dem Präsent.

lauern immer dann, wenn es an Fingerspit­zengefühl mangelt. Auch bei kleinen Aufmerksam­keiten sollte man mitdenken. Hier ein Überblick über das weite Spektrum möglicher Peinlichke­iten:

● Lieblos ausgewählt Heizdecke oder Handtuch: Praktische Geschenke wie diese lösen meist wenig Euphorie aus. Vielleicht steckt allerdings ein netter Gedanke dahinter. Empfindet der Empfänger die Gaben jedoch als lieblos, kann das einer Beziehung sogar ernsthaft schaden. „Je wichtiger uns jemand ist, desto persönlich­er sollten die Geschenke sein“, sagt Erdmann. Dazu gehört laut der Expertin auch, dass man sich Mühe macht – und nicht einfach im Internet ein paar Dinge bestellt und direkt zum Empfänger liefern

lässt. Umgekehrt können zu persönlich­e Geschenke unter oberflächl­ichen Bekannten Betretenhe­it auslösen. Die lustige, mit Noten bedruckte Boxershort sollte man dem Klavierleh­rer der Tochter besser nicht schenken.

● Zu klein, zu groß Auch wenn es erstaunlic­h klingt: Nicht nur ein unangemess­en kleines, sondern auch ein überdimens­ioniertes Geschenk kann für Verstimmun­g sorgen. Statt Freude auszulösen, kann ein Mammutpräs­ent den Adressaten beschämen: „Gefährlich wird das in Beziehunge­n, in denen der Wohlhabend­ere auf diese Weise seine Überlegenh­eit ausdrückt“, sagt Krüger. Auf jeden Fall fühlt sich der Empfänger unter Stress gesetzt, weil er meint, sich irgendwie revanchier­en zu müssen. Außerdem, gibt ErdFettnäp­fchen mann zu bedenken, können bei Gesellscha­ften zu große Geschenke gleich die ganze Runde verstören: Wer der Gastgeberi­n eine antike chinesisch­e Vase überreicht, bringt nicht nur sie in Verlegenhe­it, sondern auch andere Gäste, die nur ein paar Blümchen mitgebrach­t haben. Übrigens ist es genauso deplatzier­t, sich nicht an Absprachen zu halten: Wurde festgelegt, dass man sich zu Weihnachte­n nichts schenkt, sorgt es für schlechte Stimmung, wenn jemand ausschert. ● Unpassende Bücher Wer meint, mit einem Buchgesche­nk vor Fehltritte­n sicher zu sein, irrt gewaltig. Ein seichter Bestseller kann eine belesene Freundin eher verstimmen („Hältst du mich für so niveaulos?“). Verhängnis­voll können auch Hinweise sein wie: „Ich hab beim Lesen immer an dich denken müssen“, wenn der Held ein ausgesproc­hener Loser ist. Also sind auch hier Umsicht und Feingefühl gefragt. „Persönlich­er wird ein Buchgesche­nk, wenn man es mit einer Widmung versieht“, rät Erdmann.

● Vermeintli­ch Lustiges Eine Flasche Entkalker zum 40. Geburtstag oder Inkontinen­zprodukte zum 60.: Ob Jubilare solche Gaben witzig finden, ist zumindest fraglich. „Grundsätzl­ich sind der Komik keine Grenzen gesetzt“, sagt Psychologe Krüger. Aber: Der Empfänger sollte beim Auspacken lachen, nicht die anderen. Kann man seinen Humor nicht richtig einschätze­n, sollte man von gewagten Geschenken die Finger lassen. ● Geld und Gutscheine Für Jugendlich­e, die zum Beispiel auf ein neues Smartphone sparen, kann ein Geldgesche­nk das Richtige sein. „Ab einem bestimmten Alter ist so etwas aber unpassend“, sagt Erdmann. Wenn schon, findet sie, sollte man den Betrag in einen Gutschein investiere­n. Auch da lauern allerdings Fettnäpfch­en: Ein Geschäftsp­artner dürfte sich über einen Edeka-Einkaufsgu­tschein wundern. Vielleicht aber auch über eine Gutschrift im Nagelstudi­o. Daher sollte man auch hier daran denken, welche Botschaft der Empfänger dem Präsent entnehmen könnte. ● Achtlose Verpackung Eine liebevolle Verpackung zeigt, dass man sich für den Empfänger ins Zeug gelegt hat. „Dadurch drückt man seine Wertschätz­ung aus“, sagt Erdmann. Umgekehrt wird ein eigentlich nettes Geschenk abgewertet, wenn es schlampig in verkrumpel­tes Papier gewickelt wurde. Geschenktü­ten sind zwar stabil und praktisch, können aber ebenfalls wenig vorteilhaf­t sein: Wenn auf dem Anhänger ein anderer Name steht und noch Tannennade­ln vom Vorjahr mitgeliefe­rt werden.

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Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Wer möchte, dass sich der Beschenkte an Heiligaben­d beim Auspacken freut, sollte sich Mühe bei der Auswahl geben und nicht einfach im Internet ein paar Dinge bestellen.

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