Der Digitalisierung fehlt die Datensicherheit
Grünen-Chef Habeck steigt aus Social Media aus, während in Las Vegas die nächste digitale Stufe gezündet wird. Für das Unbehagen gibt es gute Gründe
Gefühlt ist Las Vegas von der Ostseeküste weiter entfernt als der Polarstern. Am Montag kamen sich beide Orte nah. Denn während im amerikanischen Spielerparadies die letzten Vorbereitungen für die Technikschau CES liefen, drückte der in SchleswigHolstein lebende Grünen-Chef Robert Habeck sein Unbehagen über die digitale Welt aus.
Den Rückzug aus den Social-Media-Welten Twitter und Facebook begründete Habeck mit eigenen Fehlern wie unüberlegten Aussagen sowie mit dem aktuellen „Datenklau“. Die Abkehr des Spitzenpolitikers wird damit zur Anklage gegen die eklatanten Sicherheitslücken im Internet.
Zwar ist jeder – auch Politiker – selbst verantwortlich für den Schutz der eigenen Internet-Konten mithilfe starker Passwörter. Doch nicht nur der kryptische HackerAdventskalender belegt, dass den Internet-Konzernen die Intimsphäre ihrer Nutzer völlig egal ist.
Dabei darf es nicht sein, dass die Digitalisierung mit ihrer immer perfekteren Vernetzung durch unser Leben rast, ohne ausreichende Fangnetze zu platzieren. Es braucht einen Mindeststandard für Verschlüsselungen. Eine ordentliche Technik gibt es längst: Die ZweiFaktor-Authentisierung, die doppelten Schutz durch ein starkes Passwort und eine längere PIN bietet. Doch erlauben Facebook & Co. noch immer schwache KontenSicherungen wie „Robert1969“.
Das passt zu den Entwicklungen der Technik-Leitmesse CES. Dort wird ab Dienstag eine Breitseite von mehr als 20 000 Neuheiten präsentiert, während die Datensicherheit nur eine untergeordnete Rolle spielt. Zu den Innovationen gehört viel Sinnvolles wie der Sensor in der Autotür, der herannahende Fahrradfahrer erkennt. Diese Technologie könnte vor allem Radler schützen, die von abbiegenden Lkw übersehen werden.
Doch es gibt in Las Vegas auch haufenweise unsinnige Innovationen. Das smarte Katzenklo, das sich selber reinigt und dem Tierhalter per App mitteilt, wann Miezi ihr Geschäft verrichtet hat, gehört sicher dazu. Künftig wird man nicht nur dem Sprachassistenten befehlen können, ein bestimmtes Lied zu spielen. Man wird auch den Kühlschrank fragen können, wie viele Bierflaschen noch drin liegen. Dafür muss man nicht einmal daheim sein. Es funktioniert auf dem Heimweg im Auto oder auf dem Elektrofahrrad.
All die Services findet man übrigens unter dem Oberbegriff „Smart Home“, denn das klingt eindeutig charmanter als Digitalisierung. Am Ende läuft es aber auf eine Übernahme unseres Gehirns durch digitale Maschinen hinaus. Aber wollen wir wirklich zulassen, dass programmierte Software-Schnipsel unser Leben steuern, während wir uns nicht mal mehr eine Telefonnummer merken können? In einer liberalen Gesellschaft darf natürlich jeder selbst entscheiden, wie weit er die Vernetzung seines „Smart Homes“akzeptiert und ob er sich dabei ein Stück weit entmündigen lässt.
Eine Entscheidung muss dem Menschen jedoch von den Anbietern der Services tatsächlich abgenommen werden: die Sicherung der Daten. Denn wer seine eigenen Konten nicht ausreichend schützt, gefährdet auch die Informationen über Freunde und Partner, die er auf seinem Konto führt.
Verstärkter Schutz soll die Nutzer keineswegs von Eigenverantwortung freisprechen. Doch digitale Kompetenz ist für viele noch immer Neuland. Es rächt sich, dass der verantwortungsvolle Umgang mit dem Internet nicht schon längst ein Schwerpunktthema in den Schulen ist. Wer seine Daten hinter löchrigen Mauern sichert, hat wesentlichen Nachholbedarf. Das gilt offenbar auch für Robert Habeck.
Es läuft auf die Übernahme unseres Gehirns hinaus