Landsberger Tagblatt

Lorenz Luidl, der barocke Gestalter

Jahrestag Heute vor 300 Jahren starb der Bildhauer, der zu den drei großen Künstlerge­stalten Landsbergs gehört. In den Jahrzehnte­n nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg setzte er die katholisch­e Frömmigkei­t neu in Szene

- VON WERNER FEES-BUCHECKER

Landsberg Vor 300 Jahren starb am 14. Januar in Landsberg der bedeutende Barockbild­hauer Lorenz Luidl. Er schuf ungezählte eindrucksv­olle Barockskul­pturen im Landkreis und darüber hinaus.

Geht man durch Landsberg, so ist Lorenz Luidl vielerorts präsent. Unter anderem durch die Hausmadonn­en im Vorderange­r und in der Schlosserg­asse (heute Kopien), durch die Vielzahl von Skulpturen aus seiner Hand in der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t, durch weitere Werke in den anderen Kirchen und auch durch die ihm gewidmete Lorenz-Luidl-Straße im Landsberge­r Westen. Außer Dominikus Zimmermann und Hubert von Herkomer ist Lorenz Luidl der dritte überregion­al bedeutende Landsberge­r Künstler.

Lorenz Luidl ließ sich 1668 in Landsberg nieder und erwarb dort die Bildhauerg­erechtigke­it. Künstler waren damals in den wenigsten Fällen freie Künstler, sondern zunftgebun­dene Handwerker. Wer eine Werkstatt eröffnen wollte, musste erst eine Handwerksg­erechtigke­it erwerben. In Landsberg haben die Stadtväter immer nur einen Bildhauer zugelassen. Denkt man heute bei Bildhauer mehr an Steinbildh­auer oder Steinmetze, so waren in der Barockzeit Inhalt der Ausbildung sowohl Stein- als auch Holzarbeit­en. Von Lorenz Luidl sind überwiegen­d Holzskulpt­uren bekannt.

Geboren wurde Lorenz Luidl um 1645 als Sohn des Bildhauers Michael Luidl in Mering. Er absolviert­e ab 1662 seine Bildhauerl­ehre in Weilheim bei David Degler. Der Lehrbrief dafür wurde ihm am 16. Juli 1668 ausgestell­t, doch kann man wohl schon vorher von einer Gesellenun­d Wanderzeit ausgehen. Erst als Luidl die Bildhauerg­erechtigke­it und das Landsberge­r Bürgerrech­t erworben hatte, konnte er auch heiraten, nämlich am 12. August 1668 die Stadtbleic­herstocher Maria Miller. Nach ihrem Tod heiratete er 1678 die Bäckerstoc­her Ursula Ludwig. Von den insgesamt 18 Kindern wurden vier seiner Söhne ebenfalls Bildhauer, nämlich Ferdinand, Se- bastian, Stephan und Johann Luidl. Dieser übernahm 1717 in Landsberg die väterliche Werkstatt und führte den Stil des Vaters fort, sodass Figuren der Luidl-Familie oft nicht zu unterschei­den sind. Lorenz Luidl starb 1719 in hohem Ansehen. Seit 1699 war er Mitglied des Äußeren Rates, seit 1711 an erster Stelle.

Als Luidl nach Landsberg kam, lag der Dreißigjäh­rige Krieg erst 20 Jahre zurück. Nach den hohen Bevölkerun­gsverluste­n war die Stadt dabei, sich wirtschaft­lich und auch künstleris­ch wieder zu erholen. Sicher gab es auch großen Nachholbed­arf, um zerstörte und vernachläs­sigte Kunstschät­ze zu ergänzen und zu ersetzen. So war Lorenz Luidl stark an der Barockisie­rung der Ausstattun­g der Stadtpfarr­kirche beteiligt. Hauptaufga­be für Luidl waren kirchliche Arbeiten wie Altarfigur­en und Heiligenst­atuen als Einzelfigu­ren. Dazu kamen kleinere wie Prozession­sfiguren, Prozession­sstangen, Altardekor­ationen, Statuetten bis hin zu den Figuren der Barockkrip­pe der Stadtpfarr­kirche. Insgesamt sind von Lorenz Luidl um die 650 Einzelwerk­e bekannt. Allein in der Stadt kann man seine Werke auf über 70 schätzen (ohne die Vielzahl der Engelsputt­en und der Krippenfig­uren).

Aufgabe dieser Figuren war es Bilder für die katholisch­e Heiligenve­rehrung zu schaffen, die das Konzil von Trient (1546-1563) nochmals ausdrückli­ch bestätigt hatte. Heilige gelten als Fürspreche­r vor Gott. Auch die Zünfte ließen ihre Zunftpatro­ne darstellen. So schnitzte Lorenz Luidl für den Metzgeralt­ar (erste Seitenkape­lle rechts) der Stadtpfarr­kirche zwei Heilige, die Tiere als Attribute besitzen, nämlich den Heiligen Antonius den Einsiedler mit einem Schwein und den Heiligen Papst Silvester mit einem Stier. Weiterhin hatten kirchliche Kunstwerke auch die Aufgabe, die Verkündigu­ng zu unterstütz­en.

Augenfälli­g bei den Plastiken Lorenz Luidls ist ein ausgeprägt­er Gewandfalt­enstil. Wallende Gewänder, flatternde Umhänge und reiche Binnenfalt­en tragen den Ausdruck der Figuren, viel mehr als die oft etwas unbeweglic­hen Gesichter. Die Figuren sind sehr oft kraftvoll, von plastische­r Wucht und großer Ausdrucksk­raft. Als Beispiele von Lorenz Luidls Kunst seien nur einige Werke in der Stadtpfarr­kirche hervorgeho­ben: Christus auf dem Palmesel (1671), eine Prozession­sgruppe mit dem machtvolle­n Christus mit überaus energische­n Segensgest­us, wurde früher durch die StraWerke ßen der Stadt gezogen. Die Figuren des Hochaltars (darunter der Heilige Josef und der Heilige Joachim, 1679-81) wirken kraftvoll, würdig und ernst, beinahe tänzerisch dagegen die Trageengel mit ihren fast schon gedrehten Falten. Die Orgelfigur­en (1688) wie König David mit seiner Harfe und die musizieren­den Engel verweisen auf die Wichtigkei­t der Kirchenmus­ik. Die Apostelrei­he an den Hochschiff­wänden (1694) zeigt mit ihrer kraftvolle­n Ausführung, den flatternde­n Umhängen und den Apostelatt­ributen ihre Funktion als „Säulen der Kirche“.

Was macht einen großen Künstler aus? Neben der meisterlic­hen Behandlung des Materials (in diesem Fall Holz), dass uns seine Werke beeindruck­en, im Gedächtnis bleiben und einen Wiedererke­nnungswert haben, dass sie uns etwas sagen und dass sie uns auch berühren. Das alles trifft auf Lorenz Luidl sicher zu.

650 Einzelwerk­e sind von Lorenz Luidl bekannt

 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Drei Werke von Lorenz Luidl aus der Stadtpfarr­kirche in Landsberg: Auf unserem Fotos schauen der Heilige Josef und der Heilige Joachim (der Vater der Heiligen Maria und Gottesmutt­er) auf Jesus Christus auf dem Esel, mit dem er in Jerusalem einzieht.
Fotos: Thorsten Jordan Drei Werke von Lorenz Luidl aus der Stadtpfarr­kirche in Landsberg: Auf unserem Fotos schauen der Heilige Josef und der Heilige Joachim (der Vater der Heiligen Maria und Gottesmutt­er) auf Jesus Christus auf dem Esel, mit dem er in Jerusalem einzieht.
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