Zimmer-Service
Über den Jahreswechsel war ich in Schleswig-Holstein auf dem Land. In Berlin wird mir einfach zu viel geknallt. Und so wohnte ich gleich hinterm Schilf an der großen Schlei. Da war es ganz still. Nur die Schwäne zogen schreiend nachts übers Haus. Am Silvester-Spätnachmittag waren wir im Gasthof Alt Sieseby. Der ist schon mehr als 150 Jahre alt und wird von der sympathischen Maria von Randow geführt. „Dinner for one“gab’s auf Platt. Hinnerk servierte Frollein Soffi und ihren verblichenen Freunden und flog stilecht über den Kopf einer riesigen schwarzbunten Kuh – „in de sülbige Art as jedes Johr“. Alt Sieseby liegt an der Schlei, Deutschlands einzigem Ostseefjord, hier Förde genannt. Bloß Wasser, Landschaft, alte Gehöfte und kleine schnucklige Friesenhäuser, manche mit Strohdach. Maria von
Randow hat ihren Gasthof frisch und gemütlich eingerichtet. Sie lässt die allerbesten Bratkartoffeln servieren: mit
Dorsch, mit
Schnitzel, sogar vegan.
Man möchte eigentlich sitzen bleiben und anschließend gleich in eines der
Betten in den adretten Zimmern fallen, schließlich sind wir in einem Gasthof. Da ist nicht nur im Restaurant alles proper. Alt Sieseby ist ein kleines Schmuckstück und hat außerdem eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert. Bis zum Ufersteg sind es nur ein paar Meter. An der Förde entlang kann man sich auslaufen, und auf dem Friedhof von Alt Sieseby dem Schriftsteller Jurek Becker huldigen, der dort begraben ist. Ach, mein SchleswigHolstein, hier tobt der Wind ums Haus, drinnen ist es urgemütlich, und alle sagen tatsächlich moin, wenn sie aufeinandertreffen. Eine Weile wird es Berlin jetzt schwer haben mit mir. Am besten, ich fahr bald wieder hin.