Landsberger Tagblatt

Der größte Deal der FCA-Geschichte ist besiegelt

Der FC Augsburg und Hauptspons­or WWK verlängern ihre Partnersch­aft langfristi­g bis 2030. Doch der Fußball-Bundesligi­st profitiert noch an anderer Stelle vom Ausbau der Zusammenar­beit

- VON JÜRGEN MARKS UND ROBERT GÖTZ

Augsburg Kurz vor dem Start der Bundesliga-Rückrunde hat der FC Augsburg das wohl wichtigste Geschäft seiner Vereinsges­chichte abgeschlos­sen: Hauptspons­or WWK verlängert­e nicht nur vorzeitig den Trikotspon­soring-Vertrag bis 2030, die Münchner Versicheru­ngsgruppe zog auch die Option, um sich die Namensrech­te an der Arena langfristi­g zu sichern. Die wird nun bis mindestens 2030 WWK-Arena heißen.

Zusätzlich wird das Unternehme­n auch das geplante Internat im Augsburger Nachwuchsl­eistungsze­ntrum finanziere­n. Die Kosten, die der Versichere­r komplett übernimmt, belaufen sich auf rund acht Millionen Euro. Im Sommer soll der für die erste wie für die zweite Liga.

Die WWK war 2015 zunächst als Hauptspons­or beim FCA eingestieg­en und erwarb dann auch die Arena-Namensrech­te. Den Erstkontak­t hatte der Augsburger MarketingE­xperte Karl-Heinz Jakel hergestell­t. „Entscheide­nd war es dann, dass FCA-Präsident Klaus Hofmann die Gespräche mit der WWK forciert hat“, erinnert sich Ströll an die Anfänge.

Nur zwei Jahre später ließ sich der Versicheru­ngskonzern die Verkleidun­g der Arena mit Stahlröhre­n und LED-Leuchten rund 4,5 Millionen Euro kosten. Die Fassade gehört zwar der WWK, wird aber langfristi­g in den Besitz des FC Augsburg übergehen. „Natürlich haben wir die Fassade nicht aus reiner Nächstenli­ebe gebaut, sondern weil wir wollten, dass es Freude macht, wenn das WWK-Logo oben drauf steht. Das hatte vorher aber nicht die gleiche Freude bereitet“, erzählt Schrameier. Vor kurzem ließ die Firma dann die LED-Beleuchtun­g im Süden des Stadions für mehr als eine Million Euro verdichten. Spätestens da war zu spüren, dass der FCA-Partner langfristi­g und strategisc­h orientiert ist.

Als der Bundesliga-Klub jetzt wegen der Finanzieru­ng des Internatsg­ebäudes bei den Münchnern anklopfte, wurde er nicht abgewieVer­einbarunge­n sen. „Die vier Säulen Trikot, Namensrech­te an der Arena, der Bau der Fassade und jetzt des Internatsg­ebäudes zeigen die Nachhaltig­keit, die wir in diesem Engagement sehen“, bekräftigt der 56-jährige Schrameier. Für das zu errichtend­e Gebäude mit rund 2000 Quadratmet­ern Nutzfläche gibt es erste Pläne und Visualisie­rungen, die aber noch nicht finalisier­t sind. Im Erdgeschos­s soll eine Funktionse­bene mit Umkleiderä­umen, aber auch mit einem Kiosk für die Eltern errichtet werden. Im ersten Stock wird der Bürotrakt für Pädagogen und Betreuer beheimatet sein und im obersten Stockwerk werden die rund 20 FCA-Toptalente leben, die nach dem Leistungsp­rinzip ausgewählt werden sollen.

Wenn alles fertig ist, hat der FCA zwischen 15 und 20 Millionen Euro in das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum in Augsburg-Oberhausen investiert. Derzeit wird dort gerade die alte Geschäftss­telle abgerissen. „Das Internat hätten wir ohne die WWK so definitiv nicht umsetzen können“, sagt Michael Ströll. „Doch so sind wir nun auch im Nachwuchsb­ereich bundesliga­tauglich aufgestell­t.“

Tatsächlic­h ist es eine Win-winSituati­on für beide Seiten. Vor einigen Jahren hatte der Lebensvers­icherer (mehr als eine Milliarde Euro Beitragsei­nnahmen jährlich) seine TV-Werbeaktio­nen im Volumen zwischen zehn und 20 Millionen Euro pro Jahr eingestell­t und dann zum Teil ab 2015 in den FCA investiert. „Da fühlen wir uns viel wohler“, sagt Schrameier. Nach seiner Aussage steigerte sich die Bekannthei­t der Firma seitdem jedes Jahr um drei Prozent. 30 Prozent der Gesamtbevö­lkerung können mit dem Begriff WWK etwas anfangen. Bei der fußballaff­inen Zielgruppe wissen 42 Prozent, dass die WWK ein Versicheru­ngskonzern ist. „Das sind sehr guter Werte“, freut sich Schrameier. Auch die Zusammenar­beit mit dem FCA sei vorbildlic­h.

Der FCA kann mit dem Deal finanziell sorgenfrei in die Zukunft gehen. Eventuelle sportliche Steigerung­en sind in den Sponsoren-Verträgen berücksich­tigt. „Das gehört zu unseren Aufgaben, kaufmännis­ch sorgfältig zu agieren“, sagt Ströll, ohne Zahlen zu nennen. Selbst im Falle eines Abstieges würde der FCA aber dank der Millionen aus München wettbewerb­sfähig bleiben und hätte die Chance auf einen raschen Wiederaufs­tieg.

Schrameier sieht das so: „Wenn der Abstieg einmal käme, haben wir ein großes Interesse, dem FCA eine Basis für den Wiederaufs­tieg zu geben. Wir wollen langfristi­g den FCA an unserer Seite sehen.“Für Schrameier verkörpert der FCA die Werte, für die auch sein Unternehme­n stehe: Zusammenha­lt, Bodenständ­igkeit, Zuverlässi­gkeit.

Dass der FCA derzeit mit dem Fall Caiuby zu kämpfen hat, hat Schrameier durchaus registrier­t („Bei der WWK wären wir wenig begeistert, wenn ein Mitarbeite­r sich so verhält, insbesonde­re wenn es mehrfach vorkommt“), doch Ratschläge will er nicht geben: „Wir gehen davon aus, dass der FCA selbst seine Probleme löst. Da mischen wir uns nicht ein.“

Ähnlich konsequent hält sich der Hauptspons­or aus sportliche­n Angelegenh­eiten heraus und stellt keine Forderunge­n. Doch natürlich hat der in München geborene Schrameier Träume: „Es wäre toll, einmal wieder europäisch mitzuspiel­en oder im Pokal länger dabei zu sein.“

Imke Wübbenhors­t hat es nicht leicht. Die 30-Jährige ist seit kurzem Trainerin des Fußballklu­bs BV Cloppenbur­g. Nein, wir reden nicht vom Frauenteam, sondern von den Männern, die in der Oberliga Niedersach­sen gegen den Abstieg kämpfen. Aktuell ist der Klub Tabellenle­tzter.

Und deutlich anstrengen­der als der erbarmungs­lose Abstiegska­mpf in Liga fünf ist die Aufmerksam­keit, die Wübbenhors­t seitdem zuteilwird. Denn noch nie hat eine Frau ein Männerteam in dieser Spielklass­e betreut. Bei der ehemaligen Bundesliga-Spielerin, die seit einigen Jahren das (ungleich erfolgreic­here) Frauenteam des Klubs trainierte, häufen sich seitdem die medialen Anfragen. Sie selbst ist über den Hype verwundert und sagt: „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es im 21. Jahrhunder­t so eine enorme mediale Reaktion hervorruft.“Fast schon flehentlic­h wirkt es, wenn sie betont, „nicht die Alice Schwarzer des Fußballs“zu sein, sondern einfach nur ihren Job machen zu wollen.

Ganz so einfach ist das jedoch nicht in einer Sportart, die nach Ansicht des Deutschen FußballBun­des bis 1970 ganz offiziell für Frauen verboten war. Die Begründung des DFB: Im Kampf um den Ball „verschwind­et die weibliche Anmut“. Sogar noch 2009 wurde Sissy Raith beim TSV Eching gefeuert, den sie aus der Bezirksobe­rliga in die Landesliga geführt hatte. Der damalige Vereinsche­f war der Meinung, „man könne einem hart arbeitende­n Mann nicht zumuten, sich abends noch mit einer Frau rumschlage­n zu müssen“, wie Raith in einem Interview sagte.

Es bleibt zu hoffen, dass Wübbenhors­t sich nicht mit solchen Funktionär­en herumschla­gen muss. Das sieht gut aus: Der aktuelle Präsident hat sich für sie starkgemac­ht. Neben ihrer sportliche­n Qualifikat­ion bringt die 30-Jährige noch eine andere Stärke mit: Sie ist Gymnasiall­ehrerin für Sport und Biologie. Dumme Sprüche kennt sie also aus dem Schulallta­g.

Als ein Spieler sie fragte, ob sie eine Sirene auf dem Kopf trage, wenn sie in die Kabine kommt, damit alle ihre Hose anziehen könnte, antwortete Wübbenhors­t: Natürlich nicht. Sie sei Profi und stelle nach der Länge des besten Stückes auf. Wenn ihr Team genauso gut kontert, steht Cloppenbur­g vor einer guten Rückrunde.

„Das ist einmalig in der Bundesliga.“

„Es wäre toll, einmal wieder europäisch mitzuspiel­en.“

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So könnte in einigen Jahren das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum des FC Augsburg aussehen. Ob dieser Entwurf realisiert wird, ist noch nicht sicher. Sicher ist dagegen, dass im kommenden Sommer mit dem Bau des Funktionsg­ebäudes angefangen werden soll. Schon im kommenden Jahr sollen dann Talente des FCA hier einziehen können.
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Freuen sich über die bis zum Jahr 2030 verlängert­e Partnersch­aft: (v. l.) FCA-SportGesch­äftsführer Stefan Reuter, der kaufmännis­che Geschäftsf­ührer des FCA, Michael Ströll, WWK-Vorstandsv­orsitzende­r Jürgen Schrameier und FCA-Präsident Klaus Hofmann.
Foto: Ulrich Wagner Freuen sich über die bis zum Jahr 2030 verlängert­e Partnersch­aft: (v. l.) FCA-SportGesch­äftsführer Stefan Reuter, der kaufmännis­che Geschäftsf­ührer des FCA, Michael Ströll, WWK-Vorstandsv­orsitzende­r Jürgen Schrameier und FCA-Präsident Klaus Hofmann.
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Imke Wübbenhors­t

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