Landsberger Tagblatt

Eine Bäcker-Ära geht zu Ende

Manfred Helmer ist der Letzte seiner Zunft in Dießen. Mit 68 Jahren geht der Bäckermeis­ter in den Ruhestand. Zum Schluss will er seine Kunden noch einmal überrasche­n

- VON PETRA STRAUB

Dießen/St. Georgen In Dießen geht eine Ära zu Ende. Am 31. Januar heizt Bäckermeis­ter Manfred Helmer (68) letztmals seinen Ofen an, um für seine Kunden Brot und Feingebäck herzustell­en. Ob es in dem Laden in der Johann-MichaelFis­cher-Straße 6 in St. Georgen auch künftig Backwaren oder andere Produkte zu kaufen gibt, ist noch unklar. Zwei Handwerksb­etriebe, denen Helmer seine Geschäftsr­äume angeboten hat, haben abgesagt. Auch seine Kinder, ein Krankenpfl­eger und eine Fachkraft im Planungsbe­reich, wollen den Betrieb nicht fortführen.

„Es ist also Zeit, aufzuhören“, sagt Helmer. In den vergangene­n Jahren haben in Dießen immer wieder produziere­nde Bäcker aufgehört: Stefan Sepperl am Marienplat­z zum Beispiel und Oliver Walter am Untermülle­rplatz. Auch Bäcker Linder an der Prinz-Ludwig-Straße hat seine Backstube geschlosse­n. Auch Manfred Helmer haben die vielen Berufsjahr­e nun müde gemacht. „Ich habe lange genug gedient“, sagt er. Besonders die letzten Monate seien ihm an die Substanz gegangen. Das kleine Team hätte dringend Unterstütz­ung gebraucht. Doch Helmer fand keine neuen Angestellt­en. So mussten Elfriede Sanktjohan­ser und Birgit Schelle, die schon über 28 beziehungs­weise 29 Jahre im Laden stehen, viele Überstunde­n machen. Helmer ist froh, dass ihm die zuverlässi­ge Gesellin Eva Widmann-Mair aus Walleshaus­en seit sieben Jahren in der Backstube hilft. An den arbeitsrei­chen Samstagen stand ihm zudem Oliver Walter zur Seite, der ihn schon 2014 vertrat, als er zwei neue Hüften bekam und mehrere Wochen ausfiel. Hin und wieder halfen auch Praktikant­en und Abiturient­en.

Während seines 53-jährigen Arbeitsleb­ens mussten Familie, Hobbys und Freundscha­ften immer hintenanst­ehen. Mit dem Eintreten in den Ruhestand möchte der Bäckermeis­ter das ändern, Bergtouren machen, Aquarelle malen, mehr Zeit mit den bald drei Enkeln verbringen, häufiger die Gitarre zur Hand nehmen, zum Volkstanz gehen, das über 200 Jahre alte Wohn- und Geschäftsh­aus umbauen und vieles andere mehr.

Helmer steht seit dem 15. Lebensjahr morgens um 1.45 Uhr auf und fängt um 2 Uhr mit der Arbeit an. Einst hat er im elterliche­n Betrieb mit der Bäckerlehr­e begonnen. Vor der Meisterprü­fung war er ein Jahr bei der Bäckerei Luidl in Groß- weil beschäftig­t. 1989 ging die Bäckerei von Vater Georg nach 29 Betriebsja­hren in die Hand des Sohnes über. Manfred Helmer erwarb den Betrieb damals von der Stiefmutte­r.

Auch wenn der alte Ofen des Vaters bis heute im Dienst ist, musste der Betrieb immer wieder den aktuellen Anforderun­gen angepasst und neue Kunden akquiriert werden. Früher kauften beispielsw­eise die Schulen, Seniorenei­nrichtunge­n und die Klöster bei Helmer. Doch heute backt Helmer hauptsächl­ich für die Laufkundsc­haft aus St. Georgen und für den Betrieb von Familie Golder vom Café Vogel in der Johannisst­raße. Die Golders liefern im Gegenzug Feinbackwa­ren in die Johann-Michael-Fischer-Straße. Manfred Helmers Vater hat mit der Bäckerei in der Herrenstra­ße in Dießen im Rößlmeier-Anwesen begonnen. 1960 zog der Betrieb nach St. Georgen um. Die Helmers pachteten das Gebäude anfangs und erwarben es dann nach ein paar Jahren vom Vorbesitze­r. Sortiment und Qualität wurden den gestiegene­n Ansprüchen und den geänderten gesetzlich­en Vorgaben angepasst. Die Kunden lobten Helmers Eigenkreat­ionen und die reschen Brezen. Er hatte viel Freude daran, Neues auszuprobi­eren und das Sortiment weiterzuen­twickeln: „Bäcker ist eben ein interessan­ter Beruf.“

Wenn Helmer Glück hat, kann er sein Brot auch künftig im eigenen Haus einkaufen. Dazu muss er aber erst einen Pächter für den Laden finden. Doch die beliebten Pfefferund die Maurerbrez­en mit Fleischsal­at,

Immer wieder halfen Abiturient­en

Die Kunden liebten stets die reschen Brezen

eigens kreierte Dinkelprod­ukte sowie die buttrigen „Bamberger“-Croissants werden ein für alle Mal aus dem Sortiment verschwind­en. Das Rezept des Kirchsteig­Brots würde Helmer aber gerne weitergebe­n. Denn die Brotvarian­te mit Olivenöl, Knoblauch und Walnüssen hat sehr viele Anhänger am Ammersee.

Wo Helmer künftig seine Frühstücks­semmeln kauft, weiß er noch nicht. Auf jeden Fall in einem Handwerksb­etrieb. Viele davon gibt es aber nicht mehr in der Region. In Dießen ist das dann nur noch die Backstube von Stefan Ruch in Dettenschw­ang. Backwaren gibt es künftig in Dießen zwar noch zu kaufen – aber lediglich in Backshops und Backfilial­en von Großbäcker­eien.

Bis 31. Januar ist der Betrieb noch zu den regulären Zeiten (Dienstag bis Samstag, 6.45 bis 12 Uhr) geöffnet. Und zum Abschied will sich Manfred Helmer dann noch gebackene Überraschu­ngen für seine Kunden einfallen lassen.

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 ?? Fotos: Thorsten Jordan/Petra Straub ?? Ein eingespiel­tes Team verabschie­det sich Ende des Monats von seinen Kunden (von links): Birgit Schelle, Manfred Helmer, Eva Widmann-Mair, Oliver Walter und Elfriede Sanktjohan­ser. Einen Nachfolger für die Traditions-Bäckerei in St. Georgen konnte Manfred Helmer bis heute nicht finden.
Fotos: Thorsten Jordan/Petra Straub Ein eingespiel­tes Team verabschie­det sich Ende des Monats von seinen Kunden (von links): Birgit Schelle, Manfred Helmer, Eva Widmann-Mair, Oliver Walter und Elfriede Sanktjohan­ser. Einen Nachfolger für die Traditions-Bäckerei in St. Georgen konnte Manfred Helmer bis heute nicht finden.

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