Fast 1000 Schüler demonstrieren fürs Klima
Die „Fridays-for-Future“-Bewegung erreicht Landsberg. Kinder und Jugendliche äußern lautstark ihren Unmut. Was sie fürchten, was sie fordern und was Passanten darüber denken
Landsberg „Ich bin 13 Jahre alt und ich bin wütend“– ihren Textzettel hat Mira Chalupar verloren, sie formuliert bei der Schülerdemonstration am Landsberger Hauptplatz trotzdem klar und deutlich, was sie stört: „Ich bin wütend auf die, die nichts tun gegen den Klimawandel, die nichts tun gegen das Plastik im Meer und die nichts tun gegen das Bienensterben.“Mira ist eine von bis zu 1000 jungen Demonstranten, die am Freitagvormittag durch die Landsberger Altstadt ziehen und sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Sie sind damit Teil der „Fridays-for-Future“-Bewegung, die sich an dem Klimastreik der 16-jährigen Schülerin Greta Thunberg orientiert.
Mit Sprechchören wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut“machen die Jugendlichen auf ihrem Rundweg vom Hauptplatz über die Von-Kühlmann-Straße und Vorderanger auf ihr Anliegen aufmerksam – vor dem Landratsamt wird besonders laut gepfiffen, getutet und gerufen.
Was sind die Beweggründe, die Kinder und Jugendliche hier auf die Straße treiben? Die 18-jährige Esther Schade vom Organisationsteam besucht die Waldorfschule in Landsberg. Sie erläutert, dass man als Jugendliche die Umweltthemen mitbekomme, es aber schwierig sei, sich politisch zu beteiligen. „Und hier sehe ich, dass ich auch etwas tun kann.“Mit dem Klimawandel verbindet sie persönliche Erfahrungen: „Wir hatten früher in Kaufbeuren Schnee an Weihnachten, vor zwei Jahren saßen wir auf der Terrasse.“
Viele Demonstranten sind noch Kinder wie Mira oder auch die elfjährige Sara Beckmann aus Kaufering, Schülerin am IKG. Saras Eltern, Jürgen und Maria Beckmann, begleiten die Veranstaltung am Rande und stehen selbst hinter den Forderungen. Sara regt sich über den Müll auf, der überall herumliegt und den zu entfernen sie schon bei Ramadama-Terminen geholfen hat.
Ihren Unmut bringen die Jugendlichen kreativ zum Ausdruck: Ein kleiner Bub läuft im Kostüm eines Pinguins mit und hat sich ein Schild umgehängt: „Rette mich.“Anspie- auf den „Plan B“, der als Alternative gilt, wenn etwas nicht funktioniert, heißt es auf einigen Plakaten „Es gibt keinen Plan(et) B“. Der Autoverkehr verläuft während der Demo einspurig, Polizei und Sicherheitswachen begleiten die Schüler. Passanten und Autofahrer sind den Schülern zum großen Teil wohlgesonnen, so auch der Eindruck von Polizeichef Andreas Fichtl, der von 800 bis 1000 Teilnehmern ausgeht.
Oberbürgermeister Mathias Neuner ist gekommen – als Vater, denn sein zwölfjähriger Sohn läuft mit. „Ich finde es gut, wenn die Jugend politisch aktiv ist.“Der CSU-Politiker findet sich da in guter Gesellschaft mit Uli Mayer, der sich als „die Altersgruppe“bezeichnet, die gegen den Vietnamkrieg demonstrierte. Der 75-Jährige ist begeis- „dass die Jugendlichen sich wirklich was einfallen lassen“. Christiane Kotz aus Plattling ist grundsätzlich für den Klimaschutz, sie hat aber auch Zweifel an den Demonstranten: „Das ist doch die Generation, die mit dem SUV zur Schule gefahren wird.“
Bei den Abschlussreden, in denen unter anderem ein baldiger Kohleausstieg und auch eine Begrenzung rung, und auch „kein Mama-Taxi mehr“. Grußworte gibt es von der Landtagsabgeordneten Gabriele Triebel, die als Grünen-Politikerin und Pädagogin vom Engagement der Jugendlichen begeistert ist.
Die Schüler werden sich weiter mit diesen Themen beschäftigen: Die weiterführenden Schulen werden für das Fehlen im Unterricht zwar keine klassischen Schulstrafen verhängen, aber sich mit „pädagogischen Maßnahmen mit der Thematik beschäftigen – irgendwann außerhalb der Unterrichtszeit“, sagt Bruno Bayer, Chef des DominikusZimmermann-Gymnasiums. Die Demonstrationen werden von den Schulleitungen zwiespältig gesehen, wie aus einem Rundschreiben an die Eltern hervorgeht: „Wir freuen uns einerseits über das große Engagetert, ment unserer Schüler, die ihr Demonstrationsrecht nutzen möchten, um Bewegung in die Thematik zu bringen, die ihre eigene Zukunft direkt betrifft. Gleichzeitig bedauern wir die Verquickung mit ,Schule schwänzen’.“
Da die Schulen wissen müssten, wo sich die Schüler während der Unterrichtszeit aufhalten, wurden Formulare ausgegeben, mit denen die Eltern die Anwesenheit ihrer Kinder bei der Demonstration bestätigen und die Schulen von der Aufsichtspflicht entbinden. Zugleich sollten sie erklären, dass ihre Kinder an den pädagogischen Maßnahmen teilnehmen werden. Bald soll auch wieder demonstriert werden: Demo-Sprecher Jonathan Auer sagt, dass spätestens am 15. März wieder eine Aktion geplant sei.