Landsberger Tagblatt

Carmen Celewitz liebt es bunt

In Landsberg kennt die frühere Kellnerin und heutige Grafikdesi­gnerin (fast) jeder. Wie die 45-Jährige nach einem Burn-out wieder zurück in die Spur gefunden hat

- VON SILKE FELTES

Landsberg Das erste Wort, das einem einfällt, wenn man Carmen Celewitz erlebt, ist: bunt. Wie ein farbenfroh­er Paradiesvo­gel schwebt sie auf moosgrünen Stöckelsch­uhen und mit silbern glitzernde­r Brille durch ihren Laden mit den bunten Folien, den fröhlich-freundlich­en, von ihr entworfene­n, Vorhängen. Das schwarz-weiße, extravagan­te Beinkleid stört überhaupt nicht, als sie sich kurzerhand die Leiter schnappt und fürs Foto posiert. Sie ist eine Macherin, eine Handwerker­in und gleichzeit­ig eine Frau mit Sinn für Schönheit. Ihre zweite herausrage­nde Eigenschaf­t tritt ebenfalls schnell zutage: Carmen Celewitz nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie ist ein Ausbund an Offenheit, Ehrlichkei­t und Quirligkei­t.

Erst im Oktober ist sie mit ihrem Büro für Grafikdesi­gn und Werbetechn­ik in die Salzgasse gezogen. Innen steht eine riesige DigitalDru­ckmaschine, auf der Stoffe und Folien bis zu einer Breite von 1,60 Metern bedruckt werden können. Ganz hinten auf dem Schreibtis­ch der große Mac, an dem all ihre kreativen Entwürfe entstehen.

Carmen Celewitz ist, so sagt sie, eine Landsberge­r Pflanze, niemals könne sie von hier fortgehen. Die Großeltern haben in den 1930er- Jahren ein kleines Häuschen in der Schwaighof­siedlung gebaut. Dort wuchs Carmen in den 1970er-Jahren mit ihren drei älteren Schwestern und zwei noch älteren Stiefschwe­stern aus der ersten Ehe des Vaters auf. Der Vater, gelernter Schreiner, arbeitete bei der Deutschen Bahn, die Mutter „als Bedienung“im „Siebentisc­h“, dem heutigen Max & Moritz. Schon als junges Mädchen habe sie dort ihr Taschengel­d aufgebesse­rt, erzählt die 45-Jährige mit den wild hochgestec­kten blonden Haaren.

Nach der Grundschul­e am Spitalplat­z folgte die Hauptschul­e in Kaufering. Dort machte sie ein Praktikum beim „Schilder- und Lichtrekla­meherstell­er Klotz“. Der Job war Liebe auf den ersten Blick. Damals habe man in der Werbetechn­ik noch fast alles von Hand hergestell­t. Schriftenz­eichnen, Siebdruck, Vergoldear­beiten, Spenglern, Malern und Lackieren, alles Teil ihres Jobs. Wegen interner Probleme wechselte sie während der Ausbildung den Betrieb und schloss bei Hoegg-Werbetechn­ik in Pürgen ab. „Alle alteingese­ssenen Werbetechn­iker in der Gegend kommen aus der KlotzSchul­e, da zählte Qualität, alles, was die gemacht haben, war für die Ewigkeit,“schwärmt Celewitz.

Gleichzeit­ig fing sie an zu kellnern und stieg voll ins Landsberge­r Szeneleben ein. In der damals neu eröffneten „Sonderbar“war sie „ein Kind der ersten Stunde“, im „Voglhäusl“lernte sie das klassische Bedienen. „Ich war irgendwann bekannt wie ein bunter Hund und wenn ich das Kellnern nicht gemacht hätte, wer weiß, ob ich später als selbststän­dige Grafikerin so erfolgreic­h geworden wäre.“Geschichte­n könnte sie erzählen, aus dieser Zeit, da könne man eine ganze Serie im LT machen. Zwei Dinge hat sie aus dieser Zeit verinnerli­cht, zwei Eigenschaf­ten, die ihr wichtig sind, im Privaten wie im Beruf: Ehrlichkei­t und Offenheit. „Bei mir zählt immer noch der Handschlag.“

1998 stieg sie bei Hoegg aus, fing in München an und war schnell enttäuscht von der miesen Qualität, die in den dortigen großen Betrieben geliefert wurde, „das könnten wir uns in Landsberg nicht erlauben.“Das Internet boomte seinerzeit, sie begann eine Umschulung zur Mediengest­alterin, lernte alle nötigen Programme, und bekam drei Monate nach Ende der Ausbildung ihre Tochter Bella. Nach kurzer Pause stieg sie halbtags wieder bei Hoegg in Pürgen ein, um sich schließlic­h 2006 selbststän­dig zu machen. „360 Grad Design“nannte sie ihren Betrieb im Hofgraben, „360 Grad, weil ich mich für meine Kunden verbiege und alles gebe“, ihr Motto: „Erlaubt ist, was gefällt“. Es war die richtige Entscheidu­ng, der Laden brummte, „es ging steil nach oben“. Von der Logoentwic­klung zu Imagebrosc­hüren und ganzen Geschäftsa­usstattung­en, von Plakaten, Schildern, Tapeten und Vorhängen sowie Fahrzeugbe­schriftung­en lassen sich viele Unternehme­n von Carmen Celewitz ihren Auftritt verschöner­n.

Dann kam 2017 mit aller Wucht das Burn-out. „Irgendwann habe ich verlernt, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen.“Panikattac­ken, die sich wie ein Herzinfark­t anfühlten. „Ich bin so gegen die Wand gefahren, ich habe mich selbst eingewiese­n und wollte nur noch gesund werden.“Zwei Monate Klinik, „die haben mir das Leben gerettet, ich bin meinem Therapeute­n unendlich dankbar.“Sie hat nie einen Hehl aus ihrer Erkrankung gemacht und ist stolz und glücklich, dass fast alle ihre Kunden zu ihr gehalten haben. „Letztendli­ch hat sich alles in meinem Leben immer zum Guten gewendet.“Sie sei jetzt glückliche­r und zufriedene­r und arbeite nur noch für Kunden, bei denen ihr Bauch („mein Großhirn“) ein gutes Gefühl habe.

Der Job war Liebe auf den ersten Blick

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Carmen Celewitz in ihrem Büro für Grafikdesi­gn und Werbetechn­ik in der Salzgasse in Landsberg. Die 45-Jährige hat es erst im Oktober bezogen. In der Stadt ist sie „bekannt wie ein bunter Hund“, wie sie sagt.
Foto: Thorsten Jordan Carmen Celewitz in ihrem Büro für Grafikdesi­gn und Werbetechn­ik in der Salzgasse in Landsberg. Die 45-Jährige hat es erst im Oktober bezogen. In der Stadt ist sie „bekannt wie ein bunter Hund“, wie sie sagt.

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