Man muss sich auch mal helfen lassen
Digitalisierung im Auto braucht kein Mensch? Mag sein, aber Spaß macht sie – und Sinn meistens auch, wie eine Ausfahrt mit einem Mercedes GLE zeigt. Dank eines neuen Fahrwerks überrascht der sogar in der Kurve
Es gibt zwei Sorten von Beifahrern: Die einen reden zu wenig, die anderen zu viel. Bei beiden richtet sich die Laune oft nach der Tagesform. Sind ja auch nur Menschen. Dieses Problem hat „Mercedes“, die digitale Assistentin der gleichnamigen Automarke, nicht. Wann immer sie mit „Hey Mercedes“aktiviert wird, steht die Dame freundlichst zu Diensten – sei es, um die Sitzheizung anzuschalten, Musiktitel zu spielen, die Navigation zu setzen oder Auskünfte zu erteilen.
Letzteres ist neu in der aktuellsten Generation des Infotainmentund Bediensystems MBUX, für das Fräulein Mercedes arbeitet, in unserem Fall in einem GLE. Sie weiß inzwischen mehr, merkt sich mehr und kann Informationen sogar verknüpfen. Beispiel: „Hey Mercedes! Wie heißt der Präsident der USA?“„… Donald Trump“. „Und wann ist er geboren?“„… am 14. Juni 1946“. Versuchen Sie das mal mit einem „richtigen“Beifahrer!
Im Beispiel oben hat die Assistentin erkannt, dass mit „er“der USPräsident gemeint ist. Solche Zusammenhänge aus einer laufenden Konversation herzustellen, hilft auch bei der Navigation. Beispielsweise könnte man die Dame bitten, ein asiatisches Lokal in der Nähe ausfindig zu machen, das im Internet gut bewertet ist aber – Schritt zwei – kein Sushi-Laden ist und – Schritt drei – kostenloses WLAN anbietet. Solche Aufgaben sollte das System lösen können.
Startet die Navigation, machen sich weitere Segnungen der Digitalisierung bemerkbar. Das riesige Widescreen-Display im Mercedes GLE zeigt dem Fahrer in 3D, wie er sein SUV gerade durch die Häuserschluchten einer Großstadt manövriert. Faszinierend, wie die Wolkenkratzer auf der Karte originalgetreu in den Himmel wachsen! An einer Kreuzung schaltet das Display auf ein Livebild um, aufgenommen von einer Frontkamera. In dieses Bild wiederum projiziert die Software zum Beispiel einen Rechtsabbiegepfeil just auf die „echte“Stra- die der Fahrer nehmen soll. Auch in das üppigst dimensionierte Head-up-Display werden die Richtungsvorgaben gebeamt.
Dass nach dem Abbiegen wieder der Autopilot übernimmt, versteht sich von selbst. In der jüngsten Version schafft er auch kurvige Landstraßen alleine, bremst im richtigen Moment, beschleunigt später wieder. Die automatischen Lenkbewe- fallen sparsam und unaufgeregt aus. Nur weil es die gesetzlichen Regelungen so wollen, muss der Fahrer die Hände noch von Zeit zu Zeit ans Lenkrad legen.
Lediglich auf selektiven Strecken empfiehlt es sich, das Steuer wieder selbst zu führen. Aber auch in diesem Fall offeriert die Elektronik im GLE Unterstützung – in Form des „Curved“-Modus. Ist das entspreße, chende Fahrprogramm eingestellt, legt sich der mächtige GLE gewissermaßen einem Motorrad gleich in die Kurve und unterdrückt damit unangenehme Wankneigungen. Wie auf Schienen gleitet das hoch bauende SUV durch die Biegung. Die Insassen verspüren mehr Komfort. Wenn sie den Systemen bei der Arbeit zuschauen wollen, muss der Fahrer lediglich eine spezielle Angungen sicht wählen, und der GLE zeigt in einer Grafik, wie die Antriebskräfte gerade verteilt werden und welche Räder sich gerade gegen die Querbeschleunigung stemmen.
Die „E-Active Body Control“, mit 7735 Euro der teuerste Posten auf der langen Aufpreis-Liste des GLE, kann aber noch mehr. Im OffroadModus erlaubt sie dem Fahrer, jedes einzelne Rad anzuheben oder abzusenken. Auf dem Touchscreen lässt sich mit einer Streifbewegung jeder Dämpfer regulieren. Die Dämpfer werden blitzschnell elektromechanisch verändert. Ein 48 Volt starkes Bordnetz macht diese immense Energieleistung erst möglich.
Sogar „Freifahren“kann das Auto mit dieser Technik selbst: Es „hüpft“tatsächlich mit allen vier Rädern rhythmisch aus dem Sand oder aus der Schneewehe. Muss aber nicht sein. Den Gag kann man sich auch einfach so auf dem Boulevard mal gönnen.
Das Auto kann sich selber frei fahren