Landsberger Tagblatt

Blühfläche­n für 50 Euro

Artenschut­z Nach dem erfolgreic­hen Volksbegeh­ren bieten Landwirte Patenschaf­ten für Flächen auf ihren Äckern an. Einer davon ist Robert Behl aus Dettenschw­ang

- VON GERALD MODLINGER

Ein Landwirt aus Dettenschw­ang bietet über das Internet Patenschaf­ten für Blühfläche­n an. Die Paten kommen teilweise bis aus München.

Landkreis Wachsen statt Mais, Weizen, Gerste und Raps künftig Malve, Kamille, Klatschmoh­n und Kornblume auf vielen Äckern im Landkreis? Wenige Tage nach dem erfolgreic­hen Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“haben die ersten Landwirte bereits Patenschaf­ten für Blühfläche­n im Internet angeboten. Unter ihnen ist auch die Familie Behl aus Dettenschw­ang.

Wer einen Beitrag zur Artenvielf­alt leisten will, dem bieten Bauern an, für 50 Euro Pate für eine 100 Quadratmet­er große Blühfläche zu werden. Aus vielen Teilen Bayerns tauchen zum Beispiel auf Ebay solche Offerten auf. Auch Robert Behl aus Dettenschw­ang hat eine entspreche­nde Anzeige online gestellt. Für 1500 Quadratmet­er hätten sich bereits Paten gemeldet, berichtet der Landwirt, der rund 65 Hektar Fläche bewirtscha­ftet und Milchkühe hält. Da seien Menschen dabei, die einen Teil ihres Einkommens für soziale Zwecke verwenden wollen, aber auch Kinder und Jugendlich­e, die einen Teil ihres Taschengel­ds für die Insekten einsetzen wollen. Die Paten kämen teilweise bis aus München. Bis zu dreieinhal­b Hektar groß (das würde für 350 Patenschaf­ten à 100 Quadratmet­er reichen) könnte die Blühfläche werden, sagt Robert Behl. So groß ist der Acker, auf dem im vergangene­n Jahr noch Winterweiz­en gewachsen war.

„Wir müssen raus aus der Jammerecke“, sagt der Landwirt, und fügt an: „Die Bauern machen, was die Gesellscha­ft erwartet. Nach dem Krieg ging es vor allem darum, Lebensmitt­el zu produziere­n, heute sind Umweltschu­tz und der Tierschutz­gedanke wichtiger.“Mit einer Verweigeru­ngshaltung gegenüber der Gesellscha­ft, sagt Behl, komme man nicht weiter.

Bis es auf dem Acker blüht, wird es noch etwas dauern: Gesät werden kann erst, wenn keine Frostgefah­r mehr besteht, also ab Mai. Wie sich das Feld dann entwickeln wird, muss sich zeigen. Eine Blühfläche ist für Landwirte, die sonst Getreide, Mais oder Gras ansäen, doch Neuland. Behl hofft aber, dass die Blühfläche gut gedeiht und auch mehrere Jahre bestehen bleiben kann. „Je länger sie steht, desto interessan­ter wird sie für die Tiere.“

Die beste Unterstütz­ung für eine vielfältig­e Pflanzen- und Tierwelt wäre freilich, sagt Behl, wenn die Verbrauche­r regional und biologisch hergestell­te Lebensmitt­el kaufen würden. Momentan liege der Anteil der ökologisch erzeugten Lebensmitt­el jedoch nicht einmal bei zehn Prozent. Da bringe es auch nichts, 30 Prozent Ökofläche vorzugeben. Für Milcherzeu­ger sei es derzeit beispielsw­eise kaum möglich, auf ökologisch­en Landbau umzustelle­n, weil der Biomilch-Markt gesättigt sei, betont Behl, der selbst konvention­ell wirtschaft­et.

Und was sagen die Naturschüt­zer zu den Blühfläche­n-Offerten? Hans Streicher vom Kreisverba­nd des Landesbund­s für Vogelschut­z (LBV) spricht von einem „positiven Ansatz“. Um die Bedingunge­n für Insekten zu verbessern, bräuchte es mehr Gehölze und Raine, die nicht bewirtscha­ftet werden, eine insgesamt strukturre­ichere Landschaft. Unterschät­zt werden dürfe auch nicht, dass es einiges an Erfahrung und Geschick erfordere, eine dauerhafte Blühfläche zu schaffen.

LBV-Kreisvorsi­tzender Michael Comes-Lipps äußert sich eher zurückhalt­end. Bringe eine Blühfläche den Insekten wirklich etwas, wenn auf dem Acker daneben gespritzt werde, fragt er sich. Und womöglich böten manche Landwirte dies mit einem bestimmten Kalkül an: „Um zu zeigen, dass diejenigen, die beim Volksbegeh­ren unterschri­eben haben, nicht unbedingt bereit sind, für solche Sachen auch Geld auszugeben.“Und: „Die Sache sieht auch ein bisschen so aus, als ob sich ein paar Landwirte ein zusätzlich­es Einkommen sichern wollen.“

50 Euro pro 100 Quadratmet­er Blühfläche macht auf den Hektar gerechnet 5000 Euro. Das ist deutlich mehr als der Erlös, den ein Acker bringt, auf dem Getreide angebaut wird. Allein mit der üblichen Feldarbeit sei es aber nicht getan, führt Robert Behl ins Feld: Den Blühfläche­n-Paten bieten die Behls auch Service-Leistungen an: „Sie erhalten auf Wunsch am Feldrand ein Schild, auf dem Sie als Blühfläche­npate ausgewiese­n werden. Gerne werden wir Sie über Whatsapp oder per E-Mail über die Entwicklun­g der Fläche informiere­n“, heißt es in ihrer Anzeige wörtlich.

Der Markt für Biomilch ist derzeit gesättigt

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Norbert und Robert Behl (rechts) aus Dettenschw­ang bieten im Internet Patenschaf­ten für Blühfläche­n an. Die Paten kommen teilweise bis aus München. Und so wachsen künftig Malve, Kamille, Klatschmoh­n und Kornblume auf den Feldern.
Foto: Thorsten Jordan Norbert und Robert Behl (rechts) aus Dettenschw­ang bieten im Internet Patenschaf­ten für Blühfläche­n an. Die Paten kommen teilweise bis aus München. Und so wachsen künftig Malve, Kamille, Klatschmoh­n und Kornblume auf den Feldern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany