Nicht nur die Sportler sind das Problem
Treuherzig versuchte einst Peter Schröcksnadel den bösen Verdacht von seinem Land zu lenken. „Österreich ist ein zu kleines Land für effektives Doping“, sagte der Präsident des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) in Turin 2006 trotz erdrückender Beweislast gegen seine Biathleten und Langläufer. Jetzt hat das österreichische Bundeskriminalamt in Seefeld zugeschlagen. Während der Wettkämpfe. Statt Bilderbuch-Motive mit weißen Loipen vor stahlblauem Himmel über die TV-Kanäle weltweit zu verbreiten, wird nun über Spritzen, Blutbeutel und Doping diskutiert. Das ist gut so. Nur mit spektakulären Aktionen lässt sich die Seuche, die ganz gewiss nicht nur bei Langläufern, Biathleten oder Radfahrern grassiert, bekämpfen. Es trifft in erster Linie die Sportler, doch die Funktionäre tragen ebenso viel Schuld.
Wo so viel Geld zirkuliert wie im Profisport, wird betrogen und gelogen. Der österreichische Langläufer Johannes Dürr hat es in seinem Enthüllungsbuch „Der Weg zurück. Eine Sporterzählung“aufgezeigt: Wer in dem Spiel mit legalen, halblegalen und verbotenen Mitteln und Methoden nicht mitmacht, landet unter ferner liefen und kann nicht mehr mithalten. Die Verbands-Oberen reagieren auf Doping-Vorwürfe wie die drei Affen: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Sie wollen mit dem Trainingsalltag der Sportler nicht behelligt werden. Die Funktionäre wollen: Medaillen. „Alles andere interessiert nicht“, sagt Dürr. Wenn dann auch noch Anti-Doping-Instanzen teilweise von den nationalen Verbänden abhängig sind, oder sich einzelne Sportarten wie der Fußball eigene Regeln beim Dopingtest setzen, dann kann es nicht weit her sein mit dem Willen nach Aufklärung.
Der Anti-Doping-Kampf ist mühsam und unpopulär. Aber es lohnt sich, für einen sauberen Sport zu kämpfen. Nicht nur die Sportler, vor allem die Drahtzieher im Hintergrund müssen in den Fokus rücken. Solange Funktionäre wie Schröcksnadel an der Spitze stehen, wird es weitergehen wie bisher: Doping wird verharmlost. Gestern kündigte der Lift-Unternehmer Konsequenzen an im Langlauf des ÖSV. Ein spätes und durchsichtiges Manöver, um den eigenen Kopf zu retten.