Helfen kann so einfach sein
Aktion An den Beruflichen Schulen lassen sich Schüler als Stammzellenspender registrieren. Ecem Kublay und Natalie Düringer erzählen, warum sie sich dazu entschlossen haben
Landsberg „Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein.“Tatsächlich ist es so einfach, sich als Stammzellenspender registrieren zu lassen und möglicherweise zum Lebensretter zu werden. Das erfuhren rund 900 Schüler der Berufsschule Landsberg in einem von der DKMS gemeinnützige GmbH (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) organisierten Vortrag. Im Anschluss konnten sich die Schüler direkt im Schulgebäude selbst registrieren lassen. Bislang haben das 357 getan.
Bereits zum dritten Mal fand der Vortrag in Landsberg statt. Rund 950 Schüler haben sich bislang registrieren lassen. Acht von ihnen haben bereits gespendet. Sasha König ließ sich vor zwei Jahren nach der Infoveranstaltung der DKMS an der Berufsschule in die Kartei der potenziellen Spender aufnehmen. Dann ging es ganz schnell: Im April vergangenen Jahres hat er bereits zum ersten Mal Stammzellen gespendet, erzählt er. „Ich habe nicht gezögert. Es ist einfach ein tolles Gefühl, Leben retten zu können. Man kann wirklich stolz auf sich sein“, sagt der 20-Jährige.
Blutkrebs ist die häufigste Krebsart bei Kindern, berichtete Referentin Franziska Commans. Alle 15 Minuten erkranke ein Mensch an Blutkrebs. Bei dieser Krankheit vermehren sich die weißen, nicht funktionsfähigen Blutzellen (Leukozyten) unkontrolliert und stören die reguläre Blutbildung. Behandelt werde der Krebs mit einer Chemotherapie, die jedoch auch gesunde Stammzellen im Körper abtötet. Eine Stammzellenspende sei daher für viele Patienten unausweichlich.
„Wir wollen Menschen helfen“, erzählen die 18-jährigen Schülerinnen Ecem Kublay und Natalie Düringer nach ihrer Registrierung. „Wir wollten uns sowieso registrieren lassen, deswegen ist es praktisch, dass wir das gleich in der
Drei Wangenabstriche mit einem Wattestäbchen
Schule machen konnten.“Um als möglicher Spender berücksichtigt zu werden, mussten die Schülerinnen drei Wangenabstriche mit Wattestäbchen machen. Nachdem noch einige persönliche Angaben aufgenommen wurden, war die Registrierung auch schon abgeschlossen.
Damit man als potenzieller Spender aufgenommen werden kann, muss man zwischen 17 und 55 Jahren alt sein. Außerdem darf man nicht weniger als 50 Kilogramm wiegen und ein BMI von 40 darf nicht überschritten werden. Sonst ist das gesundheitliche Risiko für den Spender selbst zu groß, sagt Referentin Franziska Commans. Die DKMS suche auf der ganzen Welt nach Stammzellenspendern für Blutkrebs-Patienten. Werden „genetische Zwillinge“identifiziert, also Patient und möglicher Spender, bei denen alle zehn Gewebemerkmale übereinstimmen, kann die Transplantation vorbereitet werden. Der Spender muss nach einer Blutentnahme und einem Aufklärungsgespräch durch einen Arzt sein endgültiges Einverständnis geben.
Bei der Spende unterscheidet man laut Franziska Commans zwischen peripherer Stammzellenentnahme und Knochenmarkspende. Vor der peripheren Stammzellenentnahme werde dem Spender der hormonähnliche Stoff G-CSF verabreicht, der bewirkt, dass sich die Stammzel- len schnell vermehren. Als Nebenwirkung würden häufig grippeähnliche Symptome ausgelöst. Sind genug Stammzellen vorhanden, werde ein Teil aus dem Blut herausgefiltert. Diese Methode wird in 80 Prozent der Fälle angewandt, so auch bei Sasha König. „Die Spende hat fünf Stunden gedauert, weil das Blut so lange zirkuliert und gefiltert wird“, sagt der 20-Jährige. „Nachwirkungen hatte ich keine.“
Bei der Knochenmarkspende wird ein Mix aus Knochenmark und Blut unter Vollnarkose aus dem Becken entnommen, sagt die Referentin. Mit Vorbereitung und Nachuntersuchung verbringe der Spender insgesamt drei Tage im Krankenhaus. Innerhalb von zwei Wochen regeneriere sich das Knochenmark des Spenders wieder vollständig. Die Blutgruppen müssen bei Patient und Spender nicht übereinstimmen. „Der Patient nimmt nach der Spende automatisch die Blutgruppe des Spenders an“, sagt Commans.
Ecem Kublay und Natalie Düringer würden nicht zögern, tatsächlich zu spenden, falls ihr „genetischer Zwilling“gefunden wird. Vor allem die Aussicht, erkrankten Kindern ein längeres Leben schenken zu können, motiviert die beiden. Persönlich kennenlernen dürfen sich Spender und Patient unmittelbar nach der Stammzellenspende aber nicht, wie Franziska Commans sagt. Für zwei Jahre bestehe eine Kontaktsperre, in der höchstens anonyme Briefe ausgetauscht werden dürfen. Auch Sasha König hat den Mann, dem er seine Stammzellen gespendet hat, noch nicht kennengelernt. „Ich weiß nur, dass er ein 80-jähriger Amerikaner ist.“