Der deutsche Elon Musk
Porträt Auf dem Autosalon in Genf sticht ein Mann nicht nur mit seiner Körpergröße heraus: Günther Schuh nennt sich Pfadfinder der E-Mobilität. Doch der 60-Jährige ist ein Revoluzzer
Genf Der deutsche Elon Musk heißt Professor Günther Schuh, will eigentlich ganz anders als der amerikanische Tesla-Chef sein und ist doch wie er einer der wichtigsten Elektroauto-Revoluzzer der Welt. Auf dem Autosalon im schweizerischen Genf führen viele Wege zu dem fröhlichen Rheinländer mit der randlosen Brille. Denn der gebürtige Kölner und Professor für Produktionssystematik an der SpitzenUniversität RWTH Aachen überragt mit seiner Körpergröße von rund zwei Metern die meisten anderen Messebesucher.
Nicht nur deshalb behagt ihm die Einordnung nicht, er sei ein Elektro-David, der es den schwerfälligen Goliaths zeige. Weder wolle er selbst ein Goliath sein, also eben auf Dauer eine neue VW AG schaffen, noch gehe es ihm darum, die Branchen-Größen zu bekämpfen. Schuh begnügt sich mit einigen Nummern kleiner, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion betont: „Ich sehe mich als Pfadfinder der E-Mobilität.“Der 60-jährige, in seiner voranstürmenden Art jünger wirkende Ingenieur verhält sich, selbst wenn er es abstreitet, dann doch ein wenig davidhaft. Denn als Schuh mit Mitstreitern das Konzept für einen elektrisch angetriebenen, leichten Lieferwagen vorstellte, der auch noch günstiger herzustellen sei als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, wollte ihm das keiner aus den Reihen der Branchen-Riesen glauben. Und das, obwohl der Mann einer der weltweit anerkanntesten Produktions-Experten ist. So fiel hinsichtlich seiner Pläne schon mal abschätzig die Bemerkung „Jugend forscht“.
Doch der „Streetscooter“genannte leichte Elektro-Lkw war wirklich günstiger als ähnliche Verbrenner. Das Fahrzeug ist wirtschaftlich so attraktiv, dass die Deutsche Post, deren Verantwortliche ein solches Gefährt vergeblich von heimischen Anbietern eingefordert hatten, zugriff. Ja, die Post kaufte die Firma sogar und baut selbst die Lkw.
Das wiederum war eine Klatsche für die etablierten Konzerne. Pilgerten deren Abgesandte einst zu Schuh, „weil sie herausfinden wollsitzer ten, warum das bei mir nicht funktionieren kann“, muss ein Umdenken eingesetzt haben. Die Goliaths haben die Lektion verstanden. Was den Elektro-Pfadfinder, wie er sagt, wirklich stolz mache, ist die Partnerschaft mit VW. Der Mega-Goliath „hat uns ein dreiviertel Jahr hart auf die Probe gestellt“. Dann entschieden sich die Wolfsburger für Schuh als Partner. Gemeinsam sollen neue E-Auto-Konzepte aus der Taufe gehoben werden. Der Professor beteuert: „Wir verkaufen uns nicht an VW. Wenn sie uns schlucken, ginge der Pep verloren, den sie sich von uns versprechen.“
Der Forscher will die Großen aufmischen. Das ist Schuh mit der „e.GO Mobile AG“, die viele nur Ego nennen, gelungen. Der Name verleitet zu Wortspielen, wobei es eigentlich nicht passt, die Autobauer als „Ego-isten aus Aachen“zu verspotten. Denn der Wissenschaftler mag zwar ein großes Ego haben, er handelt aber nicht aus selbstsüchtigen Motiven. Denn Schuh will „mit neuen Elektro-Autos vor allem das Gift aus den Städten holen“, also Stickoxide, Feinstaub und den Klima-Killer CO2. Wie immer kommt ihm sein Netzwerk an der RWTH zugute. Im neuen Industriewerk in Aachen steigt die Zahl der Arbeitsplätze von etwa 360 auf über 400. Dort werden strombetriebene Stadtflitzer hergestellt, die in Genf auch wegen ihres niedrigen Preises auf großes Interesse stoßen.
Was Anschaffungskosten und Reichweite betrifft, wird deutlich, warum der Professor andere Ziele als Musk verfolgt. Schuh baut keine Batterie-Fahrzeuge mit möglichst langer Reichweite wie die US-Firma. So weist das Tesla-Model X zumindest nach Herstellerangaben eine Reichweite von bis zu 565 Kilometern auf. Interessenten sind jetzt ab 90400 Euro mit von der LuxusPartie. Das Auto ist also eher eine das Umweltgewissen von Leistungsträgern beruhigende Entscheidung, nur kein Volks-E-Auto. Ein solches bietet Schuh aber schon dieses Jahr an. Sein „e.Go Life“, ein vorne knuffiger und hinten kantiger Vier- mit erhöhter Sitzposition für das SUV-Gefühl, ist schon in einer mittleren Leistungsklasse ab 17400 Euro zu haben. Dafür liegt die Reichweite des deutschen MiniStromers in der Variante bei 113 Kilometern. Die Egos sind Stadtautos. Schuh sagt: „Es ist keine Kunst, Elektroautos zu bauen. Die Kunst besteht darin, günstige Elektro-Autos zu bauen.“
Doch warum kann ausgerechnet ein Start-up-Unternehmen günstiger als Branchen-Schwergewichte E-Fahrzeuge anbieten? Logisch wäre, dass sich durch Masse die Kosten drücken lassen. Im Prinzip ist das ab einer gewissen Menge auch richtig. Bei kleineren Serien verhält es sich, wie das Ego-Team beweist, umgekehrt. Denn für die rund 3200 vorbestellten Autos, die Schuh ab 2019 ausliefern will, wäre ein gewaltiger Bürokratie- und Produktionsapparat wie etwa bei VW fatal. Die Aachener Firma müsste sich teure Roboterstraßen, ein Presswerk oder eine Lackiererei anschaffen, was zu einer Preis-Explosion führen würde. Auch die schnellen Entscheidungswege des Startups wirken kostensenkend.
Den geschmeidig vorgetragenen Argumenten des Professors lässt sich schwer widersprechen. Vielleicht dann doch: Was denn sein Auto Menschen nutze, die regelmäßig längere Strecken fahren? Aber, sagt er, der „e.Go“sei ja ein reines Stadt- und damit für viele auch Zweitauto. Schon immer hat der Professor klargestellt, er habe etwa nichts gegen moderne und damit weniger Schadstoffe ausstoßende Dieselautos für längere Strecken. Der Forscher ist eben angetreten, um urbane Räume „zu entgiften“. Dazu entwickeln er und sein Team auch einen Elektro-Kleinbus für bis 15 Fahrgäste weiter.
Das genügt Schuh nicht. Er will höher hinaus und präsentiert in nicht allzu langer Zeit das Konzept für ein geräuscharmes Flugzeug, einen Fünfsitzer mit Hybrid-Antrieb. Die Maschine soll nur so laut sein, „als säße man vor der Waschmaschine“. Auf alle Fälle scheint es unangebracht, hierzulande in Selbstkritik zu baden, weil unsere Ingenieur-Nation keinen wilden Typen wie Elon Musk hervorgebracht hat. Es gibt doch Professor Schuh. Viele Unternehmen scheren sich nach Ansicht von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey nicht um die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote. 81 Prozent der betroffenen Firmen hätten bei ihrer Zielsetzung, wie viele Frauen Vorstandsposten innehaben sollen, entweder keine Angaben gemacht oder „null“gemeldet, sagte die SPD-Politikerin dem
Nötig sei mehr Druck. „Das heißt, auch angemessene Sanktionen, die nicht nur symbolischen Charakter haben. Sie kritisierte, viele Unternehmen seien „nicht ambitioniert genug, wenn es darum geht, Frauen in Führungspositionen zu bringen“.
Der Ingenieur steht für den „Streetscooter“
(dpa) Handelsblatt.
Beim Kauf von Wein haben die Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr tiefer in die Tasche gegriffen. Ein Liter habe 2018 in deutschen Supermärkten und bei Discountern durchschnittlich 3,09 Euro gekostet und damit 17 Cent mehr als ein Jahr zuvor, teilte das Deutsche Weininstitut in Düsseldorf mit. Die Zahlen wurden vom Marktforschungsunternehmen GfK ermittelt. Der Wert bezieht sich auf alle Weine, unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen. Den Preisanstieg begründete das Institut mit dem Erntejahr 2017. Damals hatte Frühjahrsfrost den Weinbergen zugesetzt.
Jetzt soll auch noch ein Flugzeug folgen
(dpa)
Die Konjunktureintrübung hat Deutschlands Maschinenbauern den Start ins Jahr 2019 verdorben. Die Bestellungen sanken im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat bereinigt um Preiserhöhungen (real) um neun Prozent, wie der Branchenverband VDMA mitteilte. Hart traf es vor allem die Auslandsnachfrage mit einem deutlichen Minus von elf Prozent. Die Bestellungen von Kunden aus dem Inland sanken um fünf Prozent. Sorgen bereiten der exportorientierten deutschen Schlüsselindustrie unter anderem internationale Handelskonflikte und die Unwägbarkeiten des Brexits. Im Dreimonatsvergleich November 2018 bis Januar 2019 lagen die Bestellungen insgesamt um sechs Prozent unter dem Vorjahreswert.
(dpa)