Per App durch die Waschanlage
Bilanz Der Augsburger Anlagenbauer Washtec bleibt trotz mancher Probleme auf Erfolgskurs
Vorne rein, hinten sauber wieder raus: So würden wohl die meisten Laien das Prinzip einer Autowaschanlage beschreiben. Dass zwischen „rein“und „raus“aber jede Menge Technologie und Know-how steckt, ist vielen nicht bewusst. Immerhin hat sich das Prinzip der automatisierten Autowäsche augenscheinlich seit vielen Jahren nicht verändert. Wasser, Bürsten und Reinigungsmittel sorgen dafür, dass die Wäsche gelingt.
So einfach ist es aber nun doch nicht, das weiß kaum einer besser als die Mitarbeiter des Augsburger Waschanlagenherstellers Washtec. Sie haben in den letzten Jahren nicht nur neue, lackschonende und besser reinigende Fasern für die Bürsten entwickelt oder umweltfreundliche Reinigungsmittel erforscht, sondern auch an der Technik der Anlagen gefeilt, um beispielsweise die Durchfahrt zu beschleunigen oder mit buntem Schaum attraktiver zu machen. Jetzt soll es noch einen Schritt weitergehen und die Autowäsche digitalisiert werden. Wer sich eine App auf sein Smartphone lädt, kann künftig schon von zu Hause aus das Waschprogramm für sein Auto wählen und sich verschiedene Bezahlmodelle aussuchen: Sie reichen von der Flatrate für eine bestimmte Anlage bis hin zur Einmalzahlung bei jedem neuen Besuch der Waschstraße. Fährt man mit dem Auto vor, scannt das System das Autokennzeichen und gleicht es mit seinen Daten ab. Ist der passende Kunde mit gebuchtem Programm gefunden, kann eingefahren werden und die Wäsche beginnt. Abgerechnet wird online. Kein Aussteigen mehr, um zu bezahlen, kein Einwerfen von Münzen. Einfach vorne rein hinten sauber wieder raus – wie wir es seit jeher eben von der Waschanlage kennen.
Die App „EasyCarWash“ist bereits seit einigen Monaten mit eingeschränkter Funktionsweise auf dem Markt und wird getestet. In Schwaben kann man sie bislang in Augsburg bei einer Anlage in der Neusässer Straße anwenden. In Donauwörth gibt es eine entsprechende Waschstraße in der Dillinger Straße. „Für junge Leute ist es heute nicht mehr neuester Stand der Technik, an der Waschanlage auszusteigen, um zu bezahlen oder sich noch eine Münze zu holen“, erklärt WashtecVorstandsmitglied Stephan Weber die digitale Ausrichtung.
Zudem müsse man sich an Gewohnheiten anderer Länder orientieren, wenn man weitere Marktanteile gewinnen will. Im skandinavischen Raum oder auch in China seien das Bezahlen mit Karte oder digitalen Anwendungen schon fortgeschrittener als in Deutschland. Die unbemannte Waschanlage sei zudem in Ländern mit großer Fläche oder wenigen Einwohnern eine gute Alternative.
Dass Washtec mit seinen Ideen und Entwicklungen in den letzten Jahren erfolgreich war, zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Unternehmens. So stieg der Umsatz der AG binnen vier Jahren um rund 132 Millionen Euro auf 435,4 Millionen in 2018. Der EBIT, also der Gewinn vor Steuern und Zinsen, kletterte im gleichen Zeitraum von 18,4 Millionen (2014) auf 51,5 Millionen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018. „Wir wachsen schneller als der Markt. In absoluten Zahlen haben wir deutlich an Marktanteilen gewonnen“, erklärt Vorstand Stephan Weber.
Deshalb trübt auch das Geschäftsjahr 2018, das nicht so erfolgreich gelaufen ist, wie zunächst erwartet, die Stimmung nicht. 2018 stieg zwar der Umsatz erneut um rund zehn Millionen Euro, doch der Gewinn sank von 52,2 auf 51,5 Millionen Euro ab. „Es war ein Jahr der Konsolidierung, aber wir sind weiter auf einem Wachstumspfad“, beschreibt Finanzvorstand Axel Jaeger die Lage. Vor allem die Geschäfte in Asien und Nordamerika hätten sich nicht entwickelt wie erwartet. Die Trennung vom bisherigen Vorstandsvorsitzenden Volker Zimmermann zum 28. Februar habe damit aber nichts zu tun. „Das hatte strategische Gründe“, so Jaeger knapp.
Für 2019 richtet sich Washtec deshalb neu aus. Auf Zimmermann folgt Ralf Koeppe als Technikvorstand. Für alle Märkte wird zudem eine teils deutliche Steigerung bei Umsatz und Gewinn erwartet. Während im stärksten WashtecMarkt Europa vor allem der Osten weiteres Potenzial bietet, sollen in Asien und Nordamerika neue Prozesse installiert werden, um das Geschäft weiterzuentwickeln. Dazu kommt die steigende Zahl an Fahrzeugen. Bis 2050 sollen es laut einer Studie der Shell Group Research mit zwei Milliarden etwa doppelt so viele sein wie noch 2015. Auch die Entwicklung hin zu mehr Leihfahrzeugen – Stichwort Carsharing – spielt eine Rolle: „Bei einem Leihfahrzeug erwartet jeder neue Nutzer ein sauberes Auto. Entsprechend werden diese Fahrzeuge regelmäßig gewaschen“, erklärt Jaeger.